Wer braucht eine Patientenverfügung?

Von: Dr. Georg Weißenfels

Die Frage, wer eine so genannte Patientenverfügung benötigt, lässt sich nicht ohne weiteres beantworten.

Mit Hilfe einer Patientenverfügung kann man im Voraus und vor Eintritt der Behandlungsbedürftigkeit bestimmen, ob man im Krankheitsfall mit der Vornahme bestimmter Heilbehandlungen oder ärztlicher Eingriffe einverstanden ist.

Man kann also durch eine Patientenverfügung selbstbestimmt festlegen, ob und mit welcher Intensität ärztliche Behandlungen für den Fall vorgenommen werden sollen, dass man selber nicht mehr in der Lage ist, im konkreten Einzelfall eine Entscheidung über Art und Umfang einer ärztlichen Behandlung zu treffen.

Man muss keine Patientenverfügung errichten

Niemand ist verpflichtet, eine Patientenverfügung zu errichten. Entschließt man sich, keine Patientenverfügung zu erstellen, gelten im Krankheitsfall für behandelnde Ärzte die gesetzlichen Vorschriften. Ohne Vorliegen einer Patientenverfügung werden die Ärzte regelmäßig versuchen, das Leben ihres Patienten so lange wie möglich zu erhalten.

Ob und in welchem Umfang jeder Einzelne hier für den Krankheitsfall in den ärztlichen Behandlungsprozess eingreifen will und sich im Voraus beispielsweise gegen lebenserhaltende oder lebensverlängernde Behandlungsmaßnahmen entscheidet, muss jeder Mensch mit sich selber ausmachen.

Es gibt in diesem Zusammenhang nicht die „eine“ Patientenverfügung. Es kursieren zwar mittlerweile jede Menge Muster für eine Patientenverfügung. Trotzdem muss sich jeder, der eine solche Verfügung errichten will, im Vorfeld darüber klar werden, was er will, welche Intentionen er hat und wie er persönlich mit dem Tod, einer krankheitsbedingten intensiven Pflegebedürftigkeit oder einer gegebenenfalls jahrelangen totalen Abhängigkeit von ärztlichen Behandlungsmaßnahmen umgehen will.

Wie will man auf eine Extremsituation reagieren?

Man kann sich dem Thema Patientenverfügung gut darüber nähern, indem man sich für den Ernstfall zwei extrem gegensätzliche Handlungsalternativen vergegenwärtigt:

Jeder kann beispielsweise durch ein Unfallereignis oder einen Schlaganfall von einen Tag auf den anderen stark beeinträchtigt werden. In Extremfällen droht einem hier der Verlust der bewussten Wahrnehmung seiner Umgebung und auch der Kommunikationsfähigkeit. Je nach Schwere der Erkrankung kann man nur noch künstlich ernährt und beatmet werden. Ein solcher Zustand kann sich über Monate und auch Jahre hinweg erstrecken.

Ob und in welchem Umfang ein solcher Zustand eines Menschen therapierbar ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab und kann mit Sicherheit nie vorhergesagt werden. Je nachdem, wie stark insbesondere das Gehirn durch den die Krankheit auslösenden Vorfall in Mitleidenschaft gezogen wurde, kann der Patient durchaus wieder den Weg zurück in ein selbstbestimmtes Leben finden. Gelingt dies nicht, droht im Einzelfall auch ein jahrelanges Siechtum als Wachkomapatient.

Wie man mit einer solchen Situation umgehen will, kann man mit Hilfe einer Patientenverfügung zu einem Zeitpunkt klären, zu dem man noch in der Lage ist, für das eigene Leben selbstbestimmt Entscheidungen zu treffen.

Wer für eine solche Situation den Schwerpunkt seiner Überlegungen auf die unbestreitbaren und immer weiter fortschreitenden Erfolge der Medizin legt und Wert darauf legt, dass die behandelnden Ärzte alles in ihrer Macht Stehende unternehmen, um die Chance auf eine Genesung zu erhalten, der kann diesen unbedingten Behandlungswunsch, an den sich Ärzte wie Angehörige dem Grunde nach auch zu halten haben, in seiner Patientenverfügung niederlegen.

Der extreme Gegensatz wäre der Patient, dem es vor einem gegebenenfalls jahrelangen Leben in totaler Abhängigkeit ohne jede bewusste Wahrnehmung und ohne Kommunikation mit seiner Umwelt graut. Oft wird auch die Sorge um Ehepartner, Angehörige und Freunde, denen man die erheblichen Belastungen, die mit einer so schweren Erkrankung des Patienten zwangsläufig verbunden sind, auch in Rechnung stellen.

Wer hier für sich selber entscheidet, dass er nach Abwägung aller Umstände lieber nicht auf das Prinzip Hoffnung setzt, sondern sich für einen würdevollen Tod entscheidet, der kann auch diese Entscheidung mit Hilfe entsprechender Anordnungen in seiner Patientenverfügung umsetzen.

Zwischen diesen beiden Extremen gibt es einen großen Handlungsspielraum, der durch entsprechende Festlegungen in der Patientenverfügung genutzt werden kann. Je nach Art und Schwere der Erkrankung kann man sich für oder auch gegen bestimmte ärztliche Behandlungsmaßnahmen entscheiden und damit im Zweifel eben auch in Kauf nehmen, dass durch die vorab in der Patientenverfügung getroffene Entscheidung die eigene Lebenszeit verkürzt wird.

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