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Vater einer 14jährigen beantragt nach dem Tod der Mutter einen Erbschein als Alleinerbe seiner Frau – Für die minderjährige Tochter muss im Erbscheinverfahren ein Ergänzungspfleger bestellt werden!

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Brandenburg – Beschluss vom 19.10.2022 – 13 WF 53/22

  • Eltern einer 14jährigen setzen sich in ihrem Testament gegenseitig als alleinige Erben ein
  • Nach dem Tod der Mutter beantragt der Vater einen Erbschein als Alleinerbe
  • Die Interessen der minderjährigen Tochter im Erbscheinverfahren müssen von einem Ergänzungspfleger wahrgenommen werden

Das Oberlandesgericht Brandenburg hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob in einem Erbscheinverfahren für eine minderjährige Beteiligte ein Ergänzungspfleger bestellt werden muss.

In der Angelegenheit hatte ein vermögendes Ehepaar ein umfangreiches Testament errichtet.

In diesem Testament hatten sich die Eheleute gegenseitig zu alleinigen Erben eingesetzt.

Tochter erhält ein Vermächtnis im Wert von 800.000 Euro

Gleichzeitig hatte das Ehepaar in diesem Testament zugunsten ihrer 14jährigen Tochter ein Vermächtnis im Wert von 800.000 Euro ausgesetzt.

Nach dem Ableben der Ehefrau beantragte der Ehemann bei dem zuständigen Nachlassgericht auf Grundlage des existierenden Testaments die Erteilung eines Erbscheins, der den Ehemann als alleinigen Erben seiner verstorbenen Frau ausweisen sollte.

Das Nachlassgericht teilte dem Vater mit, dass es die Bestellung eines Ergänzungspflegers zur Vertretung der minderjährigen Tochter in dem Erbscheinverfahren für notwendig erachte.

Gericht setzt einen Ergänzungspfleger ein

In der Folge wurde in dem Verfahren vom Amtsgericht auch ein Ergänzungspfleger für die Tochter eingesetzt.

Dieser Ergänzungspfleger sollte in dem Erbscheinverfahren die Interessen der minderjährigen Tochter wahrnehmen.

Gegen diese Einsetzung eines Ergänzungspflegers legte der Vater Beschwerde zum Oberlandesgericht ein.

Die Tochter will gar keinen Ergänzungspfleger

Zur Begründung seiner Beschwerde führte der Vater unter anderem an, dass seine minderjährige Tochter erklärtermaßen gar nicht von einem Ergänzungspfleger vertreten werden wolle.

Das Oberlandesgericht wies die Beschwerde als unbegründet zurück.

In der Begründung seiner Entscheidung wies das OLG darauf hin, dass dem an sich sorgeberechtigten Vater für seine minderjährige Tochter für das Erbscheinverfahren nach §§ 1629 Abs. 2 S. 3 Hs. 1, 1796 BGB das Sorgerecht zu entziehen und ein Ergänzungspfleger einzusetzen sei.

Interessengegensatz zwischen Vater und Tochter

Vorliegend sei für das Erbscheinsverfahren ein erheblicher Interessengegensatz zwischen den Interessen des Vaters auf der einen Seite und den Interessen der Tochter andererseits festzustellen.

Das Ziel des Vaters in dem Erbscheinverfahren sei seine Feststellung als Alleinerbe seiner verstorbenen Ehefrau.

Mit diesem Ziel kollidiere aber das Interesse der Tochter, in dem Erbscheinverfahren gegebenenfalls auch als Erbin ihrer Mutter festgestellt zu werden.

Zwar sei zugunsten der Tochter in dem Testament ein Vermächtnis ausgesetzt worden.

Was ergibt eine Auslegung des Testaments?

Das OLG wollte aber nicht ausschließen, dass nach einer Auslegung des Testaments der Tochter die Stellung einer Miterbin neben ihrem Vater zufallen würde.

Um diesen Aspekt in dem Erbscheinverfahren ausreichend zu würdigen, sei die Einsetzung eines Ergänzungspflegers erforderlich.

Das Gericht betonte dabei aber ausdrücklich, dass mit der Einsetzung eines Ergänzungspflegers kein Vorwurf an den Vater verbunden sei, dass er sich nicht ausreichend um das Wohl seiner Tochter kümmern würde.

Auch der von der 14jährigen ausdrücklich geäußerte Wille, gar keinen Ergänzungspfleger zur Wahrnehmung ihrer Interessen zu brauchen, änderte nichts an der Entscheidung des Gerichts.

Im Ergebnis hatte die gerichtliche Einsetzung des Ergänzungspflegers Bestand.

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