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Wenn Geschwister erben – Wann bekommt der Bruder oder die Schwester mehr von der Erbschaft?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Kinder erben nach dem Gesetz zu gleichen Teilen
  • Lebzeitige Zahlungen der Eltern an ein Kind müssen unter Umständen im Erbfall unter Geschwistern ausgeglichen werden
  • Wenn die Eltern einem Kind Geschenke gemacht haben, dann greift zugunsten der Geschwister das Pflichtteilsrecht ein

Wenn Geschwister ihren Vater oder ihre Mutter beerben, dann kann die Abwicklung der Erbschaft ganz einfach sein … oder auch verdammt kompliziert.

Wie viel Geld und sonstiges Vermögen die Geschwister nach dem Tod des Vaters oder der Mutter erhalten, hängt zunächst einmal von der Frage ab, ob der verstorbene Elternteil ein Testament hinterlassen hat oder die gesetzliche Erbfolge gilt.

Existiert ein Testament, dann gelten ausschließlich die dort getroffenen Regelungen für die Verteilung des Erbes.

Das Testament und der dort geäußerte Wille von Vater oder Mutter gehen immer vor

Wenn es der im Testament niedergelegte Wunsch des Vaters bzw. der Mutter war, dass eines der Geschwister mehr von der Erbschaft erhalten soll als die anderen Kinder, dann ist diese Entscheidung grundsätzlich zu respektieren.

In einem Testament kann mithin beispielsweise festgelegt werden, dass ein Kind Erbe zu 70% und das andere Kind nur 30% vom Nachlass erhalten soll.

Neben einer ungleichen Verteilung der jeweiligen Erbanteile für ihre Kinder haben die Eltern auch die Möglichkeit, ein bestimmtes Kind im Testament gegenüber seinen Geschwistern z.B. durch die Anordnung eines so genannten Vorausvermächtnisses zu begünstigen.

Auch bei der gesetzlichen Erbfolge kann es zu Ungleichheiten zwischen Geschwistern kommen

Existiert ein Testament, dann wird die Erbschaft nach den dort enthaltenen Regeln verteilt.

Eine ungleiche Verteilung einer Erbschaft unter Geschwistern kann es aber auch dann geben, wenn der verstorbene Elternteil gerade kein Testament hinterlassen hat und damit die gesetzliche Erbfolge gilt.

Dies mag auf den ersten Blick verwundern, da die insoweit einschlägige Regelung in
§ 1924 Abs. 4 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) doch ausdrücklich anordnet:

Kinder erben zu gleichen Teilen.

Diese gesetzliche Anordnung kennt jedoch zahlreiche Ausnahmen.

Ausnahmen von einer gleichmäßigen Beteiligung von Geschwistern am Erbe

So ordnen zum Beispiel die §§ 2050 und 2057a BGB solche Ausnahmen von dem Grundsatz an, dass das Erbe unter Geschwistern zu gleichen Teilen verteilt werden soll.

§ 2050 BGB ordnet zum Beispiel dann eine veränderte Aufteilung der Erbschaft zulasten eines Geschwisters an, wenn dieses Geschwister bereits zu Lebzeiten von dem verstorbenen Elternteil bestimmte Zuwendungen erhalten hat.

Dies führt dazu, dass derjenige Erbe, der bereits zu Lebzeiten des Erblassers mehr erhalten hat, im Erbfall entsprechend weniger erhält.

Hat ein Kind seine Eltern gepflegt?

Das gleiche gilt nach § 2057a BGB für den Fall, dass sich ein Geschwisterteil zu Lebzeiten von Vater bzw. Mutter besonders um seine Eltern gekümmert oder die Eltern sogar mit Geldzahlungen unterstützt hat.

In diesem Fall kann das Geschwister im Erbfall ebenfalls einen größeren Anteil an der Erbschaft als seine Geschwister verlangen.

Daneben kann auch das Pflichtteilsrecht bei Geschwistern dafür sorgen, dass bei Tod eines Elternteils ein (zuweilen erheblicher) Ausgleich von einem Geschwisterteil geleistet werden muss.

Lebzeitige Schenkungen eines Elternteils müssen unter Umständen ausgeglichen werden

Dieser Fall tritt immer dann ein, wenn der verstorbene Elternteil sein Vermögen bereits zu Lebzeiten auf eines der Geschwister übertragen hat.

Im Extremfall kann eine solche lebzeitige Vermögensübertragung von den Eltern auf nur ein Kind dazu führen, dass im Erbfall unter den Geschwistern (fast) nichts mehr zu verteilen ist.

In einer solchen Situation kann derjenige Geschwisterteil, der zu Lebzeiten seiner Eltern nichts oder jedenfalls weniger als seine Geschwister erhalten hat, von dem privilegierten Geschwisterteil unter Umständen einen Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2325 BGB einfordern.

Durch die Geltendmachung eines solchen Pflichtteilergänzungsanspruchs kann eine allzu ungleiche Verteilung des elterlichen Vermögens ausdrücklich auch im Fall der gesetzlichen Erbfolge ausgeglichen werden.

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