Erbschleicherei – Machen sich Erbschleicher nach § 266 StGB wegen Untreue strafbar?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Hatte der Erbschleicher eine Vermögensbetreuungspflicht?
  • Ist dem Erblasser oder den Erben ein Schaden entstanden?
  • Die Staatsanwaltschaft interessiert sich gegebenenfalls für Erbschleicher

Der Begriff der Erbschleicherei ist im Gesetz nirgendwo definiert.

Im Allgemeinen geht man im Volksmund aber dann von Erbschleicherei aus, wenn Familienfremde die Nähe zu älteren oder auch hilfsbedürftigen Personen suchen, um sich unlauter an deren Vermögen zu bereichern.

Erbschleicherei tritt in der Praxis gar nicht so selten auf.

Erbschleicher in Alten- und Pflegeheimen

So kommt es beispielsweise im Dunstkreis von Alten- oder Pflegeheimen immer wieder vor, dass sich vorgeblich hilfsbereite Menschen vorzugsweise für die finanziellen Verhältnisse der Heimbewohner und die Frage interessieren, wie sie an dem Vermögen der betroffenen Heimbewohner partizipieren können.

Wenn bei älteren Menschen der Kontakt zu Freunden, Verwandten und Familienmitgliedern immer spärlicher wird oder sogar ganz abreißt, dann kann dies ein untrügliches Zeichen dafür sein, dass der zukünftige Erblasser eine ganz spezielle neue Beziehung eingegangen ist und unter dem Einfluss eines Erbschleichers steht.

Erbschleichern mit juristischen Mitteln beizukommen, ist nicht ganz einfach.

Jeder darf über sein Vermögen frei verfügen

Solange der Erblasser noch geschäfts- und testierfähig ist, kann er nach deutschem Recht schließlich frei über sein Vermögen verfügen.

Alleine der Umstand, dass ein älterer Mensch sein Vermögen zu Lebzeiten oder von Todes wegen an eine Person überträgt, die er erst unlängst kennen gelernt hat, macht diese Transaktion noch nicht per se rechtlich angreifbar.

Wenn es Erbschleicher aber bei ihren Bemühungen, an das Vermögen ihrer Opfer zu gelangen, übertreiben, dann kann man Vermögensverschiebungen sehr wohl und gerade auch mit Hilfe des Strafrechts wieder rückgängig machen.

Näher betrachten muss man in solchen Fällen den Tatbestand des Betruges nach § 263 StGB (Strafgesetzbuch), der Nötigung nach § 240 StGB und insbesondere der Untreue nach § 266 StGB.

Der Tatbestand der Untreue

Eine strafbare Untreue liegt nach § 266 StGB immer dann vor, wenn jemand

eine ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, missbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt. 

Wenn potentielle Erbschleicher ihr Werk von langer Hand planen und sich bereits zu Lebzeiten des zukünftigen Erblassers eine Stellung als Betreuer oder als Vorsorgebevollmächtigter verschaffen, um sich finanziell zu bereichern, dann ist in manchen Fällen die Verwirklichung des Untreuetatbestandes nicht weit.

Als Betreuer oder Vorsorgebevollmächtigter hat man seine Handlungen nämlich alleine am Wohl der betreuten Person auszurichten.

Betreuer müssen uneigennützig handeln

Eigene finanzielle Interessen des Betreuers dürfen bei anstehenden Entscheidungen keine Rolle spielen.

Regelmäßig obliegt Betreuern oder Vorsorgebevollmächtigten für das Vermögen des Betreuten eine Vermögensbetreuungspflicht.

Wird diese Pflicht verletzt und dadurch ein Schaden bei dem Betreuten oder aber den Erben ausgelöst, dann interessiert sich auch die Staatsanwaltschaft für den Fall.

Gerichte kümmern sich um Erbschleicher

Tatsächlich haben Gerichte in solchen Fällen in letzter Zeit wiederholt den Tatbestand der Untreue bejaht.

So im Fall des Bundesgerichtshof, in dem demente Personen zur Errichtung eines Testaments gebracht wurden (BGH, Urteil vom 24.07.2018, 3 StR 132/18), des OLG Saarbrücken, wo ein Rechtsanwalt eine ihm erteilte Vollmacht vorzugsweise eigennützig einsetzte (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 06.08.2018, 5 W 2/18) oder im Fall des BGH, wo ein Berufsbetreuer auch nur das eigene Wohl im Auge hatte (BGH, Urteil vom 19.12.2018, 3 StR 263/18).

In all diesen Fällen konnte man Erbschleicher noch im Nachgang für Ihre Taten in Regress nehmen.

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