Rechtsanwalt Dr. Georg Weißenfels ・ Theresienstraße 1 ・ 80333 München

Aus einer Vorerbin wird eine Vollerbin

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Hamm – Beschluss vom 11.04.2013 – 15 W 112/13

  • Erblasser setzt seine Ehefrau als Vorerbin und seine Töchter als Nacherben ein
  • Ehefrau kauft den Nacherben ihr Nacherbrecht ab
  • Aus des Ehefrau als Vorerbin wird damit eine alleinige Vollerbin

Das Oberlandesgericht Hamm hatte im Rahmen eines Grundbuchverfahrens die Erbfolge nach einem am 12.02.2006 verstorbenen Erblasser zu klären.

Der Erblasser hatte durch notarielles Testament seine zweite Ehefrau als seine Vorerbin und zwei seiner Töchter aus erster Ehe als Nacherbinnen ein. In diesem Testament verfügte der Erblasser weiter, dass seine Ehefrau dann frei über den gesamten Nachlass verfügen können soll, wenn mehr als eines seiner Kinder nach seinem Tod den Pflichtteil fordere.

In einem weiteren Testament wurde eine dritte Tochter des Erblassers als weitere Nacherbin benannt. Ansonsten verblieb es bei den Anordnungen aus dem ersten Testament.

Nacherbrecht wird durch notariellen Vertrag auf die Vorerbin übertragen

Nach dem Tod des Erblassers im Jahr 2006 übertrugen alle drei Nacherbinnen ihr Nacherbenanwartschaftsrecht durch notariellen Vertrag auf die zweite Ehefrau des Erblassers. Die Nacherbinnen erhielten zum Ausgleich einen Betrag in Höhe von je 17.000 Euro.

Die Vertragsparteien hatten sich dabei ausweislich der notariellen Übertragungsurkunde Gedanken darüber gemacht, dass der Zahlbetrag den Wert des Pflichtteilsanspruchs der Nacherbinnen, der mit einem Betrag in Höhe von 13.555,29 Euro beziffert wurde, übersteigen würde.

Im Jahr 2012 wollte die Ehefrau dann Grundbesitz, der noch auf den Erblasser lautete, auf ihren Namen umschreiben lassen. Zum Nachweis ihrer Rechte legte die Ehefrau dem Grundbuchamt das notarielle Testament und vor allem auch den Vertrag vor, mit dem sie den Nacherbinnen ihr Nacherbrecht abgekauft hatte.

Das Grundbuchamt weigerte sich jedoch, die Ehefrau als neue und vor allem unbelastete Eigentümerin in das Grundbuch aufzunehmen. Das Grundbuchamt vertrat vielmehr die Auffassung, dass die Abtretung der Nacherbenrechte von den Töchtern an die Ehefrau dann ins Leere laufen würde, wenn eine der Töchter vorversterben würde.

Grundbuchamt verweigert die Berichtigung des Grundbuchs

In diesem Fall würden nämlich nach der Auslegungsregel des § 2069 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) die Kinder der vorverstorbenen Nacherbin an deren Stelle treten. Eine Eintragung der Ehefrau wollte das Grundbuchamt entsprechend lediglich unter Hinweis auf einen Nacherbenvermerk nach § 51 GBO vornehmen.

Gegen diese Entscheidung des Grundbuchamtes legte die Ehefrau Beschwerde zum OLG ein.

Das Oberlandesgericht gab der Beschwerdeführerin im Ergebnis auch Recht. Das OLG betonte in seiner Entscheidung, dass die Ehefrau Vollerbin nach ihrem Ehemann geworden sei und kein Nacherbenvermerk im Grundbuch aufgenommen werden müsste.

Immer dann, wenn ein Nacherbe sein Anwartschaftsrecht auf den Vorerben übertrage, werde letztere zum Vollerben, der nicht mehr mit der Nacherbschaft belastet ist. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gelte nur dann, wenn für den Nacherben vom Erblasser auch eine Ersatzerbschaft angeordnet worden sei.

OLG legt das Testament des Erblassers aus

Entscheidend sei vorliegend eine Auslegung des Testaments, um zu ermitteln, was der Erblasser gewollt habe. Eine Auslegung ergebe aber nach Auffassung des OLG, dass der Erblasser seine Ehefrau unter einer bestimmten Bedingung zur alleinigen Vollerbin machen wollte. Immer dann, wenn mehr als ein Kind nach seinem Tod den Pflichtteil verlange, solle die Ehefrau Vollerbin sein.

