Enkelin des Erblassers schmückt das Grab ihres Großvaters nach eigenem Geschmack – Die Tochter des Erblassers kann das unterbinden!
BGH – Urteil vom 26.02.2019 – VI ZR 272/18
- Enkelin des Erblassers schmückt das naturnahe Grab des Erblassers mit Dekorationsengeln und Kunststoffblumen
- Tochter des Erblassers verlangt Unterlassung solcher Dekoration der Grabstätte
- Gericht stellt maßgeblich auf den Willen des Erblassers ab und gibt der Klage statt
Der Bundesgerichtshof hatte in dritter Instanz über die Frage zu entscheiden, ob die Tochter eines Erblassers der Enkelin des Erblassers untersagen kann, das Grab des Erblassers nach eigenen Vorstellungen zu schmücken.
Der Erblasser und Vater der Klägerin war im Jahr 2014 verstorben. Er wurde auf einem Friedhof in einer so genannten Baumgrabstätte bestattet.
Nach den Feststellungen des Gerichts sind solche Baumgrabstätten kreisförmig um einen Baum angeordnet und jeweils durch eine Gedenktafel gekennzeichnet.
Friedhofssatzung untersagt Grabschmuck
Die für den Friedhof zuständige Gemeinde hatte in ihrer Friedhofssatzung festgelegt, dass bei Baumgrabstätten das Ablegen von Grabschmuck auf der Grabstätte nicht gestattet sei.
Die Enkelin des Erblassers ignorierte diese gemeindliche Vorschrift und drapierte auf dem Grab unter anderem dreizehn Messingrosen, zwei Topfpflanzen, mehrere hochwertige Kunststoffblumen, ein rotes Holzherz, zwei weiße Herzen, fünf Keramikübertöpfe, ein Weihnachtsherz, eine Laterne und drei Dekorationsengel.
Der Tochter des Erblassers missfiel dieser Grabschmuck nachhaltig und sie forderte ihre Nichte auf, die Gegenstände vom Grab des Erblassers zu entfernen und auch zukünftig keinen vergleichbaren Grabschmuck an das Grab zu bringen.
Tochter des Erblassers erhebt Klage zu Gericht
Nachdem eine außergerichtliche Einigung scheiterte, ging die Sache zu Gericht.
Das Amtsgericht wies die gegen die Enkelin des Erblassers gerichtete Klage der Tochter des Erblassers auf Unterlassung der etwas eigenwilligen Schmückung der Grabstätte durch die Enkelin noch ab.
Das Landgericht hob auf die Berufung der Tochter des Erblassers hin das Urteil des Amtsgericht aber auf und verurteilte die Enkelin des Erblassers zukünftige Dekorationen des Grabes zu unterlassen.
Enkelin der Erblasserin legt Revision ein
Gegen dieses Berufungsurteil des Landgerichts richtete sich die Revision der Enkelin des Erblassers zum Bundesgerichtshof.
Der BGH bestätigte aber die Rechtsauffassung des Landgerichts und wies die Revision der Enkelin des Erblassers kostenpflichtig ab.
In der Begründung seiner Entscheidung stellte der BGH fest, dass der Tochter des Erblassers gegen die Enkelin des Erblassers ein Unterlassungsanspruch zustehe.
Aus Totenfürsorgerecht erwächst ein Unterlassungsanspruch
Dieser Unterlassungsanspruch resultiere, so der BGH, aus dem Totenfürsorgerecht der Tochter des Erblassers.
Derjenige, dem das Totenfürsorgerecht zustehe, habe das Recht, Art und den Ort der Bestattung zu wählen und könne auch spätere Beeinträchtigungen gegen einen einmal rechtmäßig geschaffenen Zustand des Grabes abwehren.
Wem dieses Totenfürsorgerecht zustehe bestimme sich, so der BGH, vorrangig nach dem zu Lebzeiten geäußerten Willen des Verstorbenen.
Der Wille des Erblassers entscheidet den Rechtsstreit
Im zu entscheidenden Fall hatte die Tochter des Erblassers im Gerichtsverfahren unwidersprochen vorgetragen, dass es der erklärte Wille ihrer Eltern gewesen sei, dass sich die Tochter um die Grabstätte kümmern soll.
Auch die schlichte Gestaltung der Grabstätte habe dem Willen der Eltern der Klägerin entsprochen.
Der BGH urteilte danach, dass es die Sache der Tochter des Erblassers sei, als Inhaberin des Totenfürsorgerechts dafür zu sorgen, die Grabstätte nach dem Willen ihres Vaters zu gestalten und insbesondere den Willen ihrer Eltern nach einer naturnahen Gestaltung der Grabstätte umzusetzen.
Das Ablegen diverser Glas- und Plastikgegenstände an der Grabstelle widerspreche aber diesem erklärten Willen des Erblassers ebenso wie der Friedhofssatzung.
Enkelin muss den Willen ihres Großvaters respektieren
Nachdem die Enkelin des Erblassers mit ihren Aktionen das Recht der Tochter des Erblassers auf Totenfürsorge verletzt hatte, konnte die Klägerin mit Erfolg einen Unterlassungsanspruch geltend machen.
Dabei betonte der BGH ausdrücklich, dass der beherrschende Grundsatz des Totenfürsorgerechts die Maßgeblichkeit des Willens des Verstorbenen sei.
Der Inhaber des Totenfürsorgerechts sei dabei berechtigt, den Willen des Verstorbenen notfalls auch gegen den Willen von (weiteren) Angehörigen zu erfüllen.
Im Ergebnis musste die Enkelin den Wunsch des Großvaters nach einem schlichten Grab demnach respektieren.
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