Rechtsanwalt Dr. Georg Weißenfels ・ Theresienstraße 1 ・ 80333 München

Kann man die Testierunfähigkeit eines Erblasser noch zu dessen Lebzeiten feststellen lassen?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Der Streit über die Testierfähigkeit des Erblassers kann erst nach dem Erbfall entschieden werden
  • Eine Feststellungsklage zu Lebzeiten des Erblassers ist nicht möglich
  • Auch kann kein selbstständiges Beweisverfahren angestrengt werden

Mit den Festlegungen eines Erblassers in seinem Testament wird in manchen Fällen über Millionenwerte entschieden.

Je nachdem, wen der Erblasser in seinem Testament als seinen Erben und Rechtsnachfolger benennt, geht das komplette Vermögen des Erblassers an seine Tochter, an die Ehefrau, an seine Geliebte, an die Betreuerin oder eben auch an den örtlichen Tierschutzverein.

Die große Frage: War der Erblasser testierfähig?

Ein Testament kann die Erbfolge nach dem Eintritt eines Erbfalls freilich nur dann regeln, wenn es wirksam ist. Und ein Testament ist regelmäßig dann unwirksam, wenn der Erblasser im Zeitpunkt der Errichtung des Testaments testierunfähig gewesen ist.

Nach § 2229 Abs. 4 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) gilt folgendes:

Wer wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit, wegen Geistesschwäche oder wegen Bewusstseinsstörung nicht in der Lage ist, die Bedeutung einer von ihm abgegebenen Willenserklärung einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln, kann ein Testament nicht errichten.

Wer nicht versteht, was er mit seinem Testament regelt und auch die Tragweite der in dem Testament getroffenen Verfügungen nicht überblicken kann, der ist regelmäßig testierunfähig.

Der Streit um die Testierfähigkeit nach Eintritt des Erbfalls

Erstaunlich viele Streitigkeiten im Erbrecht drehen sich um die Frage, ob der Erblasser testierfähig war und das vorliegende Testament mithin wirksam ist.

Gerade wenn hoch betagte Erblasser kurz vor ihrem Ableben ihre Erbfolge noch einmal komplett auf den Kopf stellen und ein neues Testament verfassen, dann sind diejenigen Beteiligten, die in dem neuen Testament nicht mehr bedacht sind, schnell mit dem Vorwurf bei der Hand, dass der Erblasser im Zeitpunkt der Errichtung des fraglichen Testaments testierunfähig gewesen sei.

Solche Streitfälle werden dann im Zweifel unter Zuhilfenahme diverser privater sowie gerichtlicher Gutachter und mehrerer Zeugen über mehrere Gerichtsinstanzen von den Beteiligten ausgetragen.

Einem Gericht bleibt in diesen Fällen nichts anderes übrig, als alle verfügbaren Erkenntnisquellen zu nutzen, um rückblickend über den Gesundheits- und vor allem Geisteszustand einer Person zu befinden, die nicht mehr unter den Lebenden weilt.

Wenngleich sich die Gerichte am Ende eines solchen Verfahrens immer mit dem Brustton der Überzeugung entweder für oder eben gegen die Testierfähigkeit entscheiden, darf man getrost davon ausgehen, dass in vielen Fällen auch bei den beteiligten Richtern Restzweifel bleiben, ob die Frage der Testierfähigkeit tatsächlich zutreffend beantwortet wurde.

Feststellung der Testierfähigkeit zu Lebzeiten des Erblassers möglich?

In Anbetracht solcher in vielen Fällen bestehenden Schwierigkeit, den Geisteszustand einer Person rückwirkend zu beurteilen, verwundert es nicht, dass bereits wiederholt darüber nachgedacht wurde, ob man die Frage der Testierfähigkeit nicht bereits zu Lebzeiten des betroffenen Erblassers für alle verbindlich klären kann.

Im Ergebnis wurden aber sämtliche Vorstöße, so eine lebzeitige Begutachtung des Erblassers mit gerichtlicher Hilfe durchzuführen, von den Gerichten – aus gutem Grund – als unzulässig abgeblockt.

Feststellungklage auf das eigene Erbrecht zu Lebzeiten des Erblassers ist nicht möglich

So entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass eine noch zu Lebzeiten eines Erblassers von einem Erben erhobene Feststellungsklage nach § 256 ZPO (Zivilprozessordnung), mit der letzterer sein Erbrecht festgestellt wissen will, unzulässig ist.

Die Gerichte weisen solche Klagen regelmäßig mit der Begründung ab, dass die bloße Möglichkeit, Erbe zu werden, kein Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 ZPO darstellt (so z.B. BGHZ 37, 137/143).

Mit der gleichen Begründung werden auch vor Eintritt des Erbfalls erhobene Klagen beispielsweise auf Feststellung der Gültigkeit oder der Ungültigkeit eines Testaments von den Gerichten regelmäßig abgewiesen.

