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Professor kann seine langjährige Haushaltshilfe als Kind adoptieren

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Braunschweig – Beschluss vom 15.03.2017 – 1 UF 139/16

  • Eine Adoption eines Erwachsenen muss sittlich gerechtfertigt sein
  • Wirtschaftliche oder steuerliche Erwägungen dürfen nicht das Hauptmotiv für die Adoption sein
  • Gericht stellt eine Eltern-Kind-Beziehung fest

Das Oberlandegericht Braunschweig hatte darüber zu befinden, ob ein Professor seine langjährige Haushaltshilfe im Wege der Erwachsenenadoption als Kind annehmen kann.

Der Professor war kinderlos. Seine Ehefrau war bereits verstorben.

Seit dem Jahr 1996 war die Haushaltshilfe bei dem Professor und seiner Frau angestellt. Nach Angaben des Professors habe zwischen ihm und der Haushaltshilfe von Beginn an eine große wechselseitige Sympathie vorhanden gewesen. Dies schloss auch die beiden Söhne der Haushaltshilfe ein.

Nach dem Tod seiner Ehefrau suchte der Professor gemeinsam mit der Haushaltshilfe einen Notar auf und ließ dort den gemeinsamen Wunsch der beiden beurkunden, wonach der Professor die Haushaltshilfe als Kind annehmen will.

Die beiden Söhne der Haushaltshilfe stimmten dieser Adoption zu.

Langjähriges freundschaftliches Verhältnis zwischen den Beteiligten

In dem Adoptionsantrag wurde ausgeführt, dass seit geraumer Zeit ein freundschaftliches Verhältnis zwischen dem Professor und der Haushaltshilfe entstanden sei. Noch zu Lebzeiten der Ehefrau habe die Haushaltshilfe das Ehepaar in jeder Hinsicht und gerade auch bei Krankheiten unterstützt.

Insgesamt, so der Vortrag der Parteien im Adoptionsantrag, bestehe die Bereitschaft zur gegenseitigen Unterstützung und auch zu den Kindern der Haushaltshilfe bestehe auf Seiten des Professors ein inniges Verhältnis.

Nach Anbringung des Adoptionsantrages verstarb der Professor. In mehreren Testamenten hatte der – vermögende – Professor eine Stiftung als seine alleinige Erbin benannt. Die Haushaltshilfe war in den Testamenten des Professors mit Vermächtnissen bedacht worden.

Mit Beschluss vom 25.07.2016 lehnte das Amtsgericht Braunschweig die beantragte Adoption ab. Das Amtsgericht führte zur Begründung der Ablehnung an, dass nicht hinreichend sicher festzustellen sei, dass zwischen dem Professor und der Haushaltshilfe tatsächlich ein Eltern-Kind-Verhältnis entstanden sei. Das Amtsgericht hielt es im Ergebnis nicht für ausgeschlossen, dass es bei der Adoption vorwiegend um die finanzielle Absicherung der Haushaltshilfe gehen würde.

Haushaltshilfe legt Beschwerde zum OLG ein

Gegen diesen ablehnenden Beschluss legte die Haushaltshilfe Beschwerde zum Oberlandesgericht ein. In der Beschwerdebegründung trug die Haushaltshilfe vor, dass das Amtsgericht den Begriff der „sittlichen Rechtfertigung“ der Adoption verkannt habe.

Die Stiftung als Erbe, die zu dem Verfahren hinzugezogen worden war, verteidigte hingegen die Entscheidung des Amtsgerichts.

Das Oberlandesgericht gab allerdings der Haushaltshilfe Recht und gab dem Adoptionsantrag statt.

OLG bejaht Eltern-Kind-Verhältnis

In der Begründung der Beschwerdeentscheidung wies das OLG grundlegend darauf hin,  dass nach § 1767 Abs. 1 BGB ein Volljähriger dann als Kind angenommen werden kann, wenn diese Annahme sittlich gerechtfertigt ist. Eine solche sittliche Rechtfertigung sei insbesondere dann anzunehmen, wenn zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden bereits ein Eltern-Kind-Verhältnis entstanden ist.

Das OLG sah diese Voraussetzungen für eine Erwachsenenadoption im vorliegenden Fall als gegeben.

Für die Annahme eines Eltern-Kind-Verhältnisses seien im konkreten Fall

„Gemeinsamkeiten, familiäre Bindungen und innere Zuwendung erforderlich, wie sie zwischen Eltern und erwachsenen Kindern typischerweise vorliegen, insbesondere ein enger persönlicher Kontakt und die Bereitschaft zu dauerhaftem gegenseitigem Beistand, ggfs. in Verbindung mit wirtschaftlicher Hilfe“

erforderlich.

Es müsse  

„sich um ein solches Maß an innerer Verbundenheit zwischen den Beteiligten handeln, dass sich die Beziehung klar von einer guten Bekanntschaft oder engen Freundschaft abhebt und in die Nähe einer echten, gelebten Beziehung zwischen einem Elternteil und dessen erwachsenem Kind rückt“.

Dabei könne eine Erwachsenenadoption auch dann gerechtfertigt sein, wenn ein Eltern-Kind-Verhältnis zwar noch nicht entstanden sei, aber zu erwarten ist, dass es in der Zukunft entsteht.

Diese Voraussetzungen bejahte das OLG in dem zu entscheidenden Fall.

Inniges und vertrauensvolles Verhältnis spricht für Adoption

Zwischen dem Professor und der Haushaltshilfe bestand nach Überzeugung des Gerichts ein inniges und vertrauensvolles Verhältnis. Dieses habe sich im Laufe der Jahre intensiviert und verfestigt. Das OLG konstatierte ein „gegenseitiges volles Vertrauen“. Professor und Haushaltshilfe nähmen „wechselseitig Anteil an Freud und Leid“ des anderen. Ein solches Verhältnis gehe über eine reine Freundschaft hinaus.

Auch weil die Beteiligten zur Überzeugung des Gerichts wechselseitig in das familiäre Beziehungsgeflecht des anderen eingebunden waren, bejahten die Richter das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Adoption.

Das OLG wies insbesondere darauf hin, dass ein möglicher Wunsch, Erbschaftsteuer zu sparen, bei den Beteiligten und ihrem Adoptionswunsch ersichtlich nicht im Vordergrund gestanden habe. Der Professor hatte in seinen Testamenten nämlich angeordnet, dass seiner Haushaltshilfe jeweils ein zusätzlicher Geldbetrag in Höhe der auf sie entfallenden Erbschaftssteuer als Vermächtnis zugewendet wird.

Nach dem Beschluss des OLG galt die Haushaltshilfe demnach als Kind des Professors. In erbrechtlicher Hinsicht konnte sie über das zu ihren Gunsten im Testament ausgesetzte Vermächtnis hinaus gegebenenfalls einen ergänzenden Pflichtteilsanspruch geltend machen. Weiter profitierte die Haushaltshilfe von einer günstigeren Steuerklasse bei der Erbschaftsteuer.

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