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Erbrecht einklagen - Erbscheinverfahren vor dem Nachlassgericht contra Zivilprozess - Was ist vorzugswürdig?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Verliert man das Erbscheinverfahren, kann man sein Erbrecht immer noch mit einer Klage geltend machen
  • Erbscheinverfahren und Klageverfahren unterscheiden sich in diversen Punkten grundlegend
  • Im Klageverfahren ist das Gericht nicht an die Entscheidung im Erbscheinverfahren gebunden

Das Nachlassgericht stellt dem Erben auf seinen Antrag hin einen Erbschein als Zeugnis über sein Erbrecht aus.

In aller Regel verläuft das Verfahren auf Erteilung eines Erbscheins auch absolut unproblematisch.

Der Erbe stellt den Antrag auf Erteilung des Erbscheins, teilt mit, ob sich sein Erbrecht aus einem vom Erblasser erstellten Testament oder aus gesetzlicher Erbfolge ergibt, legt die erforderlichen Unterlagen vor und erhält nach kurzer Zeit vom Nachlassgericht den Erbschein.

Um das Erbrecht gibt es oft Streit

Was passiert aber, wenn das von dem Antragsteller geltend gemachte Erbrecht nicht unbestritten ist?

Wenn neben dem vom Antragsteller vorgelegten Testament noch drei weitere auftauchen oder ein naher Verwandter der festen Überzeugung ist, dass der vom Antragsteller beim Nachlassgericht vorgelegte letzte Wille des Erblassers von diesem im Zustand der Testierunfähigkeit erstellt wurde?

Wenn es also neben dem Antragsteller weitere Personen gibt, die sich eines Erbrechts berühmen und die sich selber gerne als Rechtsnachfolger im Erbschein ausgewiesen sehen würden?

Wer ist Erbe? Am Anfang steht meist das Erbscheinverfahren

In all diesen Fällen läuft die juristische Maschinerie an und versucht auf Grundlage der bestehenden Gesetze zu klären, wer tatsächlich Erbe geworden ist.

Der juristische Streit ums Erbrecht kann dabei auf zwei Ebenen ausgetragen werden.

Gemeinhin bekannt ist, dass man sich um das Erbrecht im Rahmen des Erbscheinverfahrens streiten kann. Mit dem Erbschein begehrt jemand ein vom Nachlassgericht auszustellendes Zeugnis, das ihn als Erben ausweist.

Eine andere Person widerspricht diesem Antrag und hält eine abweichende Erbfolge für zutreffend.

Über die Frage, welches der richtige Inhalt des Erbscheins ist, kann man sich im Normalfall dann über zwei Instanzen vom Nachlassgericht bis hin zum Oberlandesgericht als Beschwerdeinstanz auseinandersetzen.

Neben dem Erbscheinverfahren kann man auch eine Klage vor den Zivilgerichten anstrengen

Eher unbekannt ist hingegen, dass man zur Klärung des Erbrechts auch vollkommen losgelöst vom Erbscheinsverfahren einen so genannten Feststellungsprozess vor den Zivilgerichten anstrengen kann.

In einem solchen Verfahren beantragt der Kläger die gerichtliche Feststellung, dass er Erbe geworden ist.

Auch in diesem Verfahren stehen mehrere Instanzen zur Verfügung, in denen man ein für die eigenen Interessen ungünstiges Urteil von der nächst höheren Instanz überprüfen lassen kann.

Ein Feststellungsprozess kann sogar dann noch angestrengt werden, wenn das Erbscheinverfahren bereits abgeschlossen ist.

Erbscheinverfahren bindet das Zivilgericht nicht

Das Ergebnis eines Erbscheinverfahrens vor Gericht ist auch in keiner Weise vorgreiflich für einen Feststellungsprozess, will heißen, der Richter in einem Feststellungsprozess ist nicht an das Ergebnis des Erbscheinverfahrens gebunden.

Es ist also durchaus vorstellbar, dass ein auch in letzter Instanz bestätigter Erbschein nach Durchführung eines Feststellungsprozesses als unrichtig eingezogen werden muss.

Wird ein Erbscheinverfahren neben einem Feststellungsprozess betrieben, dann wird das Verfahren auf Erteilung des Erbscheins in aller Regel bis zur Beendigung des Zivilprozesses ausgesetzt.

Wenngleich es in beide Verfahren inhaltlich im wesentlichen um die selben Fragen gehen wird, unterscheiden sich die Verfahren doch in wesentlichen Punkten.

Massive Unterschiede der beiden möglichen Verfahren

Während im Erbscheinverfahren der so genannte Amtsermittlungsgrundsatz gilt und das Gericht dort den entscheidungserheblichen Sachverhalt selber ermitteln muss, gilt im Feststellungsprozess die Parteimaxime.

Dies bedeutet, dass im Feststellungsprozess der Sachverhalt von den Parteien vorgetragen werden muss. Was nicht von einer der beiden Parteien in das Verfahren eingebracht wird, kann auch nicht vom Gericht verwertet werden.

Wenn man also als Beteiligter über nur unzureichende Informationen zum Erbfall verfügt, ist man gegebenenfalls im Erbscheinverfahren besser aufgehoben.

Auch in der Frage der Kostentragungspflicht unterscheiden sich die beiden Verfahren.

Während im Feststellungsprozess vor den Zivilgerichten immer der Unterlegene die volle Kostenlast (Anwalts- und Gerichtsgebühren) trägt, § 91 ZPO (Zivilprozessordnung), kann das Gericht im Erbscheinverfahren die Kosten nach freiem Ermessen verteilen, § 81 FamFG (Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit).

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