Und auch die Idee, im Rahmen eines selbstständigen Beweisverfahrens nach den §§ 485 ff. ZPO die Frage der Testierfähigkeit eines Erblassers noch zu dessen Lebzeiten zu klären, haben Gerichte bisher als nicht zielführend bewertet.

Beweisverfahren zur Feststellung der Testierfähigkeit ist unzulässig

So sprach das OLG Frankfurt einem potentiellen Erben, der in einem Beweisverfahren durch Einholung eines Sachverständigengutachtens die Testierfähigkeit des Erblassers klären wollte, schlicht das „schutzwürdige Interesse“ an einem solchen Verfahren ab (OLG Frankfurt, Beschluss vom 27.01.1997, 20 W 21/97).

Ausdrücklich und mit Recht betonte das Gericht in diesem Fall das überwiegende Interesse des Erblassers, „zu seinen Lebzeiten nicht mit gerichtlichen Verfahren über seinen künftigen Nachlass behelligt zu werden“.

Weiter hielt das Gericht fest, dass die gerichtlichen Vorschriften keine Verpflichtung für einen Erblasser begründen würden, eine Untersuchung durch einen Sachverständigen zu dulden.

Die Klärung der Frage der Testierfähigkeit eines Erblassers wird daher auch zukünftig erst auf die Zeit nach dem Eintritt des konkreten Erbfalls verschoben werden müssen.

Wenn Sie in Ihrer Angelegenheit anwaltliche Hilfe benötigen, dann können Sie hier Kontakt aufnehmen.

Das könnte Sie auch interessieren:
Die Testierfähigkeit aus Sicht des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie
War der Erblasser testierfähig oder nicht? Wie kann man die Testierunfähigkeit beweisen?
Wer muss beweisen, dass der Erblasser testierunfähig war?
Über 1.000 aktuelle Entscheidungen der Gerichte zum Erbrecht

  • Brauchen Sie Hilfe beim Erstellen oder Ändern Ihres Testaments?
  • Gerne berate ich Sie auch in allen anderen erbrechtlichen Angelegenheiten.
  • Senden Sie mir über das Kontaktformular oder per Mail eine Nachricht.
  • Gerne besuche ich Sie bei Bedarf auch bei Ihnen zu Hause.
Anwalt für Erbrecht
Rechtsanwalt
Dr. Georg Weißenfels
Theresienstraße 1
80333 München
Telefon: 089 / 20 500 85191

Mit Ihrer umsichtigen Hilfe haben wir die Dinge in die richtige Richtung lenken können; entscheidend war dabei vor allem Ihr erstklassiges schriftsätzliches Vorbringen vor dem Nachlassgericht und Ihre zielgerichteten Verhandlungen mit den anderen Parteien zur Beilegung von festgefahrenen Gegensätzen.

G.v.U. aus Feldafing

Wir verdanken Herrn Dr. Weißenfels ein für alle Seiten positives Ende eines außergerichtlichen Vergleiches, zu dem es ohne seine Taktik und seine starke Positionierung der Fakten nie gekommen wäre. Wir würden Herrn Dr. Weißenfels mit seiner speziellen Kompetenz in Erbsachen jedem guten Freund weiter empfehlen.

D.K. aus Augsburg

Ich möchte mich recht herzlich für die erfolgreiche kompetente Unterstützung und sehr angenehme und schnelle Zusammenarbeit mit Ihnen bedanken. Ich kann Sie an "ALLE Unwissenden in Sachen Erbe" mit gutem (bestem) Gewissen weiterempfehlen.

E.R. aus Teneriffa, Spanien

Für die erfolgreiche Vertretung in meinem Nachlassverfahren ein herzliches DANKE! Herr Dr. Weißenfels arbeitet äußerst professionell, zielbewusst und prägnant. Hervorheben möchte ich auch die stets freundliche, zuverlässige und zeitnahe Kommunikation. Ich habe mich bei ihm zu jeder Zeit "gut aufgehoben" gefühlt.

K.H. aus Marktsteft

Die Professionalität und überaus kompetente Vorgehensweise von Herrn Dr. Weißenfels haben mir meinen Pflichtteil der Erbschaft ermöglicht. Da ich in Österreich lebe und die Erbschaft aus Deutschland kam, wurde mir von ihm in unkompliziertem Schriftverkehr in kürzester Zeit geholfen.

W.J. aus Wien

Ich habe mich bei Ihnen auch dank Ihrer sehr gründlichen Befassung mit dem Hintergrund meines Anliegens auf Grundlage umfangreicher Briefwechsel und Unterlagen, bei gleichzeitig umsichtigen Vorgehen stets in guten und verantwortungsbewussten Händen gewusst.

A.P. aus Wiesbaden

Hier ist man in guten Händen und die Beratung ist exzellent. Ein ehrlicher Anwalt!

M.P. aus München

Wir waren mit der Beratung äußerst zufrieden - Exzellent formulierte Schriftsätze - Zuverlässig in der Kommunikation. Die Ratschläge haben uns sehr weitergeholfen.

U. und F. C. aus München

Erbrecht