Erbverzicht von Eheleuten gilt nicht für den Fall der Wiederverheiratung
OLG Düsseldorf – Beschluss vom 22.02.2017 – I-3 Wx 16/17
- Eheleute verzichten in der Krise auf ihr gesetzliches Erbrecht
- Jahre nach erfolgter Scheidung heiraten die Eheleute erneut
- Der Erbverzicht erstreckt sich nicht auf die erneute Verheiratung
Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte im Rahmen eines Erbscheinverfahrens über die Reichweite eines unter Eheleuten erklärten Erbverzichts zu befinden.
In der Angelegenheit hatte ein Ehepaar im Jahr 1974 geheiratet.
Im Jahr 1999 kriselte die Ehe. Die Eheleute entschlossen sich in dieser Situation dazu, einen Ehevertrag zu schließen und mit diesem Vertrag ihre wechselseitigen Unterhalts- und Erbansprüche für den Fall der Scheidung zu regeln.
In der Vorbemerkung zu diesem Ehevertrag stellten die Eheleute klar, dass mit dem Vertrag die Zeit geregelt werden soll, „in der wir in Zukunft getrennt leben sollten, als auch den Fall der Ehescheidung“.
Eheleute verzichten vertraglich auf ihr Erbrecht
Nach dieser Vorrede verzichteten die Eheleute in dem Vertrag wechselseitig auf ihre
„gesetzlichen Erb- und Pflichtteilsrechte am dereinstigen Nachlass.“
In der Folge kam es dann tatsächlich zur Scheidung der Eheleute.
Ende des Jahres 2009 erkannten die Eheleute die Scheidung dann aber offenbar als Fehler und schlossen erneut die Ehe.
Jahre später verstarb dann der Ehemann.
Ehefrau beantragt als gesetzliche Erbin einen Erbschein
Die Ehefrau beantragte nach dem Tod ihres Mannes beim Nachlassgericht gemeinsam mit einer ihrer Töchter die Erteilung eines Erbscheins auf Basis gesetzlicher Erbfolge. Der Erbschein sollte sowohl die Ehefrau als auch die Kinder des Ehepaares als gesetzliche Erben ausweisen.
Auch die zweite Tochter des Ehepaars stimmte diesem Erbscheinsantrag zu.
Das Nachlassgericht lehnte die Erteilung des beantragten Erbscheins aber mit Hinweis auf die Regelungen in dem Ehe- und Erbvertrag aus dem Jahr 1999 ab. In diesem Vertrag, so die Argumentation des Nachlassgerichts, habe die Ehefrau auf ihr gesetzliches Erbrecht nach ihrem Mann verzichtet.
Gegen diese Entscheidung des Nachlassgerichts legte die Ehefrau Beschwerde zum Oberlandesgericht ein.
Das Oberlandesgericht gab der Beschwerde auch statt.
Erbverzicht gilt nicht für den Fall der erneuten Heirat
In der Begründung seiner Entscheidung vertrat das OLG die Auffassung, dass der dereinst von der Ehefrau erklärte Erbverzicht dem beantragten Erbschein nicht entgegenstehen würde.
Das OLG interpretierte den Vertrag aus dem Jahr 1999 dahingehend, dass die dortigen Regeln von den Eheleuten nur für den Fall einer tatsächlichen und endgültigen Trennung geschlossen worden seien. Dies ergebe sich, so das OLG, aus der Formulierung „getrennt leben sollen“.
Der in dem Vertrag erklärte Erbverzicht erfasse jedenfalls nicht den Fall der Wiederverheiratung.
Das gesetzliche Erbrecht der Ehefrau wurde vielmehr nach Auffassung des OLG durch die abermalige Heirat im Jahr 2009 wieder neu begründet.
Der Beschluss des Nachlassgerichts wurde daher vom OLG aufgehoben und die Angelegenheit zur abermaligen Entscheidung an das Nachlassgericht zurück verwiesen.
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