Grundbuchberichtigung: Wie weist man dem Grundbuchamt nach, dass man keine Geschwister hat? Erbschein oder eidesstattliche Versicherung?

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Frankfurt am Main – Beschluss vom 11.03.2021 – 20 W 96/20

  • Gemeinsames Testament sieht Nacherbfolge für den Fall der Wiederverheiratung vor
  • Nach dem Tod der Ehefrau heiratete der Ehemann erneut
  • Tochter als Nacherbin bekommt bei der Grundbuchberichtigung Probleme

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hatte über die Frage zu entscheiden, wie man einem Grundbuchamt nachweisen kann, dass man keine Geschwister hat.

In der Angelegenheit hatte ein Ehepaar am 24.01.1978 ein notarielles gemeinsames Testament errichtet.

In diesem Testament setzten sich die Eheleute gegenseitig zu Vorerben ein.

Die Eltern erwähnen ihre Tochter in ihrem Testament

Nacherben sollten nach den Bestimmungen in dem Testament die "gemeinschaftlichen Abkömmlinge" zu gleichen Teilen sein. Namentlich erwähnt war in dem Testament eine gemeinsame Tochter der Eheleute.

Der Nacherbfall sollte mit dem Ableben des Vorerben bzw. bei einer Wiederverheiratung des Vorerben eintreten.

Die Ehefrau verstarb im Jahr 2007. Sie war Eigentümerin einer Immobilie. Die mit dem Erbfall zunächst an ihren Ehemann als Vorerben ging.

Der Ehemann heiratet erneut

Am 30.11.2016 heiratete der Ehemann erneut.

Nachdem mit der Wiederverheiratung des Ehemannes gemäß den Bestimmungen des gemeinsamen Testaments der Nacherbfall ausgelöst wurde, machte die Tochter der Eheleute ihr Erbrecht geltend und beantragte beim Grundbuchamt die Umschreibung des Eigentums an der Nachlassimmobilie.

Zur Begründung dieses Berichtigungsanspruchs legte die Tochter der Eheleute das notarielle Testament ihrer Eltern aus dem Jahr 1978, die Heiratsurkunde ihres Vaters aus dem Jahr 2016 sowie eine von der Tochter abgegebene eidesstattliche Versicherung vor, wonach sie das einzige Kind ihrer Eltern sei.

Grundbuchamt fordert einen Erbschein an

Das Grundbuchamt reagierte auf diesen Berichtigungsantrag mit einer Zwischenverfügung, wonach die Antragstellerin doch bitte einen Erbschein zum Nachweis ihres Erbrechts vorlegen möge.

Die Behörde wies darauf hin, dass es nicht Gegenstand eines Grundbuchverfahrens sein könne, die Voraussetzungen für den Eintritt des Nacherbfalls zu prüfen.

Die Nacherbin konnte diese Argumentation des Grundbuchamtes nicht nachvollziehen und vertrat die Auffassung, dass ein Erbschein in entsprechender Anwendung des § 35 Abs. 3 GBO nicht erforderlich sei.

Beschwerde gegen die Entscheidung des Grundbuchamtes

Das Grundbuchamt verblieb aber bei seiner Rechtsmeinung und beharrte auf der Vorlage eines Erbscheins.

Die Nacherbin legte daraufhin gegen die Entscheidung des Grundbuchamtes Beschwerde zum Oberlandesgericht ein.

Das Rechtsmittel hatte teilweise Erfolg.

Erbfolge ist durch öffentliche Urkunden nachzuweisen

Das OLG wies in seiner Entscheidung darauf hin, dass die Voraussetzungen für eine Grundbuchberichtigung nach § 29 GBO grundsätzlich durch öffentliche Urkunden nachzuweisen seien.

Trotz des Vorliegens eines notariellen Testaments könne das Grundbuchamt aber auf der Vorlage eines Erbscheins bestehen, wenn es den Nachweis der Erbfolge aufgrund der vorgelegten Urkunden nicht für gegeben ansieht.

Soweit ein notarielles Testament eine bedingte Erbeinsetzung enthalte, könne das Grundbuchamt „einen Erbschein oder für den Nachweis ausreichende Erklärungen der Beteiligten in der Form des § 29 GBO zu verlangen.“

Hat die Nacherbin Geschwister?

Von der Nacherbin sei bisher der Nachweis, wonach sie alleiniges Kind ihrer Eltern sei, noch nicht erbracht worden.

Diese Lücke könne aber durch eine eidesstattliche Erklärung beider Elternteile, oder, soweit ein Elternteil bereits verstorben ist, durch eine eidesstattliche Erklärung des noch lebenden Elternteils geschlossen werden.

Die eidesstattliche Versicherung des betroffenen Kindes alleine, wonach keine Geschwister vorhanden sind, sah das OLG nicht als ausreichend an.

Nach dieser Entscheidung musste die Nacherbin zum Nachweis ihres Erbrechts zwar keinen (kostenpflichtigen) Erbschein vorlegen.

Es blieb ihr aber nicht erspart, eine eidesstattliche Versicherung ihres Vaters beizubringen.

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