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Erbeinsetzung der Ehefrau in Erbvertrag wird im Falle der Scheidung in Liechtenstein unwirksam

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Stuttgart – Beschluss vom 04.10.2011 - 8 W 321/11

  • Eheleute regeln ihre Erbfolge in einem Erbvertrag
  • Jahre später beantragt die Ehefrau die Scheidung - Der Ehemann stimmt zu
  • Trotz nie vollzogener Scheidung verliert die Ehefrau ihr Erbrecht aus dem Erbvertrag

Das Oberlandesgericht Stuttgart hatte sich im Rahmen eines Erbscheinverfahrens mit der Frage auseinander zu setzen, welche Auswirkungen ein noch nicht beendetes Scheidungsverfahren, das im Fürstentum Liechtenstein anhängig war, auf einen im Jahr 1987 in Deutschland geschlossenen Erbvertrag hat.

In der Angelegenheit hatte die Ehefrau des Erblassers beim staatlichen Notariat - Nachlassgericht - Stuttgart-Bad Cannstatt die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der sie als Alleinerbin ausweisen sollte. Ihr alleiniges Erbrecht begründete die Antragstellerin mit den Regelungen in einem im Jahr 1987 in Deutschland abgeschlossenen Ehe- und Erbvertrag. Die Antragstellerin hatte ihren Ehemann im Jahr hatten im Jahr 1986 geheiratet und ein Jahr später einen Ehe- und Erbvertrag geschlossen, in dem sie sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzten. Die Ehe blieb kinderlos.

Die Eheleute verzogen in der Folge in das Fürstentum Liechtenstein und dort beantragte die Ehefrau vor einem dortigen Gericht im Jahr 2008 die Scheidung von ihrem Ehemann, da die Ehe zerrüttet sei. Die einzelnen Behauptungen seiner Ehefrau in dem Scheidungsantrag ließ der Ehemann zwar bestreiten, jedoch stimmte er dem Scheidungsbegehren an sich zu.

Das Scheidungsverfahren wird nie beendet

Die Scheidung wurde in der Folgezeit nicht vollzogen, da sich die Eheleute im Scheidungsverfahren nicht über sämtliche Punkte einigen konnten. Noch vor Rechtskraft der Scheidung verstarb der Ehemann dann.

Die noch ungeschiedene Ehefrau beantragte sodann einen Erbschein als Alleinerbin. Der Erbscheinsantrag wurde vom staatlichen Notariat unter Hinweis auf die Regelung in §§ 2077 Abs. 1, 2279 Abs. 2 BGB zurückgewiesen. Nach diesen Vorschriften gilt ein Erbvertrag in dem der Erblasser seinen Ehegatten als Erben eingesetzt hat dann als unwirksam, wenn die Ehe vor dem Tod des Erblassers aufgelöst wurde oder wenn der Erblasser zum Zeitpunkt des Erbfalls das Scheidungsverfahren beantragt oder der Scheidung im Verfahren zugestimmt hat.

Die Ehefrau wollte diese Entscheidung nicht akzeptieren und legte gegen den Beschluss des Notariats Beschwerde zum OLG ein.

Zur Begründung trug sie vor, dass auf die Angelegenheit nicht deutsches, sondern liechtensteinisches Recht anwendbar sei. Im Übrigen, so die Ehefrau hätten sich die Eheleute vor dem Tod des Ehemannes wieder versöhnt und angenähert. Schließlich habe der Erblasser nach Vortrag der Ehefrau noch im Jahr 2010 bekundet, dass der Erbvertrag trotz der laufenden Scheidung weiter Bestand haben solle.

OLG weist die Beschwerde der Ehefrau zurück

Das OLG konnte die Ehefrau mit diesen Argumenten jedoch nicht überzeugen. Die Beschwerde wurde kostenpflichtig zurückgewiesen.

Das Oberlandesgericht stellte zunächst fest, dass die Angelegenheit jedenfalls insoweit deutschem Recht unterliege, solange keine im Ausland befindlichen Vermögenswerte betroffen seien, da der Erblasser deutscher Staatsangehöriger gewesen sei, Art. 25 Abs. 1 EGBGB (Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch).

Auch die Unwirksamkeit der Erbeinsetzung der Beschwerdeführerin in dem Erbvertrag aus dem Jahr 1987 beurteile sich nach den §§ 2077 Abs. 1, 2279 Abs. 2 BGB und damit nach deutschem Recht. Nachdem der Ehemann in dem in Liechtenstein von der Ehefrau anhängig gemachten Scheidungsverfahren der Scheidung grundsätzlich zugestimmt habe, seien die Voraussetzungen der §§ 2077 Abs. 1, 2279 Abs. 2 BGB auch durch die im Ausland vorgenommene Prozesshandlung erfüllt.

Die materiellen Voraussetzungen für eine Scheidung lagen vor

Ebenso lagen, so das Gericht, materiellen Voraussetzungen der Ehescheidung nach deutschem Recht zum Zeitpunkt des Erbfalls vor, da die Ehe zu diesem Zeitpunkt als gescheitert galt.

Schließlich habe sich die Beschwerdeführerin auch nicht darauf berufen können, dass der Ehemann angeblich mitgeteilt habe, dass der Erbvertrag aus dem Jahr 1987 weiter Bestand haben solle. Aus einer solchen Äußerung im Jahr 2010 könne nicht auf einen entsprechenden Willen des Erblassers im entscheidenden Moment der Errichtung des Erbvertrages im Jahr 1987 geschlossen werden.

Im Ergebnis wurde der Erbscheinsantrag rechtskräftig zurückgewiesen.

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