Reform der Erbschaftsteuer geht auf die Zielgerade
- Verfassungsgericht macht Druck
- Vermittlungsausschuss legt am 22.09.2016 einen Kompromiss vor
- Neue Kriterien zur Unternehmensbewertung
In der Nacht zum 22.09.2016 hat sich der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat auf ein Kompromisspaket in Sachen Erbschaftsteuer geeinigt.
Wenn die jetzt im Vermittlungsausschuss beschlossenen Neuerungen noch den Bundestag passieren und auch die Zustimmung des Bundesrates finden, dann geht ein jahrelanges Ringen rund um die Besteuerung von Unternehmenserben (zumindest vorläufig) zu Ende.
Das Bundesverfassungsgericht hatte zuletzt nicht unerheblichen Druck auf die Parlamentarier aufgebaut. So hatte das höchste deutsche Gericht der Bundesregierung, dem Bundestag und dem Bundesrat schriftlich mitgeteilt, dass sich das Verfassungsgericht Ende September 2016 wieder mit der Angelegenheit befassen wird, sollten die Volksvertreter bis zu diesem Zeitpunkt zu keiner Einigung gelangt sein.
Die Vorgeschichte zur Reform der Erbschaftsteuer
Auslöser der gesetzgeberischen Aktivitäten war ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17.12.2014. In diesem Urteil hatte das Verfassungsgericht Teile des deutschen Erbschaftsteuerrechts als mit der Verfassung unvereinbar identifiziert.
In diesem Urteil hatte das Verfassungsgericht dem Gesetzgeber aufgegeben, bis spätestens zum 30.06.2016 eine neue – verfassungskonforme – Regelung zu schaffen.
Kurz vor Ablauf der vom Verfassungsgericht gesetzten Frist einigte sich die große Koalition auf einen Kompromiss zur Erbschaftsteuer.
Am 08.07.2016 rief dann allerdings der Bundesrat den Vermittlungsausschuss an, um dort die neuen Regeln für Firmenerben grundlegend überarbeiten zu lassen.
Das Ergebnis des Vermittlungsausschusses liegt jetzt vor. Diesem Vorschlag müssen jetzt noch Bundestag und Bundesrat zustimmen.
Update: Der Bundestag hat die Reform der Erbschaftsteuer am 29.09.2016 gebilligt. Die gesetzlichen Änderungen sollen rückwirkend zum 01.07.2016 in Kraft treten.
Eckpunkte der Einigung im Vermittlungsausschuss
Die geplanten Änderungen der Erbschaftsteuer betreffen lediglich die im Gesetz vorgesehenen Regelungen zur Steuerbefreiung für Betriebsvermögen, Betriebe der Land- und Forstwirtschaft und Anteile an Kapitalgesellschaften.
Die Erbschaft von Otto Normalverbraucher ist von den geplanten Änderungen mithin gar nicht betroffen.
Im Vermittlungsausschuss einigte man sich insbesondere über neue Kriterien zur Unternehmensbewertung.
Gegenstand des Kompromisses sind im Rahmen der Unternehmensbewertung unter anderem Regelungen zu einem Kapitalisierungsfaktor von 13,75 für das vereinfachte Ertragswertverfahren, zum Vorwegabschlag bei Familienunternehmen, zur Optionsverschonung für Verwaltungsvermögen.
Weiter wurden die Voraussetzungen für eine Steuerstundung angepasst und Maßnahmen für eine Missbrauchsbekämpfung eingeführt. So sollen zukünftig unter anderem „Oldtimer, Yachten, Segelflugzeuge sowie sonstige typischerweise der privaten Lebensführung dienende Gegenstände“ regelmäßig nicht mehr zum begünstigten und von der Erbschaftsteuer ausgenommenen Vermögen zählen.
Ob der jetzt gefundene Kompromiss allerdings halten wird, steht noch in den Sternen. Insbesondere von Teilen der Grünen wird das im Vermittlungsausschuss gefundene Ergebnis nicht mitgetragen. Dort ist man vielmehr der Auffassung, dass auch die neuen Regelungen mit den Vorgaben der Verfassung nicht in Deckung zu bringen sind.
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