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Erbin beantragt Erbschein und macht keine Angaben zum Nachlasswert – Nachlassgericht schätzt den Nachlass auf 250.000 Euro!

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Sachsen-Anhalt – Beschluss vom 15.08.2022 – 2 Wx 44/22

  • Erbin lässt das Nachlassgericht im Hinblick auf den Nachlasswert im Dunkeln
  • Gericht schätz den Nachlasswert auf einen Betrag in Höhe von 250.000 Euro
  • OLG hält diese Schätzung des Nachlassgerichts für zu hoch

Das Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt hatte in einem Erbscheinverfahren über den zutreffenden Geschäftswert zu entscheiden.

In der Angelegenheit hatte das Nachlassgericht Zeitz auf den Antrag einer Erbin hin am 04.06.2021 einen Erbschein erlassen.

Die Erbin hatte im Zusammenhang mit ihrem Antrag angegeben, den Wert des Nachlasses nicht zu kennen, da sie keine Kenntnis vom Kontostand des Nachlasskontos habe.

Gericht fordert wiederholt ein Nachlassverzeichnis an

Zum Nachlass gehöre aber jedenfalls, so die Erbin, keine Immobilie.

In der Folge wurde die Erbin vom Nachlassgericht wiederholt aufgefordert, ein Nachlassverzeichnis vorzulegen.

Die Erbin ignorierte diese Anfragen des Gerichts aber selbst dann, als das Gericht angekündigte, den Nachlasswert anderenfalls auf einen Betrag in Höhe von 250.000 Euro festzusetzen.

Nachlassgericht schätzt den Nachlasswert auf 250.000 Euro

Nachdem auch diese letzte Warnung ungehört verhallte, setzte das Nachlassgericht den Nachlasswert im Wege der freien Schätzung tatsächlich mit Beschluss vom 08.02.2022 auf einen Betrag in Höhe von 250.000 Euro fest.

Jetzt reagierte die Erbin endlich, reichte einen Kontoauszug für das Nachlasskonto ein und teilte mit, dass der Wert des Nachlasses weniger als 15.000 Euro betragen würde.

Gleichzeitig legte die Erbin Beschwerde gegen den Beschluss des Nachlassgerichts vom 08.02.2022 ein.

Nachdem diese Beschwerde von der Erbin in der Folge trotz Aufforderung nicht begründet wurde, legte das Nachlassgericht die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vor.

OLG gibt der Beschwerde der Erbin statt

Das OLG gab der Beschwerde zum Teil statt.

Maßgeblich für den Geschäftswert in einem Verfahren zur Erteilung eines Erbscheins sei, so das OLG, der Nachlasswert zum Zeitpunkt des Erbfalls.

Obwohl sie dazu verpflichtet gewesen sei, habe die Erbin keine belastbaren Angaben zum Nachlasswert gemacht.

In Anbetracht der Tatsache, dass die Erbin aber zumindest angegeben hatte, dass zum Nachlass keine Immobilie gehöre, sei die vom Nachlassgericht vorgenommene Schätzung in Höhe von 250.000 Euro aber zu hoch.

OLG hält einen Geschäftswert in Höhe von 10% des vom Nachlassgericht geschätzten Wertes für zulässig

Auf Grundlage der vorliegenden Informationen habe das Nachlassgericht lediglich eine Verdoppelung des Betrages vornehmen dürfen über den die Erbin Angaben gemacht habe.

Nachdem das nachgewiesene Guthaben auf dem Nachlasskonto einen Wert in Höhe von rund 12.000 Euro gehabt habe, sei mithin eine Schätzung des Gesamtnachlasses auf einen Betrag in Höhe von 24.000 Euro zulässig.

Auf Basis dieses Betrages hatte die Erbin am Ende die beim Nachlassgericht angefallenen Gebühren für ihren Erbschein zu bezahlen.

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