Wann muss der Testamentsvollstrecker Geld an die Erben auszahlen?
- Testamentsvollstrecker muss zuerst alle Nachlassschulden begleichen
- Die Verteilung des Nachlasses durch den Testamentsvollstrecker hat zügig zu erfolgen
- Es können Abschlagszahlungen vorgenommen werden
Eine Testamentsvollstreckung ist für die Erben manchmal eine äußerst lästige Einrichtung.
Die Erben sind nämlich Rechtsnachfolger des Erblassers und als Mitglieder der Erbengemeinschaft vollwertige Eigentümer des kompletten Nachlasses; sie kommen für die Dauer der Testamentsvollstreckung nicht an ihr Eigentum heran.
Über den Nachlass, der einer Testamentsvollstreckung unterliegt, können die Erben nicht verfügen, § 2211 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch).
Der Testamentsvollstrecker nimmt den Nachlass in Besitz
Der vom Erblasser eingesetzte Testamentsvollstrecker ist der einzige, der das Recht hat, den Nachlass in Besitz zu nehmen und diesen zu verwalten, § 2205 BGB.
Wie lange der Testamentsvollstrecker zwischen Erbe und Erbschaft steht, richtet sich maßgeblich nach den Anordnungen, die der Erblasser in seinem Testament bzw. Erbvertrag gemacht hat.
So kann der Erblasser, so es ihm denn gefällt, eine so genannte Dauertestamentsvollstreckung anordnen und auf diesem Weg die Erben für eine Zeitdauer von maximal 30 Jahren nach dem Erbfall massiv in ihren Rechten beschränken, §§ 2209, 2210 BGB.
In aller Regel ist der Testamentsvollstrecker vom Erblasser aber „nur“ und vordringlich mit der Auseinandersetzung der Erbschaft unter den verschiedenen Erben beauftragt.
Regelmäßig wünscht sich der Erblasser vor allem, dass der Testamentsvollstrecker dafür sorgt, dass der Nachlass entsprechend den Vorgaben des Erblassers ohne Streit unter den Erben verteilt wird.
Wie läuft die Auseinandersetzung der Erbschaft ab?
Nach § 2204 BGB hat der Testamentsvollstrecker unter mehreren Erben die Auseinandersetzung zu „bewirken“. Diese Grundpflicht gilt für den Testamentsvollstrecker selbstverständlich auch dann, wenn er selber Miterbe und Mitglied der Erbengemeinschaft ist.
Wie diese Auseinandersetzung zu laufen hat, kann der Erblasser in seinem letzten Willen detailliert regeln. Vorgaben des Erblassers sind immer vorrangig zu berücksichtigen.
Hat sich der Erblasser aber zu den näheren Umständen der Testamentsvollstreckung nicht geäußert, dann gelten für die Nachlassauseinandersetzung vorrangig die §§ 2042 bis 2057a BGB.
Geld ist an die Erben auszuzahlen
Das grundlegende Prinzip der im Gesetz geregelten Nachlassauseinandersetzung ist dabei relativ simpel:
Zunächst hat der Testamentsvollstrecker sämtliche Nachlassverbindlichkeiten (z.B. Schulden des Erblassers, Steueransprüche, Vermächtnisansprüche) zu berichtigen.
Den nach Berichtigung der Nachlassverbindlichkeiten übrig bleibenden Nachlass hat er an die Erben nach Maßgabe der jeweiligen Erbquote auszuzahlen.
Was sich im Prinzip einfach anhört, kann in der Praxis manchmal durchaus kompliziert werden.
Warum zögert der Testamentsvollstrecker?
Gerade bei komplexeren Nachlässen führen manchmal vom Testamentsvollstrecker zu berücksichtigende Ausgleichungsvorschriften nach §§ 2050 ff. BGB, eine schwierige Verwertung einzelner Nachlassgegenstände, ungewisse Nachlassverbindlichkeiten oder ein Streit unter den Erben zu unerwünschten Verzögerungen.
Neben solchen praktischen Problemen für den Testamentsvollstrecker führen auch nicht unerhebliche Haftungsrisiken, mit denen das Amt des Testamentsvollstreckers verbunden sind, manchmal zu einer von den Erben als zögerlich empfundenen Haltung des Vollstreckers.
So muss der Testamentsvollstrecker damit rechnen, persönlich in Anspruch genommen zu werden, wenn er zum Beispiel schuldhaft die Erfüllung eines Vermächtnisses unmöglich macht, § 2219 BGB, oder aber steuerliche Pflichten als Vermögensverwalter nicht erfüllt, §§ 69, 34 AO (Abgabenordnung).
Testamentsvollstrecker muss Auseinandersetzung zügig betreiben
All diese Schwierigkeiten berechtigen den Testamentsvollstrecker allerdings nicht dazu, seine Bemühungen um eine Auseinandersetzung des Nachlasses solange einzustellen, als sämtliche Zweifelsfragen geklärt sind.
Kann er nicht einschätzen, ob und in welcher Höhe noch Nachlassverbindlichkeiten zu bedienen sind, so kann der Vollstrecker einen entsprechenden Einbehalt vornehmen.
Er kann den Erben ihren Anteil am Nachlass aber nicht solange vorenthalten, als auch die letzten Fragen geklärt sind.
Der Testamentsvollstrecker kann und sollte Teilbeträge auszahlen
So ist der Testamentsvollstrecker jederzeit berechtigt, eine Teilauseinandersetzung unter den Erben herbeizuführen und den Erben zumindest einmal den Teil ihres Erbes zur Verfügung zu stellen, den der Vollstrecker unstreitig nicht für die Erfüllung von Nachlassverbindlichkeiten benötigt.
Sitzt der Testamentsvollstrecker ungebührlich lange auf dem Nachlass und weigert er sich, Auszahlungen an die Erben vorzunehmen, können die Erben abgestuft Druck auf den Vollstrecker ausüben.
So bieten das vom Testamentsvollstrecker zwingend anzufertigende Nachlassverzeichnis ebenso wie ein vom Vollstrecker anzufertigender Teilungsplan meist Erfolg versprechende Hinweise, um dem Testamentsvollstrecker zu einer baldigen Auszahlung von Geldern zu bewegen.
Kommt angesichts einer zögerlichen Nachlassauseinandersetzung der Verdacht auf, dass der Vollstrecker Nachlassgelder zweckentfremdet, sollten die Erben umgehend von ihrem Auskunftsrecht gegenüber dem Testamentsvollstrecker Gebrauch machen und gegebenenfalls einen Antrag auf Entlassung des Vollstreckers beim Nachlassgericht anbringen, § 2227 BGB.
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