Bevollmächtigter des Erblassers muss einem Erben nach dem Erbfall umfassend Auskunft erteilen
OLG München – Urteil vom 06.12.2017 – 7 U 1519/17
- Erblasserin erteilt einem späteren Miterben Generalvollmacht
- Bevollmächtigter nutzt die Vollmacht ausgiebig
- Nach dem Erbfall will eine Miterbin wissen, was der Bevollmächtigte mit Hilfe der Vollmacht getrieben hat
Das Oberlandesgericht München hatte darüber zu befinden, ob und in welchem Umfang ein vom Erblasser mit einer Generalvollmacht ausgestatteter Bevollmächtigter einem Erben nach dem Eintritt des Erbfalls zur Auskunft verpflichtet ist.
In der Angelegenheit war die Erblasserin am 04.12.2015 verstorben. Die Erblasserin hinterließ drei Erben.
Einer der Erben war von der Erblasserin zu Lebzeiten am 13.03.2012 mit einer notariellen Generalvollmacht ausgestattet worden. In dieser Vollmacht war ausdrücklich folgendes festgehalten worden:
Das Grundverhältnis (der Vollmacht) richtet sich nach den Auftragsvorschriften.
Im August 2012 erteilte die Erblasserin dem späteren Miterben weiter eine Bankvollmacht für ein Bankkonto bei der X-Bank.
Mit notariellem Vertrag vom 05.10.2012 veräußerte der Bevollmächtigte eine im Eigentum der späteren Erblasserin stehende Eigentumswohnung für einen Kaufpreis in Höhe von 565.000 Euro. Der Veräußerungserlös floss auf das Konto der Erblasserin bei der X-Bank.
Geld der Erblasserin löst sich in Luft auf
Zum Todeszeitpunkt der Erblasserin am 04.12.2015 wies das Konto bei der X-Bank lediglich noch ein Guthaben von 85.360,51 € auf.
Nach dem Erbfall forderte eine Miterbin den Bevollmächtigten (und Miterben) auf, Auskunft zu erteilen über den Gebrauch der von der Erblasserin ihm erteilten Generalvollmacht.
Die die Auskunft begehrende Miterbin erhielt daraufhin vom Bevollmächtigten sämtliche Unterlagen zu den Konten der Erblasserin bei der X-Bank und einer weiteren Bank sowie eine Buchungsübersicht zu den beiden Konten.
Weiter übermittelte der Bevollmächtigte eine von der Erblasserin unterzeichnete maschinenschriftliche Erklärung vom 13.03.2012, wonach der Bevollmächtigte aus dem Verkaufserlös der Wohnung einen Betrag in Höhe von 500.000,00 Euro erhalten solle.
Miterbin verklagt den Bevollmächtigten auf Auskunft
Der Miterbin reichten diese Informationen aber nicht aus und sie verklagte den Bevollmächtigten daher auf Auskunft.
Mit der Klage begehrte die Klägerin
- ein Bestandsverzeichnis über den Nachlass,
- Auskunft über die Rechtsgeschäfte, die der Bevollmächtigte aufgrund der Generalvollmacht und der Bankvollmacht getätigt habe,
- Auskunft über den Verbleib der vom Bevollmächtigten vereinnahmten 500.000 Euro aus dem Verkauf der Wohnung, und
- eine geordnete und vollständige Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben der Geschäfte, die aufgrund der Vollmacht getätigt wurden mitsamt Belegen für diese Geschäfte.
Das Landgericht München verurteilte den Beklagten antragsgemäß.
Gegen das Urteil erster Instanz legte der Beklagte allerdings Berufung zum Oberlandesgericht ein. Dort hielt man die Entscheidung des Landgerichts aber im Wesentlichen für richtig und wies die Berufung weit überwiegend zurück.
OLG: Auftragsverhältnis zwischen der Erblasserin und dem Bevollmächtigten
In der Begründung seiner Entscheidung wies das OLG darauf hin, dass den Erben aus dem Auftragsverhältnis, das zwischen der Erblasserin und dem Bevollmächtigten abgeschlossen worden war, ein Anspruch auf Vorlage eines Bestandsverzeichnisses zum Todestag der Erblasserin zustehe.
Die dem Bevollmächtigten von der Erblasserin erteilte Generalvollmacht verweise, so das OLG, ausdrücklich auf die Auftragsvorschriften im BGB.
Den so geerbten Auskunftsanspruch könne die klagende Miterbin auch alleine geltend machen, § 2039 BGB.
Den Einwand des Beklagten, die Erfüllung des Auskunftsanspruchs sei ihm unmöglich, da er der Klägerin sämtliche Bankunterlagen übergeben habe, wies das OLG zurück. Das Gericht ließ den beklagten Bevollmächtigten vielmehr wissen, dass er sich auf seine Kosten neue Kontoauszüge beschaffen müsse.
Keine Erfüllung des Auskunftsanspruchs
Ebenfalls wies das OLG den Einwand des Beklagten zurück, er habe den Auskunftsanspruch der Klägerin bereits erfüllt. Der Beklagte habe nämlich, so das OLG, ein Bestandsverzeichnis in Form einer übersichtlichen Darstellung der Aktiv- und Passivposten vorzulegen. Bisher habe der Beklagte aber lediglich Kontounterlagen vorgelegt, sodass der Auskunftsanspruch noch nicht erfüllt sei.
Lediglich hinsichtlich eines Anspruchs auf Vorlage von Bankunterlagen eines Kontos der Erblasserin bei der Y-Bank kamen die Richter am OLG zu dem Ergebnis, dass dieser Anspruch vom Beklagten bereits erfüllt sei.
Im Ergebnis musste der Bevollmächtigte der Erbin aber nach dem Urteil des OLG umfassend Auskunft erteilen.
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