Verfassungsgericht zur Erbschaftsteuer: Die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft wird der Ehe gleichgestellt
Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 21. Juli 2010 festgestellt, dass es mit dem Gleichheitsgebot in Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz nicht vereinbar ist, wenn eingetragene Lebenspartner in erbschaftsteuerlicher Hinsicht schlechter gestellt werden als Eheleute.
Der Entscheidung des höchsten deutschen Gerichts lagen zwei Erbfälle aus den Jahren 2001 bzw. 2002 zugrunde. In beiden Fällen war einer der Partner einer gleichgeschlechtlichen eingetragenen Lebenspartnerschaft verstorben. Der überlebende Partner wurde in beiden Fällen als Alleinerbe von den Finanzbehörden nach dem damals geltenden Recht nach der im Erbschaftsteuerrecht schlechtesten Steuerklasse III und unter Berücksichtigung eines im Vergleich zu Eheleuten um den Faktor 60 schlechteren Freibetrag zur Zahlung von Erbschaftssteuer herangezogen.
Gegen diese Ungleichbehandlung gingen beide Betroffenen - vergeblich - mittels Einspruch und Klage vor dem Finanzgericht und Bundesfinanzhof vor.
Gegen die Entscheidung des Bundesfinanzhofes legten die Betroffenen Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht ein.
Das Verfassungsgericht hat die Entscheidungen des Bundesfinanzhofes nunmehr aufgehoben und die Angelegenheit zur erneuten Entscheidung an den Bundesfinanzhof zurückverwiesen.
In der Begründung seiner Entscheidung kommt das Verfassungsgericht zu dem Ergebnis, dass es keine tragfähigen Gründe für eine Schlechterstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaft gegenüber der Ehe in erbschaftsteuerrechtlichen Belangen gebe. Dabei ist das Verfassungsgericht ausdrücklich auf den besonderen grundgesetzlichen Schutz eingegangen, den Ehe und Familie nach deutschem Recht genießen, Art 6 Abs. 1 GG. Die Privilegierung der Ehe auf der einen Seite gebietet und rechtfertigt es nach zutreffender Auffassung des Verfassungsgerichts auf der anderen Seite nicht, andere Formen des Zusammenlebens zu benachteiligen.
Ausdrücklich hat das Verfassungsgericht dabei betont, dass auch die Tatsache, dass nur aus einer Ehe gemeinsame Kinder hervorgehen könnten, eine erbschaftsteuerrechtliche Ungleichbehandlung einer homosexuellen Lebensgemeinschaft nicht rechtfertigt. Hier hat das Gericht unter anderem darauf verwiesen, dass die erbschaftsteuerliche privilegierte Behandlung von Ehegatten mitsamt der günstigen Steuerklasse I und deutlich höheren Freibeträgen grundsätzlich unabhängig von der Frage ist, ob aus der betroffenen Ehe gemeinsame Kinder hervorgegangen sind oder nicht.
Die Entscheidung wird vor allem für so genannte "Altfälle" Relevanz haben.
Tatsächlich wurden nämlich eingetragene Lebenspartner hinsichtlich des persönlichen Freibetrags (Euro 500.000,00) als auch hinsichtlich des Versorgungsfreibetrags (Euro 256.000,00) bereits mit Erbschaftsteuerreformgesetz vom 24.12.2008 Ehegatten gleichgestellt.
Hinsichtlich der günstigeren Steuerklasse (I statt bisher III) hat das Bundeskabinett im Entwurf des Jahressteuergesetzes 2010 ebenfalls eine Angleichung der Regelungen vorgesehen.
Für betroffene Altfälle hat das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber aufgegeben, bis zum 31.12.2010 eine gesetzliche Regelung zu treffen, die die verfassungswidrige Ungleichbehandlung in der Vergangenheit beseitigt.
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