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Witwenrente, Waisenrente und sonstige Versorgungsbezüge – Muss man hierfür Erbschaftsteuer bezahlen?

Von: Dr. Georg Weißenfels

Mit einem Erbfall entsteht regelmäßig auch der Anspruch des Staates auf Erbschaftsteuer.

Die Vorschriften des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) regeln, unter welchen Umständen für einen Vermögensvorteil, der einem im Zusammenhang mit dem Ableben einer Person zufällt, Erbschaftsteuer zu bezahlen ist.

Wenig überraschend sehen die §§ 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr.1 ErbStG vor, dass das Erbe, aber auch ein Vermächtnis und ein Pflichtteil mit der Erbschaftsteuer belastet werden. Ist man also als Erbe eingesetzt, erhält man nach Eintritt des Erbfalls ein Vermächtnis ausbezahlt oder hat man Anspruch auf den Pflichtteil und setzt diesen auch durch, dann muss man sich mit den Vorschriften des Erbschaftsteuerrechts auseinandersetzen.

Soweit der durch den Erbfall ausgelöste Vermögenszuwachs den persönlichen Steuerfreibetrag übersteigt und auch keine sachlichen Steuerbefreiungen eingreifen, muss man sich mit dem Gedanken anfreunden, dass man einen Teil des Erwerbes an das Finanzamt abzutreten hat.

Der Gesetzgeber hat die Erbschaftsteuerpflicht aber nicht nur auf die „klassischen“ erbrechtlichen Erwerbstatbestände Erbe, Vermächtnis und Pflichtteil beschränkt. § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG erweitert die Steuerpflicht unter bestimmten Umständen vielmehr auch auf Versorgungsbezüge, die einem Hinterbliebenen nach dem Tod des Erblassers zustehen.

Dabei sind nicht alle Renten und sonstige Versorgungsbezüge, die beispielsweise nach dem Erbfall an den Ehegatten oder an die Kinder des Erblassers ausbezahlt werden, erbschaftsteuerpflichtig. Das Gesetz differenziert hier vielmehr wie folgt:

Welche Versorgungsbezüge und Renten unterliegen nicht der Erbschaftsteuer?

Welche Versorgungsbezüge nicht der Erbschaftsteuer unterliegen, kann Ziffer 3.5 der Erbschaftsteuer-Richtlinien 2019 entnommen werden. Diese Richtlinien sind verbindliche Weisungen des Bundesfinanzministeriums an die Finanzbehörden und dienen der einheitlichen Anwendung des Erbschaftsteuer und Schenkungsteuerrechts.

Danach unterliegen insbesondere nicht der Erbschaftsteuer:

  • Versorgungsbezüge der Hinterbliebenen (Ehepartner, eingetragener Lebenspartner, Kinder) von Beamten auf Grund der Beamtengesetze des Bundes und der Länder.
  • Versorgungsbezüge, die den Hinterbliebenen (Ehepartner, eingetragener Lebenspartner, Kinder) von Angestellten und Arbeitern aus der gesetzlichen Rentenversicherung zustehen.
  • Versorgungsbezüge, die den Hinterbliebenen (Ehepartner, eingetragener Lebenspartner, Kinder) von Angehörigen der freien Berufe aus einer berufsständischen Pflichtversicherung bei einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zustehen.
  • Versorgungsbezüge, die den Hinterbliebenen von Abgeordneten auf Grund der Diätengesetze des Bundes und der Länder zustehen.
  • Hinterbliebenenbezüge, die auf Tarifvertrag, Betriebsordnung, Betriebsvereinbarung oder betrieblicher Übung beruhen.
  • Hinterbliebenenbezüge, die auf einem zwischen dem Erblasser und seinem Arbeitgeber geschlossenen Einzelvertrag beruhen, soweit sie angemessen sind. Als "angemessen" im Sinne dieser Vorschrift gelten solche Hinterbliebenenbezüge, die 45 Prozent des Brutto-Arbeitslohnes des verstorbenen Arbeitnehmers nicht übersteigen.

Witwen- und Waisenrenten der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegen mithin nicht der Erbschaftsteuer.

Welche Versorgungsansprüche unterliegen der Erbschaftsteuer?

Für folgende Versorgungsansprüche ist hingegen Erbschaftsteuer zu bezahlen:

  • Hinterbliebenenbezüge, die nicht auf ein Arbeitnehmer-Verhältnis des Erblassers zurückgehen. Hierzu können zum Beispiel Versorgungsansprüche zählen, die den Hinterbliebenen eines verstorbenen persönlich haftenden Gesellschafters einer Personengesellschaft auf Grund des Gesellschaftsvertrags zustehen.
  • Leistungen aus einer privaten Lebensversicherung.

Der besondere Versorgungsfreibetrag nach § 17 ErbStG

Selbst wenn Versorgungsbezüge im Einzelfall der Erbschaftsteuerpflicht unterliegen, so hilft dem betroffenen Hinterbliebenen gegebenenfalls ein besonderer im Erbschaftsteuergesetz vorgesehener Versorgungsfreibetrag.

Dieser Versorgungsfreibetrag beläuft sich für Ehegatten und eingetragene Lebenspartner auf einen Betrag in Höhe von 256.000 Euro. Dieser Freibetrag für steuerpflichtige Versorgungsbezüge wird allerdings um den Kapitalwert steuerfreier Versorgungsbezüge gekürzt, § 17 Abs. 1 ErbStG.

Die Höhe des besonderen Versorgungsfreibetrages für Kinder hängt vom Alter des Kindes bei Eintritt des Erbfalls ab, § 17 Abs. 2 ErbStG. Kindern bis zu 5 Jahren steht ein Versorgungsfreibetrag in Höhe von 52.000 Euro zu. Je älter das Kind zum Zeitpunkt des Erbfalls ist, desto geringer ist der Versorgungsfreibetrag. Bei einem Alter des Kindes von mehr als 20 Jahren bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres kann der Versorgungsfreibetrag noch in Höhe von 10.300 Euro geltend gemacht werden.

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