Ein zum Nachlasspfleger bestellter Rechtsanwalt kann für seine Tätigkeit unter Umständen ein Anwaltshonorar abrechnen!
OLG Rostock – Beschluss vom 22.04.2021 – 3 W 70/18
- Rechtsanwalt wird als Nachlasspfleger eingesetzt
- Nachlasspfleger rechnet für konkrete Tätigkeit Anwaltsgebühren ab
- Nachlassgericht besteht auf eine Abrechnung auf Zeitbasis
Das Oberlandesgericht Rostock hatte über die Berechtigung einer Honorarnote zu entscheiden, die ein als Nachlasspfleger eingesetzter Anwalt gestellt hatte.
In der Angelegenheit war ein Erblasser am 23.01.1999 verstorben.
Die gesetzlichen Erben des Erblassers gingen davon aus, dass der Nachlass überschuldet ist und schlugen die Erbschaft aus.
Rechtsanwalt wird als Nachlasspfleger eingesetzt
Daraufhin setzte das Nachlassgericht einen Rechtsanwalt mit dem Wirkungskreis Verwaltung und Sicherung des Nachlasses als Nachlasspfleger ein.
In der Folge stellte der Nachlasspfleger fest, dass zum Nachlass ein Gesellschaftsanteil an einer Grundbesitzgesellschaft gehörte.
Am 26.10.2017 wurde dieser Grundbesitz mit notariellem Vertrag, an dem auch der Nachlasspfleger beteiligt war, veräußert.
Nachlasspfleger verlangt Anwaltshonorar
Für diese Tätigkeit beantragte der Nachlasspfleger die Gestattung der Entnahme einer Vergütung in Höhe von 2.217,81 Euro aus dem Nachlass.
Seine Vergütung hatte der Anwalt ausdrücklich nicht als Zeithonorar berechnet, sondern er machte hier Gebühren auf Grundlage des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes geltend.
Das Nachlassgericht wollte diese Art der Abrechnung nicht akzeptieren. Es wies den Betroffenen darauf hin, dass er das Zustandekommen des Grundstückskaufvertrages vorliegend als Nachlasspfleger und nicht als Rechtsanwalt begleitet habe.
Nachlassgericht will nur einen Stundenlohn bewilligen
Das Nachlassgericht wies den Betroffenen an, seine Vergütung nach Zeitaufwand und Stundensatz abzurechnen und nicht auf Basis eines Anwaltshonorars.
Gegen diese Entscheidung legte der Betroffene Beschwerde zum Oberlandesgericht ein.
Das OLG gab der Beschwerde statt und billigte dem Betroffenen das geltend gemachte Anwaltshonorar in voller Höhe zu.
Hat der Nachlasspfleger spezifische Kenntnisse?
Das OLG wies in seiner Entscheidung darauf hin, dass sich die Höhe einer Vergütung für einen Nachlasspfleger grundsätzlich „nach den für die Führung der Pflegschaftsgeschäfte nutzbaren Fachkenntnissen des Pflegers sowie nach dem Umfang und der Schwierigkeit der Pflegschaftsgeschäfte“ richte.
Darüber hinaus könne aber ein Nachlasspfleger nach § 1835 Abs. 1 BGB unter Umständen einen Aufwendungsersatzanspruch geltend machen.
Ein solcher Aufwendungsersatzanspruch nach § 1835 BGB komme bei einer Nachlasspflegschaft für Anwaltskosten dann in Betracht, wenn sich ein Nichtjurist für das konkrete Geschäft eines Rechtsanwaltes bedienen würde.
Anwaltshonorar als Aufwendungsersatz gerechtfertigt
Aus dem Umstand, dass der Nachlasspfleger über konkrete berufsspezifische Kenntnisse verfüge, solle dem Betreuten kein Vorteil entstehen.
Eine anwaltsspezifische Tätigkeit dürfe ein Nachlasspfleger, der gleichzeitig Rechtsanwalt ist, auch ein Anwaltshonorar geltend machen.
Nachdem das OLG dem Betroffenen aber attestierte, dass er vorliegend einen nicht unerheblichen Zeitaufwand mit Verhandlungen rund um die Grundstücksveräußerung hatte, durfte der Nachlasspfleger im konkreten Fall auch eine Rechnung als Anwalt stellen.
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