Erbausschlagung eines Minderjährigen kann auch bei werthaltigem Nachlass genehmigungsfähig sein

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Köln – Beschluss vom 13.11.2018 – 10 WF 164/18

  • Minderjährige macht Erbschaft und will das Erbe ausschlagen
  • Familiengericht verweigert die Genehmigung der Ausschlagung
  • Oberlandesgericht korrigiert das Familiengericht

Das Oberlandsgericht Köln hatte über die Frage zu befinden, ob das Familiengericht die Ausschlagung einer Erbschaft eines Minderjährigen auch dann genehmigen muss, wenn sich der Nachlass als werthaltig herausstellt.

Der Großvater der betroffenen 17jährigen war im Jahr 2017 verstorben.

Die Mutter der Minderjährigen erklärte jedoch für Ihre Tochter fristgerecht die Ausschlagung des Erbes und beantragte die hierfür erforderliche Genehmigung des Familiengerichts.

Das Familiengericht zog daraufhin Erkundigungen über den Wert des Nachlasses ein und kam zu dem Ergebnis, dass für die Minderjährige nach Abzug aller Kosten ein Betrag von 911,01 Euro zu erwarten sei.

Amtsgericht verweigert wegen fehlender Überschuldung die Genehmigung der Ausschlagung

Damit sei der Nachlass, so das Familiengericht, aber nicht überschuldet und eine Genehmigung zur Ausschlagung der Erbschaft könne nicht erteilt werden.

Gegen die Versagung der Genehmigung legte die Mutter der betroffenen Minderjährigen Beschwerde zum Oberlandesgericht ein. Die Beschwerde hatte am Ende auch Erfolg.

Das OLG wies in der Begründung seiner Entscheidung darauf hin, dass Maßstab für die zu treffende familiengerichtliche Entscheidung im vorliegenden Fall alleine das Wohl der Minderjährigen sei.

Überschuldung des Nachlasses ist nicht alleiniges Kriterium für die Genehmigung

Eine Genehmigung der Erbausschlagung könne vom Familiengericht nicht alleine mit der Begründung versagt werden, dass der Nachlass nicht überschuldet sei.

Es seien vielmehr auch die persönlichen Interessen der betroffenen Minderjährigen umfassend zu würdigen.

Im zu entscheidenden Fall müsse berücksichtigt werden, so das OLG, dass die 17½-jährige selber den Wunsch geäußert habe, mit der Erbschaft nichts zu tun haben zu wollen. Begründet wurde dieser Wunsch unter anderem mit der Tatsache, dass sich die Betroffene dauerhaft von ihrem Großvater entfremdet hatte.

Auch sei das Erbe bereits von vorrangig Erbberichtigten ausgeschlagen worden und es sei darüber hinaus nicht sicher, ob die Betroffene den ermittelten Guthabenbetrag in Höhe von 911,01 Euro nicht noch mit anderen erbberechtigten Personen teilen müsse.

Empfang von Sozialleistungen steht einer Genehmigung der Erbausschlagung nicht entgegen

Das OLG hatte schließlich auch im Blick, dass die betroffene Minderjährige staatliche Sozialleistungen bezog und eine Erbausschlagung mit dem alleinigen Ziel, einen staatlichen Zugriff auf das Erbe zu verhindern, unzulässig ist.

Vorliegend lag der Wert der Erbschaft aber jedenfalls unter der maßgeblichen Grenze zum so genannten Schonvermögen. Aus diesem Grund sprach also auch die Tatsache, dass die betroffene Minderjährige staatliche Leistungen bezog, nicht gegen die Genehmigung der Ausschlagung durch das Familiengericht.

Der Beschluss des Familiengerichts wurde mithin abgeändert und die Genehmigung zur Ausschlagung der Erbschaft erteilt.

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