Der Erwerb von Nachlassgegenständen von dem im Erbschein ausgewiesenen Erben

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Die im Erbschein ausgewiesene Person muss gar nicht der richtige Erbe sein
  • Man kann im Rechtsverkehr auf die Richtigkeit des Inhalts in einem Erbschein vertrauen
  • Der Vertragspartner muss gutgläubig sein

Nach § 2353 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) hat das Nachlassgericht „dem Erben“ auf dessen Antrag hin ein Zeugnis über sein Erbrecht auszustellen, den so genannten Erbschein.

Mit diesem Erbschein kann sich der Erbe gegenüber Dritten als Rechtsnachfolger des Erblassers legitimieren. Mit einem Erbschein ausgestattet kann der Erbe Bankkonten des Erblassers auflösen und dort vorhandene Guthabenbeträge auf sein eigenes Konto überweisen. Er kann zum Grundbuchamt gehen, dort den Erbschein vorlegen und beantragen, dass Immobilien des Erblassers auf ihn als neuen Eigentümer umgeschrieben werden.

Schließlich kann sich neben Bank und Grundbuchamt auch jeder Dritte darauf verlassen, dass derjenige, der in einem Erbschein als Erbe ausgewiesen ist, berechtigt ist, über zum Nachlass gehörende Gegenstände zu verfügen. Diese Rechtsfolge ordnet § 2366 BGB zum Schutz des Rechtsverkehrs ausdrücklich an.

Die im Erbschein ausgewiesene Person ist gar nicht Erbe

Die Vorschrift des § 2366 BGB ist zum Schutz desjenigen, der mit einem im Erbschein ausgewiesenen Erben Geschäfte macht, auch zwingend notwendig. Es kommt nämlich immer wieder vor, dass sich nach Erteilung eines Erbscheins an einen vermeintlichen Erben herausstellt, dass der Erbschein falsch ist und der dort ausgewiesene Erbe gar nicht der richtige Erbe ist.

Um eine solche Situation zu schaffen, muss nur Jahre, nachdem auf Grundlage der gesetzlichen Erbfolge ein Erbschein erteilt wurde, ein wirksames Testament des Erblassers aufgefunden werden, dass die gesetzliche Erbfolge komplett auf den Kopf stellt. In diesem Fall hat das Nachlassgericht nach bestem Wissen und ohne Verschulden einen unrichtigen Erbschein an den gesetzlichen Erben erteilt.

Jeder, der mit diesem fälschlicherweise im Erbschein ausgewiesenen Erben Geschäfte abgeschlossen hat, kann sich jedoch auch gegenüber dem echten Erben darauf berufen, dass er insoweit den Angaben in dem Erbschein vertraut hat. Die in dieser Zeit vom unrichtigen Erben mit Dritten abgeschlossenen Rechtsgeschäfte sind und bleiben angesichts der Vorschrift des § 2366 BGB wirksam.

Gutgläubigkeit des Geschäftspartners erforderlich

Voraussetzung für diesen so genannten Gutglaubensschutz ist, dass der jeweilige Geschäftspartner nicht die Unrichtigkeit des Erbscheins kennt oder weiß, dass das Nachlassgericht die Rückgabe des Erbscheins wegen Unrichtigkeit verlangt hat.

Der echte Erbe hat unter diesen Voraussetzungen auch nach einer Einziehung des unzutreffenden Erbscheins grundsätzlich keine Möglichkeit, die vom falschen Erben abgeschlossenen Geschäfte rückabzuwickeln. Lediglich in den Fällen, in denen der unrichtige Erbe einen Nachlassgegenstand unentgeltlich, also im Wege der Schenkung, auf einen Dritten übertragen hat, steht ein so genannter Bereicherungsanspruch nach § 816 Abs. 1 S. 2 BGB gegen den beschenkten Geschäftspartner im Raum.

Ansprüche des echten Erben gegen den falschen Erben

Besser sieht es schon mit Ansprüchen des echten Erben gegen den falschen Erben aus. Alles, was der falsche Erbe aus dem von ihm (als Nichtberechtigter) abgeschlossenen Rechtsgeschäft erhalten hat, fällt in den Nachlass, § 2019 BGB, und ist an den richtigen Erben herauszugeben, § 2018 BGB.

Hat der falsche Erbe also zum Beispiel einzelne Nachlassgegenstände an einen gutgläubigen Dritten verkauft, dann muss er den so erzielten Kaufpreis an den echten Erben herausgeben.

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