Ein Miterbe verweigert in der Erbengemeinschaft die Zusammenarbeit – Was kann man machen?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Erben müssen grundsätzlich gemeinsam bzw. mit Mehrheitsbeschluss handeln
  • Der Erbe, der sich verweigert, muss vor Gericht verklagt werden
  • Ein Nachlasspfleger ist nicht für eine zerstrittene Erbengemeinschaft zuständig

Hat ein Erblasser mehr als nur einen Erben hinterlassen, dann bilden die mehreren Erben automatisch und kraft Gesetz eine so genannte Erbengemeinschaft.

Dieser Automatismus tritt unabhängig davon ein, ob die Erben eine solche Erbengemeinschaft überhaupt bilden wollen. Auch nimmt das Gesetz keine Rücksicht darauf, ob sich die verschiedenen Erben sympathisch finden oder überhaupt noch miteinander reden.

Oft erweist sich eine zwangsweise gebildete Erbengemeinschaft für die einzelnen Erben deswegen als außerordentlich mühsam, da das Gesetz nämlich vorsieht, dass die Erben die Verwaltung und die Auseinandersetzung des Nachlasses grundsätzlich gemeinsam vornehmen müssen.

Wenn es aber zwischen den Erben bereits vor dem Erbfall kaum Kontakt und noch weniger Zuneigung gegeben hat, dann eskaliert in vielen Fällen die Situation nach dem Erbfall erst recht.

Blockade in der Erbengemeinschaft

Das führt in der Praxis dann oft zu einer völligen Blockade der Erbengemeinschaft. So kommt es mitunter vor, dass sich die Parteien nicht einmal auf eigentlich selbstverständliche Maßnahmen wie die Verwaltung einer im Nachlass befindlichen Immobilie oder auch die Begleichung einer Steuerschuld des Erblassers verständigen können.

Häufig wird der Stillstand in einer Erbengemeinschaft alleine durch die Verweigerungshaltung eines Miterben ausgelöst. Spätestens wenn im Einzelfall gute Worte und jegliche Kontaktversuche von dem sich verweigernden Miterben schlicht ignoriert werden, müssen sich die anderen Miterben mit der bestehenden Gesetzeslage und ihren rechtlichen Möglichkeiten beschäftigen.

Die handlungswilligen Miterben werden dabei sehr schnell feststellen, dass die gesetzlichen Regelungen zur Erbengemeinschaft nicht dazu angetan sind, eine schnelle Einigung herbeizuführen.

Die maßgeblichen Normen für die Mitglieder einer Erbengemeinschaft finden sich in § 2038 BGB und § 2040 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch). Danach gilt:

Die Verwaltung des Nachlasses steht den Erben gemeinschaftlich zu. Jeder Miterbe ist den anderen gegenüber verpflichtet, zu Maßregeln mitzuwirken, die zur ordnungsmäßigen Verwaltung erforderlich sind; die zur Erhaltung notwendigen Maßregeln kann jeder Miterbe ohne Mitwirkung der anderen treffen.

und

Die Erben können über einen Nachlassgegenstand nur gemeinschaftlich verfügen.

Hinter diesen wenigen Worten versteckt sich für den einzelnen Erben oft erheblicher Sprengstoff.

Verwaltungsmaßnahmen können nämlich grundsätzlich nur einstimmig bzw. mit Stimmenmehrheit beschlossen werden

Das Gesetz gibt hier vor, dass so genannte außerordentliche Maßnahmen (mit erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung) zur Verwaltung des Nachlasses nur mit Einverständnis aller Miterben vorgenommen werden können.

Soweit die konkrete Maßnahme nicht außerordentlich (also nicht von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung) ist, so genügt innerhalb einer Erbengemeinschaft die Stimmenmehrheit zur Vornahme der Handlung.

Nur wenn die konkrete Maßnahme notwendig ist, der Nachlass also ohne die Maßnahme Schaden nehmen würde, kann auch ein Miterbe alleine die Maßnahme mit Wirkung für und gegen die Erbengemeinschaft vornehmen.

Verfügungen über Nachlasswerte erfordern wiederum zwingend gemeinschaftliches Handeln aller Erben.

Dieses rechtliche Gerüst ist im konkreten Erbfall eher ungeeignet, um in der Erbengemeinschaft schnell und pragmatisch Entscheidungen treffen und vor allem auch umsetzen zu können.

Erben können sich oft nicht einigen

In aller Regel herrscht zwischen den Erben nämlich bereits Uneinigkeit über die Frage, ob es sich bei dem zu klärenden Punkt überhaupt um eine Verwaltungsmaßnahme handelt und ob diese Verwaltungsmaßnahme außerordentlich, ordentlich oder notwendig ist.

Hinzu kommt häufig, dass handlungswillige Miterben oft tatsächlich an der Vornahme einer Handlung gehindert sind, da sie beispielsweise nicht alleine über ein Nachlasskonto verfügen können.

Zwar ist jeder Miterbe grundsätzlich verpflichtet, an einer ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses mitzuwirken und der sich verweigernde Miterbe macht sich gegenüber den anderen Erben grundsätzlich schadensersatzpflichtig.

Ein Hinweis auf diesen Grundsatz löst die Blockade aber nur in den seltensten Fällen.

Am Ende bleibt die Klage gegen den Miterben

Im Ernstfall bleibt demjenigen Erben, der eine nachlassbezogene Maßnahme durchführen will, für die zumindest ein Mehrheitsbeschluss erforderlich ist, daher nur der Weg vor die staatlichen Gerichte. Er muss denjenigen Miterben, die sich nicht an der Verwaltung beteiligen wollen, auf Zustimmung zu einer bestimmten Maßnahme verklagen. Gewinnt der klagende Erbe den Prozess, dann ersetzt das Urteil nach § 894 ZPO die Zustimmung des sich verweigernden Erben.

Eine Klage durch den Erben ist oft auch deswegen der einzige Weg, da es für eine in sich zerstrittene und uneinige Erbengemeinschaft keine Unterstützung durch das Nachlassgericht oder eine sonstige Behörde gibt.

Insbesondere ist die Einsetzung eines Nachlasspflegers für den Fall einer zerstrittenen Erbengemeinschaft nicht vorgesehen. Solange Erben vorhanden sind, müssen die sich selber um den Nachlass kümmern. Ein Nachlasspfleger nimmt den Erben diese Aufgabe nicht ab.

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