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Erblasser wünscht seiner Frau in seinem Testament ein langes Leben – Liegt darin die Anordnung einer befreiten Vorerbschaft?

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG München – Beschluss vom 09.01.2019 – 31 Wx 39/18

  • Erblasser setzt seine Ehefrau als Vorerbin und Kinder als Nacherben ein
  • Es entsteht Streit über die Frage, ob die Ehefrau befreite Vorerbin ist
  • Das Testament liefert hierzu keine klare Aussage

Das Oberlandesgericht München hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob ein Erblasser in seinem Testament seine Ehefrau als befreite oder als nicht befreite Vorerbin eingesetzt hatte.

Der Erblasser war in zweiter Ehe verheiratet und im Jahr 2016 verstorben. Aus seiner ersten Ehe hatte der Erblasser eine Tochter A und einen Sohn.

Die zweite Ehefrau hatte in die Ehe mit dem Erblasser bereits einen eigenen Sohn C mitgebracht.

Erblasser verfasst privatschriftliches Testament

Am 19.10.2015 errichtete der Erblasser ein Testament. Dieses Testament hatte folgenden Wortlaut:

„Mein Testament
Ich G.J.H. geb. … in M. verfüge als meinen letzten Willen folgendes:
Meine Ehefrau soll Alleinerbin werden.
Nach ihrem hoffentlich späten Ableben, soll der Besitz an A + C je zur Hälfte übergehen …
Eigenhändige Unterschrift des Erblassers.“

Der Nachlass des Erblassers bestand im Wesentlichen aus einer eigengenutzten Immobilie, die einen Wert von rund 570.000 Euro hatte, aber noch mit Schulden in Höhe von ca. 185.000 Euro belastet war.

Nach dem Ableben des Erblassers erteilte das Nachlassgericht München der Ehefrau des Erblassers einen Erbschein, in dem die Ehefrau als befreite Vorerbin des Erblassers ausgewiesen war.

Nacherbin legt gegen Erbschein Beschwerde ein

Gegen diesen Erbschein protestierte aber die als Nacherbin eingesetzte Tochter A. Die Tochter vertrat die Auffassung, dass die zweite Ehefrau in dem vorliegenden Testament allenfalls als nicht befreite und gerade nicht als befreite Vorerbin eingesetzt worden war.

Das Nachlassgericht prüfte daraufhin den erteilten Erbschein und befand seine Entscheidung, die Ehefrau als befreite Vorerbin einzustufen, aber als richtig.

Die Angelegenheit musste daraufhin vom Oberlandesgericht entschieden werden.

Das OLG gab der Tochter A Recht und wies das Nachlassgericht an, den bereits erteilten Erbschein als unrichtig einzuziehen.

OLG: Vorerbin ist nicht befreit

Das OLG kam in seiner Entscheidung zu der Einschätzung, dass das Testament des Erblassers zwar die Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft enthalte. Die Ehefrau sei in diesem Testament aber lediglich als „normale“ und nicht befreite Vorerbin eingesetzt worden.

Das OLG ging dabei davon aus, dass der Regelfall eine nicht befreite Vorerbschaft sei.

Der Erblasser könne den Vorerben freilich von den gesetzlich vorgesehenen Beschränkungen befreien. Diese Befreiung könne der Erblasser durch eine ausdrückliche Anordnung in seinem Testament vornehmen.

Auch ohne ausdrückliche Anordnung könne eine Auslegung des Testaments ergeben, dass der Erblasser eine Befreiung seines Vorerben gewollt habe.

Mögliche stillschweigende Befreiung des Vorerben

Es sei sogar im Einzelfall eine stillschweigende Befreiung des Vorerben im Testament denkbar.

Dies vorausgeschickt kam das OLG aber im zu entscheidenden Fall zu dem Ergebnis, dass der Erblasser weder eine Befreiung angeordnet hatte noch ergebe sich ein darauf gerichteter Wille des Erblassers durch eine Auslegung des Testaments.

Insbesondere aus dem Umstand, dass der Erblasser seiner Ehefrau in seinem Testament ein langes Leben gewünscht und auch ein Kind der Ehefrau als Nacherben eingesetzt hatte, könne man, so das OLG, keine Rückschlüsse auf einen Willen des Erblassers ziehen, seine Ehefrau als befreite Vorerbin einzusetzen.

Die Ehefrau habe selber keinen wesentlichen Beitrag zum Vermögenserwerb des Erblassers geleistet. Dies sei ohne sonstige Hinweise regelmäßig ein Indiz gegen eine Befreiung der Ehefrau als Vorerbin.

Auch eine ergänzende Testamentsauslegung in Richtung auf eine befreite Vorerbschaft lehnte das OLG ab. Ein entsprechender Wille des Erblassers sei nämlich, so das Gericht, dem Testament auch nicht ansatzweise entnehmbar.

Im Ergebnis musste sich die Ehefrau mit der für sie schlechteren Position einer nicht befreiten Vorerbin zufrieden geben.

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