In den Nachlass fällt eine Beteiligung des Erblassers an einer Gesellschaft - Was ist zu beachten?
- War der Erblasser an einer Personengesellschaft oder einer Kapitalgesellschaft beteiligt?
- Bei einer Aktiengesllschaft oder einer GmbH gehen die Anteile des Erblassers in aller Regel auf die Erben über
- Bei einer BGB-Gesellschaft kommt es auf den Inhalt des Gesellschaftsvertrages an
Mit dem Tod eines Menschen geht dessen Vermögen zur Gänze auf den oder die Erben über.
Was vor dem Erbfall dem Erblasser gehörte, steht in der Sekunde nach dem Erbfall dem Erben zu.
Dieser in § 1922 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) niedergelegte Grundsatz gilt dem Grunde nach für alle vermögensbezogenen Rechte des Erblassers.
Die Beteilgung an einer Gesellschaft muss nicht in den Nachlass fallen
Eine wichtige Ausnahme von diesem Grundsatz kann unter Umständen jedoch für Beteiligungen des Erblassers an einer Gesellschaft gelten.
Hier muss im Erbfall zwischen der Beteiligung des Erblassers an einer Kapitalgesellschaft (z.B. GmbH, Aktiengesellschaft) einerseits und einer Beteiligung des Erblassers an einer Personengesellschaft (z.B. BGB-Gesellschaft, OHG, KG) andererseits unterschieden werden.
Relativ unproblematisch ist die Rechtslage im Normalfall noch bei einer Beteiligung des Erblassers an einer Kapitalgesellschaft.
Anteile an einer AG oder einer GmbH werden vererbt
Hatte der Erblasser Aktien an einer Aktiengesellschaft erworben oder hielt der Erblasser Geschäftsanteile an einer GmbH, dann gehen diese Rechte nach dem Tod des Erblassers vorbehaltlich abweichender Regelungen im zugrundeliegenden Gesellschaftsvertrag auf seine Erben über.
Wesentlich komplizierter stellt sich die Rechtslage aber bei einer BGB-Gesellschaft, einer OHG und einer KG dar.
Bei diesen Personengesellschaften darf man sich im Erbfall nie darauf beschränken, im konkreten Fall die Erbfolge und die Erben des verstorbenen Gesellschafters zu ermitteln.Mit dem Tod eines Gesellschafters wird eine BGB-Gesellschaft aufgelöst
Wesentlich wichtiger für die Frage, was mit der Beteiligung des Erblassers an der Personengesellschaft passiert, sind nämlich die Regelungen in dem zugrundeliegenden Gesellschaftsvertrag.
Grundlegend gilt hier folgendes:
Für eine BGB-Gesellschaft gilt bis zum 31.12.2023 (ab dem 01.01.2024 tritt das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts in Kraft) nach § 727 Abs. 1 BGB, dass die BGB-Gesellschaft durch den Tod eines Gesellschafters aufgelöst wird.
Sind im Gesellschaftsvertrag keine abweichenden Regelungen für den Fall des Todes eines Gesellschafters enthalten, wird die Gesellschaft abgewickelt und der Erbe erwirbt kraft Erbfolge einen Anteil an der mit dem Erbfall entstandenen Liquidationsgesellschaft.
Gibt es spezielle Regelungen im Gesellschaftsvertrag?
Nachdem die Abwicklung einer Gesellschaft im Falle des Todes eines Gesellschafters aber in aller Regel nicht im Interesse der übrigen Gesellschafter ist, enthalten die weit überwiegende Mehrzahl der einer BGB-Gesellschaft zugrundeliegenden Gesellschaftsverträge für diesen Fall Regelungen, die von der gesetzlichen Norm in § 727 Abs. 1 BGB abweichen.
Welche Rechte ein Erbe hier im Einzelfall geltend machen kann, hängt daher oft von dem Inhalt der Vereinbarungen, die die Gesellschafter zu Lebzeiten des Erblassers untereinander getroffen haben.
Soll die Gesellschaft fortgesetzt werden?
Möglich ist hier beispielsweise die Existenz einer so genannten Fortsetzungsklausel im Gesellschaftsvertrag.
Mit einer solchen Klausel vereinbaren die Gesellschafter die Fortsetzung der Gesellschaft auch für den Fall des Todes eines Gesellschafters und suspendieren damit die gesetzliche Regelung in § 727 Abs. 1 BGB.
Im Falle des Ablebens eines Gesellschaftes wird die Gesellschaft bei Existenz einer Fortsetzungsklausel weiter geführt und gerade nicht abgewickelt.
Den Erben steht bei einer Fortsetzungsklausel grundsätzlich ein Abfindungsanspruch nach § 738 BGB zu.
Klären müssen die Erben allerdings auch, ob ein solcher Abfindungsanspruch von den Gesellschaftern nicht ausgeschlossen wurde.
Soll ein Erbe oder mehrere Erben nachrücken?
Anstatt einer reinen Fortsetzungsklausel können die Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag auch eine so genannte Nachfolgeklausel vereinbaren.
Bei Existenz einer solchen Nachfolgeklausel wird die Gesellschaft bei Ableben eines Gesellschafters entgegen § 727 Abs. 1 BGB ebenfalls nicht aufgelöst.
Welche Rechtsfolgen eine Nachfolgeklausel im Gesellschaftsvertrag nach sich zieht, hängt vom konkreten Inhalt der Nachfolgeklausel ab.
Möglich ist eine Klausel des Inhalts, dass die Gesellschaft im Todesfall nicht abgewickelt, sondern mit den Erben des verstorbenen Gesellschafters fortgesetzt wird.
Möglich ist auch eine Regelung, wonach die Gesellschaft nicht mit allen Erben des verstorbenen Gesellschafters, sondern mit nur einem oder einzelnen Erben fortgesetzt werden soll (so genannte qualifizierte Nachfolgeklausel).
Ob und in welcher Höhe denjenigen Erben, die nicht von einer Nachfolgeklausel profitieren, Ausgleichsansprüche gegen die in die Gesellschaft nachrückenden Erben zustehen, hängt im Einzelfall stark von den Gesamtumständen und insbesondere dem Inhalt des Testaments bzw. Erbvertrages des Erblassers ab.
Wenn Sie in Ihrer Angelegenheit anwaltliche Hilfe benötigen, dann können Sie hier Kontakt aufnehmen.
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