Zwar sei der Pflichtteil vorliegend von den Töchtern nicht ausdrücklich geltend gemacht worden, jedoch habe die Zahlung der Abstandssumme in Höhe von je 17.000 Euro, so das Gericht, „zumindest auch der Abgeltung der Pflichtteilsansprüche der Nacherbinnen“ zum Zweck gehabt. Alleine dieser Umstand führe, so das OLG, dazu dass die Bedingung in dem Testament eingetreten und die Ehefrau alleinige Vollerbin geworden sei.

Die Entscheidung des Grundbuchamtes wurde danach aufgehoben und die Ehefrau als neue – und unbelastete – Eigentümerin der Immobilie in das Grundbuch aufgenommen.

Wenn Sie in Ihrer Angelegenheit anwaltliche Hilfe benötigen, dann können Sie hier Kontakt aufnehmen.

Das könnte Sie auch interessieren:
Die Rechtsstellung des Vorerben gegenüber dem Nacherben
Von welchen gesetzlichen Beschränkungen kann der Erblasser den Vorerben befreien?
Die Berichtigung des Grundbuchs im Erbfall
Über 1.000 aktuelle Entscheidungen der Gerichte zum Erbrecht

  • Brauchen Sie Hilfe beim Erstellen oder Ändern Ihres Testaments?
  • Gerne berate ich Sie auch in allen anderen erbrechtlichen Angelegenheiten.
  • Senden Sie mir über das Kontaktformular oder per Mail eine Nachricht.
  • Gerne besuche ich Sie bei Bedarf auch bei Ihnen zu Hause.
Anwalt für Erbrecht
Rechtsanwalt
Dr. Georg Weißenfels
Theresienstraße 1
80333 München
Telefon: 089 / 20 500 85191

Mit Ihrer umsichtigen Hilfe haben wir die Dinge in die richtige Richtung lenken können; entscheidend war dabei vor allem Ihr erstklassiges schriftsätzliches Vorbringen vor dem Nachlassgericht und Ihre zielgerichteten Verhandlungen mit den anderen Parteien zur Beilegung von festgefahrenen Gegensätzen.

G.v.U. aus Feldafing

Wir verdanken Herrn Dr. Weißenfels ein für alle Seiten positives Ende eines außergerichtlichen Vergleiches, zu dem es ohne seine Taktik und seine starke Positionierung der Fakten nie gekommen wäre. Wir würden Herrn Dr. Weißenfels mit seiner speziellen Kompetenz in Erbsachen jedem guten Freund weiter empfehlen.

D.K. aus Augsburg

Ich möchte mich recht herzlich für die erfolgreiche kompetente Unterstützung und sehr angenehme und schnelle Zusammenarbeit mit Ihnen bedanken. Ich kann Sie an "ALLE Unwissenden in Sachen Erbe" mit gutem (bestem) Gewissen weiterempfehlen.

E.R. aus Teneriffa, Spanien

Für die erfolgreiche Vertretung in meinem Nachlassverfahren ein herzliches DANKE! Herr Dr. Weißenfels arbeitet äußerst professionell, zielbewusst und prägnant. Hervorheben möchte ich auch die stets freundliche, zuverlässige und zeitnahe Kommunikation. Ich habe mich bei ihm zu jeder Zeit "gut aufgehoben" gefühlt.

K.H. aus Marktsteft

Die Professionalität und überaus kompetente Vorgehensweise von Herrn Dr. Weißenfels haben mir meinen Pflichtteil der Erbschaft ermöglicht. Da ich in Österreich lebe und die Erbschaft aus Deutschland kam, wurde mir von ihm in unkompliziertem Schriftverkehr in kürzester Zeit geholfen.

W.J. aus Wien

Ich habe mich bei Ihnen auch dank Ihrer sehr gründlichen Befassung mit dem Hintergrund meines Anliegens auf Grundlage umfangreicher Briefwechsel und Unterlagen, bei gleichzeitig umsichtigen Vorgehen stets in guten und verantwortungsbewussten Händen gewusst.

A.P. aus Wiesbaden

Hier ist man in guten Händen und die Beratung ist exzellent. Ein ehrlicher Anwalt!

M.P. aus München

Wir waren mit der Beratung äußerst zufrieden - Exzellent formulierte Schriftsätze - Zuverlässig in der Kommunikation. Die Ratschläge haben uns sehr weitergeholfen.

U. und F. C. aus München

Erbrecht