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Grundbuchamt fordert trotz notariellem Erbvertrag einen Erbschein – Zu Recht?

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG München – Beschluss vom 30.11.2016 – 34 Wx 363/16

  • Dienstbarkeit im Grundbuch soll nach Erbfall gelöscht werden
  • Antragstellerin legt notariellen Erbvertrag zum Nachweis ihrer Erbenstellung vor
  • Grundbuchamt fordert einen Erbschein

Das Oberlandesgericht München hatte zu klären, ob das Grundbuchamt im Rahmen einer Grundbuchberichtigung zu Recht auf der Vorlage eines Erbscheins bestehen darf, wenn der Antragsteller sein Erbrecht durch einen notariellen Erbvertrag nachweisen kann.

In der Angelegenheit hatte ein Ehemann seiner Ehefrau am 20.02.2013 den Familienwohnsitz übertragen. Zugunsten des Ehemanns sah der Übertragungsvertrag vor, dass er das Anwesen auch nach dem Eigentumsübergang auf seine Frau weiter nutzen durfte.

Dieses Nutzungsrecht wurde durch eine im Grundbuch eingetragene persönliche Dienstbarkeit abgesichert. Der Vertrag sah weiter vor, dass die Eheleute zukünftige Kosten für Strom, Wasser und Heizung sowie der Instandhaltung des Anwesens gemeinsam tragen.

Schließlich war vorgesehen, dass die zugunsten des Ehemannes vereinbarte Dienstbarkeit mit dem Ableben des Ehemannes erlischt.

Die Dienstbarkeit wurde in der Folge ins Grundbuch eingetragen.

Ehemann verstirbt – Dienstbarkeit soll gelöscht werden

Der Ehemann verstarb am 22.03.2016. Die Ehefrau beantragte daraufhin beim Grundbuchamt die Löschung der Dienstbarkeit.

Das Grundbuchamt weigerte sich aber, diesem Löschungsbegehren nachzukommen. Es verwies auf die Regelung in § 23 GBO, wonach bei möglichen Rückständen von Leistungen die Dienstbarkeit nicht vor Ablauf eines Jahres löschungsfähig ist.

Das Grundbuchamt regte an, dass alternativ der Erbe des Erblassers die Löschung der Dienstbarkeit durch notarielle Erklärung bewilligen könne.

Daraufhin legte die Ehefrau als Alleinerbin ihres Ehemannes die vom Grundbuchamt geforderte notarielle Löschungsbewilligung vor.

Dies reichte dem Grundbuchamt, das in der Zwischenzeit die Nachlassakten beigezogen hatte, aber immer noch nicht.

Grundbuchamt hat Zweifel in Bezug auf die Erbfolge

Aus den Nachlassakten ergab sich nämlich, dass das Ehepaar zwei letztwillige Verfügungen hinterlassen hatte.

Zum einen existierte ein eigenhändiges gemeinsames Testament vom 01.4.1990. In diesem Testament hatten sich die Eheleute wechselseitig zu Alleinerben eingesetzt.

Weiter ordneten die Eheleute in diesem Testament aber folgendes an:

Trifft der überlebende Ehepartner keine weiteren testamentarischen Anordnungen - weil er dazu nicht willens oder nicht fähig ist - dann ist nach dem Tode des Überlebenden die gesetzliche Erbfolge grundsätzlich ausgeschlossen.
Vielmehr gilt dann und auch für den Fall, dass wir gemeinsam versterben sollten, die folgende testamentarische Bestimmung:
Erben zu gleichen Teilen:

Weiter hatten die Eheleute am 27.11.2012 einen Erbvertrag errichtet, in der der Erblasser seine Ehefrau zu seiner alleinigen Erbin eingesetzt hatte.

Das Grundbuchamt hielt die Erbfolge aufgrund dieser beiden letztwilligen Verfügungen für nicht ausreichend geklärt. Es argwöhnte, dass eine von dem gemeinsamen Testament ausgehende Bindungswirkung der Wirksamkeit des notariellen Erbvertrages im Wege stehen kann.

Ehefrau soll Erbschein vorlegen

Das Grundbuchamt forderte die Ehefrau daher auf, ihre Erbenstellung durch Vorlage eines Erbscheins nachzuweisen.

Hiergegen legte die Ehefrau Beschwerde zum Oberlandesgericht ein.

Das OLG hob die Entscheidung des Grundbuchamtes auf und hielt die Dienstbarkeit ausdrücklich auch ohne Erbschein für löschungsfähig.

Das OLG stellte fest, dass alleine auf Grundlage der vorliegenden letztwilligen Verfügungen mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden könne, dass die Ehefrau alleinige Erbin ihres Ehemannes geworden war.

OLG: Durch Auslegung ist Erbfolge festzustellen

Dem Grundbuchamt obliege es, so das OLG, durch Auslegung eines früheren gemeinschaftlichen eigenhändigen Testaments die Frage zu klären, ob die Wirksamkeit einer späteren in einem Erbvertrag vorgenommenen Erbeinsetzung von der Bindungswirkung des zeitlich früheren gemeinschaftlichen Testaments berührt wird.

Diese Auslegung des gemeinsamen Testaments aus dem Jahr 1990 ergebe vorliegend, dass dem überlebenden Ehegatten in diesem Testament lediglich ein zulässiger Änderungsvorbehalt eingeräumt wurde, nach dem ersten Erbfall die Schlusserben abweichend vom Testament zu bestimmen.

Eine Bindung des überlebenden Ehepartners an die Schlusserbeneinsetzung in dem gemeinsamen Testament konnte das OLG nicht erkennen.

Mithin stand die Erbfolge fest. Die Vorlage eines Erbscheins war überflüssig und die Dienstbarkeit konnte aus dem Grundbuch gelöscht werden.

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