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Klagen in Zusammenhang mit einer Erbschaft können bei dem Gericht anhängig gemacht werden, bei dem der Erblasser seinen Gerichtsstand hatte!

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Schleswig – Beschluss vom 06.05.2022 – 2 AR 7/22

  • Erben und Vermächtnisnehmerin streiten über den Inhalt eines Vermächtnisses
  • Vermächtnisnehmerin verklagt die Erben
  • Die Erben rügen die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts

Das Oberlandesgericht Schleswig hatte zu klären, bei welchem Gericht ein Streit zwischen einer Vermächtnisnehmerin und mehreren Erben geklärt werden kann.

In der Angelegenheit hatte ein Familienvater im Jahr 2000 in seinem Testament seine Kinder als Erben eingesetzt.

Zugunsten seiner Ehefrau hatte der spätere Erblasser in seinem Testament ein Vermächtnis ausgesetzt.

Die Ehefrau des Erblassers erhält ein lebenslanges Wohnrecht

Inhalt des zugunsten der Ehefrau ausgesetzten Vermächtnisses war ein lebenslanges Wohnrecht an einem Haus.

Gleichzeitig hatte der spätere Erblasser im Zusammenhang mit dem Wohnrecht in seinem Testament festgelegt, dass seine Ehefrau notwendige Wohnungsreparaturen im Einzelfall bis zu einem Betrag in Höhe von 100 DM tragen solle.

Der Erblasser verstarb im Jahr 2013.

Die Ehefrau des Erblassers nahm in der Folge ihr Wohnrecht an dem Haus wahr.

Undichtigkeit am Dach des Hauses verursacht Wasserschaden

Im Jahr 2019 trat bei dem Haus eine Undichtigkeit am Dach des Hauses auf und es entstand ein Wasserschaden.

Die Ehefrau des Erblassers forderte die Erben daher auf, das Dach an dem Haus zu sanieren.

Nachdem sich die Erben weigerten, dieser Forderung nachzukommen, erhob die Ehefrau des Erblassers gegen die Erben Klage zum Landgericht Flensburg.

In der Folge entbrannte vor Gericht ein Streit über die Frage, ob das Landgericht Flensburg für die Angelegenheit überhaupt zuständig ist.

Die beklagten Erben wohnen in Bonn und Köln

Eine Erbin hatte ihren Wohnsitz nämlich im Bereich des Landgerichts Bonn. Der zweite Erbe wohnte im Bereich des Landgerichts Köln.

Lediglich der Erblasser hatte seinen Wohnsitz bis zu seinem Ableben im Bereich des Landgerichts Flensburg.

Das angerufene Landgericht Flensburg teilte den Parteien dann auch prompt mit, dass es sich für örtlich unzuständig halten würde.

Das OLG soll den Zuständigkeitsstreit entscheiden

Gleichzeitig regte das Landgericht Flensburg an, dass nach § 36 ZPO eine Bestimmung des zuständigen Landgerichts durch das Oberlandesgericht beantragt werden solle.

Diesen Antrag stellte dann die Klägerin und wies gleichzeitig darauf hin, dass sich die Zuständigkeit des von ihr angerufenen Landgerichts Flensburg aus der Vorschrift in § 27 ZPO ergeben würde:

Klagen, welche die Feststellung des Erbrechts, Ansprüche des Erben gegen einen Erbschaftsbesitzer, Ansprüche aus Vermächtnissen oder sonstigen Verfügungen von Todes wegen, Pflichtteilsansprüche oder die Teilung der Erbschaft zum Gegenstand haben, können vor dem Gericht erhoben werden, bei dem der Erblasser zur Zeit seines Todes den allgemeinen Gerichtsstand gehabt hat.

Der Erblasser, so die Argumentation der Klägerin, habe bis zu seinem Tod im Zuständigkeitsbereich des Landgerichts Flensburg gewohnt und daher könne der sich aus dem Vermächtnis ergebende Anspruch eben auch vor dem Gericht in Flensburg geltend gemacht werden.

Das Landgericht Flensburg ist örtlich zuständig

Das OLG Schleswig folgte im Ergebnis den Argumenten der Klägerin und stellte fest, dass das Landgericht Flensburg für die Angelegenheit zuständig ist.

Das OLG bejahte den besonderen Gerichtsstand der Erbschaft nach § 27 ZPO für den vorliegenden Rechtsstreit.

Dabei wies das OLG darauf hin, dass § 27 ZPO weit auszulegen sei, um sicherzustellen, „dass alle einen bestimmten Erbfall betreffenden Streitigkeiten einheitlich an einem sachnahen Gericht“ abgehandelt werden.

Ausdrücklich würde von § 27 ZPO auch ein Streit über „Umfang und Inhalt einer Vermächtnisanordnung“ erfasst.

Nachdem die Klägerin ihren Anspruch aus dem Testament des Erblassers und dem dort vorgesehenen Vermächtnis ableite, sei der § 27 ZPO einschlägig und das Landgericht Flensburg damit auch örtlich zuständig.

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