Bekommt man vom Nachlassgericht im Erbfall Hilfestellung?
- Nachlassgericht ist keine zentrale Anlaufstelle für die Abwicklung einer Erbschaft.
- Aufgabenkreis des Nachlassgerichts ist im Gesetz definiert.
- Die Auseinandersetzung der Erbschaft muss von den Erben selber vorgenommen werden.
Ist ein Todesfall eingetreten, sind die nahen Angehörigen und Verwandten des Erblassers in der Regel erst einmal überfordert. Neben der Trauer über den Verlust eines Menschen sind die Angehörigen mit rechtlichen Fragen konfrontiert, mit denen sie mangels Erfahrung nur sehr bedingt umgehen können.
Neben rein formalen Erfordernissen, wie zum Beispiel dem Beantragen einer Sterbeurkunde, Änderungen des Grundbuchs oder dem Ausfüllen einer Erbschaftsteuererklärung, besteht oft eine große Unsicherheit, wie mit dem Nachlass, mit anderen Erben, Vermächtnisnehmern oder Pflichtteilsberechtigten umgegangen werden soll.
Betroffene wenden sich in dieser Situation manchmal in der Hoffnung an das örtliche Nachlassgericht, dort belastbare Aussagen zu den drängendsten Fragen zu erhalten. Und werden dort regelmäßig enttäuscht …
Nachlassgericht fungiert nicht als Auskunftsstelle
Tatsächlich fungiert das Nachlassgericht nicht als allgemeine Informationsquelle für Fragen, die sich um die Abwicklung einer Erbschaft drehen. So ist das Nachlassgericht ausdrücklich nicht zuständig für Fragen von Betroffenen
- ob und wann man auf einzelne Nachlassgegenstände zugreifen kann,
- ob ein bestimmtes Testament wirksam ist oder nicht,
- unter welchen Voraussetzungen man einen Pflichtteil geltend machen kann,
- ob man die Erbschaft annehmen oder ausschlagen soll,
- wie hoch die zu erwartende Erbschaftsteuer ist,
- wie lange eine Teilung eines Nachlasses dauert,
- usw.
Der Aufgabenkatalog des Nachlassgerichts ist vielmehr auf eine formal saubere amtliche Abwicklung eines Erbfalls ausgerichtet und beschränkt sich auf ein paar wenige, dem Nachlassgericht durch Gesetz übertragene, Aufgaben.
Aufgaben des Nachlassgerichts
Nach § 342 FamFG (Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit) ist das Nachlassgericht abschließend für folgende Aufgaben im Zusammenhang mit einem Erbfall zuständig:
- Verwahrung von Testamenten und Erbverträgen
- Sicherung des Nachlasses bei Bedarf
- Das Eröffnen von Testamenten
- Ermittlung von Erben
- Entgegennahme von Erklärungen
- Erteilung von Erbscheinen
- Formale Akte in Bezug auf eine Testamentsvollstreckung
- Nachlassverwaltung als Form der Nachlasspflegschaft
Bis auf den vorstehenden Katalog von Tätigkeiten hält sich das Nachlassgericht bei der Abwicklung einer Erbschaft komplett zurück. Auch eine Ermittlung von Erben betreibt das Nachlassgericht nicht in dem Sinne, dass es verpflichtet wäre, mit letzter Konsequenz jeden nur erdenklich in Frage kommenden Erben von Amts wegen zu ermitteln.
Eine von Amts wegen zu beachtende Erben-Ermittlungspflicht sehen ohnehin nur einige landesrechtliche Bestimmungen vor (so für Bayern Art. 37 AGGVG; für Baden-Württemberg § 41 LFGG). Eine bundesrechtliche Vorschrift, die dem Nachlassgericht eine Pflicht auferlegen würde, Erben zu ermitteln, gibt es nicht.
Das Nachlassgericht nimmt jedoch regelmäßig im Rahmen der Eröffnung eines Testaments zu sämtlichen betroffenen gesetzlichen und testamentarischen Erben Kontakt auf.
Hat der Erblasser keinen letzten Willen hinterlassen, so kann das Nachlassgericht mit Hilfe der Angaben in der Sterbeurkunde tätig werden. Nachdem eine Kopie der Sterbeurkunde dem Nachlassgericht vom Standesamt übermittelt wird, hat das Nachlassgericht zumindest mit derjenigen Person, die den Sterbefall beim Standesamt angezeigt hat, einen ersten Ansprechpartner zur Ermittlung von in Frage kommenden Erben.
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