Wie kann der Erbe seine Haftung vermeiden?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Ausschlagung der Erbschaft entledigt den Erben aller Haftungssorgen.
  • Bei unübersichtlichem Nachlass kann der Erbe eine Nachlassverwaltung beantragen.
  • Bei überschuldetem Nachlass kann der Erbe auch nach Annahme der Erbschaft ein Nachlassinsolvenzverfahren beantragen.

Der Erbe haftet für die Nachlassverbindlichkeiten. Diese ebenso kurze wie klare Ansage enthält § 1967 Abs. 1 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch).

In § 1967 Abs. 2 BGB wird dann weiter geklärt, dass unter dem Begriff der Nachlassverbindlichkeiten nicht nur Vermächtnisse fallen, die ein Erblasser in seinem Testament angeordnet hat oder Pflichtteilsansprüche subsumiert werden, die vom Erben zu regulieren sind. Vielmehr zählen zu den Nachlassverbindlichkeiten eben auch ausdrücklich „Schulden, die vom Erblasser herrühren“. Hat der Erblasser also zu Lebzeiten großzügig Verbindlichkeiten begründet, können diese Schulden dem Erben nach Ableben des Erblassers auf die Füße fallen.

§ 1967 BGB unterscheidet bei der Haftung des Erben auch nicht zwischen dem eigenen Privatvermögen des Erben und dem Vermögen, das der Erbe mit der Erbschaft erwirbt. Für Nachlassverbindlichkeiten haftet der Erbe grundsätzlich immer mit diesen beiden Vermögensmassen. Wenn der Erbe also nicht aufpasst, muss er mit eigenem Geld die Schulden des Erblassers zurück bezahlen.

Möglichkeit der Haftungsvermeidung

Der Erbe ist dieser Erbenhaftung natürlich nicht schutzlos ausgeliefert. Vielmehr bietet das Gesetz dem Erben zahlreiche Möglichkeiten, seine Haftung entweder zur Gänze auszuschließen oder diese zumindest zu begrenzen.

Folgende Wege zur Haftungsvermeidung bietet das Gesetz an:

Ausschlagung der Erbschaft

Wenn der Erbe mit der Erbschaft, aber auch mit jedweden Haftungsfragen, gar nichts mehr zu tun haben will, kann er binnen einer Frist von sechs Wochen nach Kenntnis von seiner Erbenstellung die Erbschaft ausschlagen, § 1944 BGB.

Nach einer Ausschlagung hat der Erbe mit dem Nachlass nichts mehr zu tun und muss sich auch nicht mehr um Nachlassverbindlichkeiten und Schulden des Erblassers kümmern.

Errichtung eines Nachlassinventars

Nach § 1993 BGB ist der Erbe berechtigt, ein so genanntes Nachlassinventar zu errichten und beim Nachlassgericht einzureichen. Nach § 2009 BGB begründet ein solches Nachlassverzeichnis im Verhältnis zwischen Erbe und Nachlassgläubiger zugunsten des Erbes die Vermutung, dass zur Zeit des Erbfalls weitere Nachlassgegenstände als die im Inventar angegebenen nicht vorhanden gewesen sind.

Durchführung Aufgebotsverfahren

Nachlassgläubiger können vom Erben nach § 1970 BGB durch ein so genanntes Aufgebotsverfahren aufgefordert werden, ihre gegen den Nachlass gerichteten Forderungen anzumelden. Der Erbe hat durch das Aufgebotsverfahren die Möglichkeit, seine Haftung gegenüber den Gläubigern, die sich nicht gemeldet haben, zu beschränken.

Nachlassverwaltungsverfahren

Soweit der Erbe Zweifel hat, ob der Nachlass ausreichend ist, um sämtliche Nachlassverbindlichkeiten abzudecken, kann er durch die Beantragung einer Nachlassverwaltung nach § 1975 BGB seine Haftung auf den Nachlass beschränken und so sein Privatvermögen in Sicherheit bringen.

Nachlassinsolvenzverfahren

Steht für den Erben fest, dass der Nachlass nicht ausreicht, um sämtliche Nachlassgläubiger zu befriedigen, muss unverzüglich ein Nachlassinsolvenzverfahren in die Wege geleitet werden, §§ 1975, 1980 BGB. Ziel eines solchen Insolvenzverfahrens ist wiederum die Beschränkung der Erbenhaftung.

Einrede der beschränkten Erbenhaftung im Gerichtsverfahren

Wird der Erbe vor Gericht für Nachlassverbindlichkeiten in Anspruch genommen sollte der Erbe zwingend immer den so genannten Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung nach § 780 ZPO (Zivilprozessordnung) geltend machen.

So erhält sich der Erbe die Möglichkeit, eine tatsächlich bestehende Beschränkung seiner Erbenhaftung im Wege einer so genannten Vollstreckungsabwehrklage geltend zu machen.

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