Wenn der Erbe unter Betreuung steht – Woran muss man denken?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Eine betreute Person kann jederzeit Erbe werden
  • Um einen Antrag auf einen Erbschein stellen zu können, muss man geschäftsfähig sein
  • Wer gibt beim Erbscheinsantrag die eidesstattliche Versicherung ab?

Eine Person, die zum Zeitpunkt des Erbfalls lebt, kann auch Erbe werden.

Für die Fähigkeit, als Erbe eine Erbschaft anzutreten, kommt es ausdrücklich nicht darauf an, ob der Erbe eine gewisse Altersgrenze überschritten hat oder ob der Erbe noch geschäftsfähig ist.

Entsprechend kann auch jede Person, für die nach § 1896 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) eine Betreuung angeordnet wurde, als Erbe eingesetzt werden und eine Erbschaft antreten.

Ein Betreuter kann Alleinerbe und auch Miterbe werden

Der Betreute kann in einem Testament als alleiniger oder als Miterbe benannt werden.

Hat der Erblasser kein Testament und keinen Erbvertrag errichtet und zählt die Person, für die eine Betreuung angeordnet wurde, zum Verwandtenkreis des Erblassers, dann wird der Betreute nach den Grundsätzen der gesetzlichen Erbfolge gesetzlicher Erbe.

Ist der Betreute noch geschäftsfähig, dann kann er auch selber die Annahme der Erbschaft erklären, § 9 FamFG  (Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit).

Welcher Aufgabenkreis wurde dem Betreuer zugewiesen?

Ist der Betreute nicht mehr geschäftsfähig, dann kann sein Betreuer für ihn die Annahme der Erbschaft erklären.

Voraussetzung ist hier allerdings, dass dem Betreuer vom Betreuungsgericht ein entsprechender Aufgabenbereich zugewiesen ist.

Will ein Betreuer für die von ihm betreute Person hingegen eine Erbschaft ausschlagen, dann bedarf es hierfür der Genehmigung durch das Betreuungsgericht, § 1822 Nr. 2 BGB.

Jeder Geschäftsfähige kann einen Erbschein beantragen

Ist der Betreute noch geschäftsfähig, dann kann er für sich bei Bedarf nach dem Eintritt des Erbfalls bei dem zuständigen Nachlassgericht auch einen Erbschein beantragen.

Soweit dem Betreuer der Aufgabenkreis der „Vermögenssorge“ zugewiesen ist, kann er für den Betreuten einen Erbschein beantragen.

Im Rahmen der Beantragung eines Erbscheins ist regelmäßig vom Antragsteller eine eidesstattliche Versicherung vorzulegen, wonach die im Antrag gemachten Angaben zutreffend sind.

Eidesstattliche Versicherung durch den Betreuer

Ein geschäftsunfähiger Betreuter kann eine solche eidesstattliche Versicherung selber nicht abgeben.

Die eidesstattliche Versicherung für den Erbschein kann aber in Stellvertretung von dem Betreuer abgegeben werden.

Oft wird hier auch der Erlass der Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung durch den Betreuer nach § 352 Abs. 3 S. 4 FamFG in Frage kommen.

Sind Betreuer und die betreute Person Mitglied ein und derselben Erbengemeinschaft, dann ist regelmäßig ein Ergänzungsbetreuer zu bestellen, um Interessenskonflikte für den originären Betreuer auszuschließen.

Wenn Sie in Ihrer Angelegenheit anwaltliche Hilfe benötigen, dann können Sie hier spezialisierte Rechtsanwälte finden.

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