Rechtsanwalt Dr. Georg Weißenfels ・ Theresienstraße 1 ・ 80333 München

Ein Miterbe nutzt einen Nachlassgegenstand alleine – Bekommen die anderen Miterben einen finanziellen Ausgleich?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Exklusive Nutzung eines Nachlassgegenstandes durch einen Erben bleibt oft folgenlos
  • Wann haben die Miterben einen Anspruch auf finanziellen Ausgleich?
  • OLG München widerspricht dem Bundesgerichtshof

Niemand ist auf die Mitgliedschaft in einer Erbengemeinschaft vorbereitet.

Eine Erbengemeinschaft entsteht immer dann, wenn der Erblasser mehr als einen Erben hinterlässt.

Hat der Erblasser mithin in seinem Testament zwei oder mehr Erben benannt oder gibt es bei Geltung der gesetzlichen Erbfolge mehr als zwei Erben, dann entsteht eine Erbengemeinschaft. Ob die beteiligten Erben dies wollen oder nicht.

Eine Erbengemeinschaft soll gemeinsam handeln

Ist eine Erbengemeinschaft entstanden, dann ist dies für die beteiligten Erben mit zahlreichen Einschränkungen verbunden. Grundsätzlich müssen die Erben nämlich gemeinschaftlich handeln. Keinem Erben steht das Recht zu, einen Nachlassgegenstand für sich exklusiv reklamieren und die anderen Erben von der Nutzung eines bestimmten Nachlassgegenstandes auszuschließen.

So die graue Theorie. In der Praxis passiert es natürlich immer wieder, dass einer von mehreren Erben einen bestimmten Nachlassgegenstand für sich alleine nutzt und die anderen Erben damit ausschließt.

Häufig kommt dies z.B. in Zusammenhang mit Nachlassimmobilien vor, die von nur einem Erben nach dem Tod des Erblassers zu Wohnzwecken genutzt wird.

Oft bleiben Miterben inaktiv

In solchen Fällen reagieren diejenigen Erben, die die Nachlassimmobilie nicht nutzen, häufig erst einmal gar nicht.

Wenn sich die Nutzung durch den einen Erben aber dann verstetigt und sich die Auseinandersetzung des Nachlasses über Monate oder sogar Jahre hinzieht, dann fragen sich die anderen Erben zuweilen, ob sie diese exklusive Nutzung durch den einen Miterben hinnehmen müssen oder ob sie für die Nutzung nicht zumindest einen finanziellen Ausgleich erhalten können.

Zunächst einmal gilt hier die Regel in § 2038 Abs. 2 BGB i.V.m. § 743 Abs. 2 BGB.  Danach ist jeder Erbe zum Gebrauch des gemeinschaftlichen Nachlassgegenstands nur insoweit befugt, als nicht der Mitgebrauch der übrigen Erben beeinträchtigt wird.

Man darf als Erbe Nachlassgegenstände nutzen

Solange die anderen Erben nicht fordern, den betroffenen Nachlassgegenstand ebenfalls gebrauchen zu können, darf der eine Erbe den Nachlassgegenstand für sich nutzen, § 857 BGB.

Fordern die anderen Miterben aber einen Mitgebrauch oder eine Mitbenutzung, dann hat jeder einzelne Miterbe einen Anspruch darauf, dass unter den Erben eine Regelung zur Benutzung des betroffenen Nachlassgegenstandes getroffen wird, § 745 Abs. 2 BGB.

Praxisrelevant ist darüber hinaus oft die Frage nach einem finanziellen Ausgleich für eine bereits erfolgte Nutzung eines Nachlassgegenstandes durch nur einen Erben.

Wann gibt es einen finanziellen Ausgleich für die Nutzung?

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist ein solcher Ausgleich unter den Erben nur dann möglich, wenn unter den Erben eine Vereinbarung über die Nutzung oder ein Mehrheitsbeschluss vorliegt.

An dieser speziellen Voraussetzung scheitern häufig Ansprüche der Miterben auf Nutzungsersatz. Oft bleiben Erben nämlich einfach inaktiv und fordern ihre Rechte nicht ein. In diesen Fällen ist ein Anspruch auf einen finanziellen Ausgleich für die in der Vergangenheit liegende Nutzung zumindest nach der Rechtsprechung des BGH regelmäßig nicht durchsetzbar.

Betroffene Erben können aber aus einem Urteil des OLG München vom 23.10.2003, Az.: 6 U 2393/03, Hoffnung ziehen.

Oberlandesgericht widerspricht dem Bundesgerichtshof

Das Oberlandesgericht München hat in diesem Urteil der Rechtsauffassung des BGH nämlich explizit widersprochen.

Zu der Problematik der Nutzung eines gemeinschaftlichen Gegenstandes durch nur einen Teilhaber hat das OLG München in dem vorgenannten Urteil folgendes festgehalten:

„Nach Auffassung des Senats bestimmt § 743 Abs. 2 BGB, dass jeder Teilhaber den gemeinschaftlichen Gegenstand nutzen kann, soweit der andere Teilhaber nicht beeinträchtigt wird. Nicht bestimmt ist, dass diese Nutzung kostenlos erfolgen kann. Dagegen bestimmt § 743 Abs. 1 BGB, dass jedem Teilhaber der seinem Anteil entsprechende Bruchteil der Gebrauchsvorteile gebührt. Insoweit schließt sich der Senat der Meinung in der Literatur an, wonach die Gebrauchsvorteile, die ein Teilhaber über seinen Anteil hinaus durch die Benutzung der Erfindung nach dem gemeinsamen Recht erlangt, den anderen Teilhabern durch eine Geldleistung auszugleichen sind.“

Ein Ausgleichsanspruch ist nach dem Urteil des OLG München damit nicht davon abhängig, dass den anderen Miterben die Mitbenutzung des Nachlassgegenstandes hartnäckig verweigert wird oder vorab eine Vereinbarung über die Nutzung getroffen wird.

Diese vom OLG München geäußerte Rechtsauffassung ist in der Literatur durchaus auf Zustimmung gestoßen. Der BGH hat das Urteil des OLG München jedoch in der Revisionsinstanz aufgehoben …

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