Erbverzicht muss vom Erblasser persönlich abgeschlossen werden
OLG Düsseldorf – Urteil vom 20.12.2013 – I-7 U 153/12
- Vater und Tochter wollen Erbverzichtsvertrag gegen Abfindung abschließen
- Vater schickt zum Notartermin eine Stellvertreterin
- Erbverzicht ist wegen Formmangels unwirksam - Vater kann aber die Heilung dieses Mangels verlangen
Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte in einem Berufungsverfahren die Wirksamkeit eines Erbverzichts zu beurteilen.
In der Angelegenheit hatten sich Vater und Tochter im Jahr 1989 darüber geeinigt, dass die Tochter im Gegenzug für ein Grundstück im Wert von 300.000 DM auf ihre Erb- und Pflichtteilsansprüche gegenüber dem Vater verzichten wolle.
Den Notartermin, zu dem der Erbverzicht erklärt werden sollte, nahm dann allerdings entgegen der insoweit eindeutigen Regelung in § 2347 Abs. 2 BGB nicht der Vater selber wahr. Er schickte vielmehr eine Stellvertreterin zum Notartermin.
Vater lässt sich im Notartermin von einer Bevollmächtigten vertreten
Am 12.09.1989 schlossen dann die Tochter und der Vater, dieser vertreten durch eine Bevollmächtigte, den besprochenen Erbverzichtvertrag. In dem gleichen Vertrag wurde auch die Verpflichtung des Vaters aufgenommen, seiner Tochter das Grundstück zu übertragen.
Ein Jahr später erhielt die Tochter dann den Gegenwert des Grundstücks in bar ausgezahlt.
Im Juni 2011 fiel dem den Erbverzicht beurkundenden Notar dann auf, dass ihm bei der Beurkundung offenbar ein Fehler unterlaufen war, da der Vater persönlich bei dem Beurkundungstermin nicht anwesend war. Der Erbverzicht war aus diesem Grund unwirksam.
Diesen Umstand teilte der Notar der Tochter mit und schlug vor, dass man den Formmangel problemlos durch eine erneute Beurkundung heilen könne.
Tochter will den Vertrag nachbessern
Die Tochter sah nach dieser Nachricht jedoch ihre Chance gekommen und teilte dem Notar mit, dass sie zu einem erneuten Verzicht auf ihr Erbrecht nur dann bereit sei, wenn ihr Vater ein deutliches nachgebessertes Angebot für die dafür fällige Gegenleistung vorlegen würde.
Diesem Ansinnen wollte aber der Vater nicht folgen und verklagte seine Tochter auf Abgabe einer erneuten Verzichtserklärung.
Das Landgericht gab dem Vater in erster Instanz Recht und verurteilte die Tochter antragsgemäß.
Die von der Tochter eingelegte Berufung gegen dieses Urteil änderte daran nichts. Auch das Oberlandesgericht stellte fest, dass die Tochter verpflichtet ist, an einem erneuten Erbverzicht mitzuwirken und zwar ohne eine weitere Abfindungszahlung fordern zu können.
OLG sieht Verpflichtung der Tochter, den Erbverzicht abzuschließen
Das Berufungsgericht begründete seine Entscheidung mit denselben Erwägungen, die auch schon das Landgericht angestellt hatte.
Zwar sei es zutreffend, so das OLG, dass der Erbverzicht wegen Verstoß gegen § 2347 Abs.2 BGB nicht wirksam zustande gekommen sei. Von dieser Unwirksamkeit sei aber bei dem Erbverzicht lediglich das so genannte dingliche Verfügungsgeschäft betroffen gewesen. Das kausale Grundgeschäft, also die von der Tochter eingegangene Verpflichtung, einen Erbverzicht zu erklären, sei hingegen von der Unwirksamkeit nicht erfasst.
Vielmehr habe sich die Tochter im Jahr 1989 auch in persönlicher Abwesenheit ihres Vaters wirksam dazu verpflichtet, auf ihren Erbteil zu verzichten. Der Vater hatte demnach aus dieser wirksam zustande gekommenen Verpflichtung einen Anspruch gegen seine Tochter, den Verzicht auch zu vollziehen.
Nachdem dieser Anspruch des Vaters nach den Feststellungen des OLG auch noch nicht verjährt war, musste die Tochter abermals vor einem Notar erscheinen, um das nachzuholen, was im Jahr 1989 versäumt worden war. Eine weitere Gegenleistung für diese Handlung konnte die Tochter nicht fordern.
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