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Grundbuch wird nach einem Erbfall unrichtig – Grundbuchamt muss im Zweifel die Erben ermitteln und die Berichtigung des Grundbuchs erzwingen!

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Naumburg – Beschluss vom 03.05.2021 – 12 Wx 13/21

  • Eigentümer einer Immobilie versterben und die Erbfolge ist unklar
  • Grundbuchamt weigert sich, Maßnahmen zur Grundbuchberichtigung einzuleiten
  • Gericht weist das Grundbuchamt auf Amtsermittlungspflicht hin

Das Oberlandesgericht Naumburg hatte über die Frage zu entscheiden, ob ein Grundbuchamt bei unklarer Erbfolge verpflichtet ist, mögliche Erben zu ermitteln und diesen Erben die Grundbuchberichtigung aufzugeben.

In der Angelegenheit war ein Ehepaar im Grundbuch von Mücheln, Sachsen-Anhalt, jeweils zu ½ als Eigentümer einer Immobilie eingetragen.

Der Ehemann verstarb am 19.04.2014, die Ehefrau am 01.03.2016.

Nachlassimmobilie ist mit einer Grundschuld belastet

Im Grundbuch war seit dem Jahr 1994 zugunsten einer Bank eine Grundschuld über 50.000 DM eingetragen.

Die Bank wollte nach dem Ableben der Eheleute wegen ausstehender Forderungen die Zwangsvollstreckung in die Immobilie betreiben.

Dabei war die Bank aber mit dem Problem konfrontiert, dass im Grundbuch nach wie vor die beiden verstorbenen Eheleute als Eigentümer aufgeführt waren, da es die Erben der Eheleute verabsäumt hatten, das Grundbuch berichtigen zu lassen.

Bank regt eine Berichtigung des Grundbuchs an

Die Bank wandte sich daher mit Schreiben vom 04.02.2020 an das zuständige Grundbuchamt und regte an, gegen den oder die Erben ein Grundbuchberichtigungszwangsverfahren nach § 82 GBO einzuleiten.

Alternativ wurde darum gebeten, eine Grundbuchberichtigung von Amts wegen nach § 82a GBO vorzunehmen.

Das Grundbuchamt teilte der Bank daraufhin mit, dass die potentiellen Erben des Ehepaares grundsätzlich bekannt seien.

Unklare Erbfolge lässt das Grundbuchamt zaudern

Die Erbfolge, so das Grundbuchamt weiter, sei aber trotzdem etwas unklar, da einige Erben die Erbschaft ausgeschlagen hätten und ein nach dem Tod des Ehemannes erteilter Erbschein in der Zwischenzeit wieder eingezogen worden sei.

Von einer Einleitung von Zwangsmaßnahmen versprach sich das Grundbuchamt vor diesem Hintergrund nichts.

Das Grundbuchamt stellte der Bank aber anheim, sich als Nachlassgläubiger selber um einen Erbschein zu kümmern und auf diesem Weg die Voraussetzungen für die Grundbuchberichtigung zu schaffen.

Wer muss die Erbfolge ermitteln?

Die Bank ließ das Grundbuchamt auf diesen Vorschlag hin wissen, dass es nicht die Aufgabe eines Grundpfandgläubigers sei, nach einem Erbfall die Erbfolge zu ermitteln und sie ebenso wenig im Rahmen eines Erbscheinantrages eine bestimmte Erbfolge an Eides statt versichern könne.

Das Grundbuchamt möge die Erbfolge nach der zuletzt verstorbenen Ehefrau doch bitte selber ermitteln.

Ein solches Ansinnen lehnte das Grundbuchamt aber kategorisch ab und erließ am 13.05.2020 einen Beschluss, wonach der Antrag auf Ermittlung der Erben und der Einleitung eines Zwangsverfahrens gegen diese Erben zurückgewiesen wurde.

Bank legt Beschwerde gegen Beschluss des Grundbuchamts ein

Gegen diesen Beschluss legte die Bank Beschwerde ein und wies nochmals darauf hin, dass ihr die Beantragung eines Erbscheins weder zumutbar noch möglich sei.

Nachdem das Grundbuchamt trotz dieser deutlichen Hinweise der Bank keine weiteren Aktivitäten entfalten wollte, legte das Grundbuchamt die Beschwerde der Bank dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vor.

Das OLG gab der Bank in vollem Umfang Recht.

In seiner Entscheidung verwies das OLG darauf, dass das Grundbuchamt die Einleitung eines Grundbuchberichtigungszwangsverfahrens zu Unrecht abgelehnt habe.

Grundbuchamt muss nach einem Erbfall tätig werden

Sobald das Grundbuch nach einem Erbfall unrichtig wird, habe das Grundbuchamt einem neuen Eigentümer oder einem Testamentsvollstrecker aufzugeben, einen Grundbuchberichtigungsantrag zu stellen und die hierzu erforderlichen Unterlagen zu beschaffen.

Dabei müsse demjenigen, der vom Grundbuchamt in dieser Weise in Anspruch genommen wird, ein inhaltlich bestimmter Berichtigungsantrag vorgegeben werden.

Im vorliegenden Fall seien die verpflichteten Personen vom Grundbuchamt noch nicht ermittelt worden.

Ermittlung der Erben steht im Vordergrund

Diese Ermittlungen müssten nunmehr vom Grundbuchamt in Angriff genommen werden.

Das OLG ließ das Grundbuchamt weiter wissen, dass eine Entscheidung über eine  Grundbuchberichtigung von Amts wegen noch gar keine Veranlassung bestehen würde, da zunächst die Erben ermittelt werden müssten.

In diesem Zusammenhang könnte das Grundbuchamt nach § 82a GBO das Nachlassgericht bitten, die Erben eines verstorbenen Eigentümers zu ermitteln.

Im Ergebnis waren damit die Bemühungen des Grundbuchamtes, eigene Pflichten auf einen Grundpfandgläubiger abzuwälzen, nicht von Erfolg gekrönt.

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