Erbe haftet bei Verkauf eines PKW, der zum Nachlass gehörte, nicht für Verschulden des Erblassers

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Koblenz – Urteil vom 05.06.2014 – 5 U 408/14

  • Erbe verkauft PKW seines verstorbenen Vaters
  • PKW hat massive Unfallschäden
  • Käufer kann den Wagen zurückgeben, bleibt aber auf Anwalts- und Gutachterkosten sitzen

Das Oberlandesgericht Koblenz hatte als Berufungsinstanz zu klären, ob dem Käufer eines PKW, der ihm von einem Erben aus dem Nachlass verkauft worden war, Schadensersatzansprüche zustehen, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass der PKW massive unfallbedingte Vorschäden aufweist.

Der Beklagte verkaufte am 07.06.2013 an den Kläger einen gebrauchten Audi A3 zu einem Preis von 8.000 Euro. Der Wagen stammte aus dem Nachlass des kurz zuvor verstorbenen Vaters des Beklagten. Der Beklagte war Erbe seines Vaters.

Im Kaufvertrag werden Gewährleistungsrechte großzügig ausgeschlossen

In dem schriftlichen Kaufvertrag nahmen die Vertragsparteien umfassende Regelungen zur Frage der Sachmängelhaftung des Beklagten auf. Zunächst wurde die Haftung des Beklagten als Verkäufer des PKW für Mängel ausgeschlossen, es sei denn ein Mangel würde vorsätzlich oder grob fahrlässig verschwiegen.

Für die – kurze – Zeit, in der der Beklagte das Auto in seinem Besitz gehabt hatte, „garantierte“ er, dass der PKW keinen Unfallschaden erlitten habe. Für die Zeit, in dem der Audi im Besitz seines Vaters gewesen war, bestätigte er die Unfallfreiheit „soweit ihm dies bekannt“ sei. Der Verkäufer wies den Käufer lediglich darauf hin, dass der Erblasser mit dem PKW beim „Rückwärtsfahren an eine Hofeinfahrt gestoßen“ sein könne.

Nach Vollzug des Kaufvertrages stellte der Käufer mit Hilfe eines Sachverständigen fest, dass der PKW massive unfallbedingte Vorschäden aufwies. Nach den Ermittlungen des Sachverständigen hatte der PKW auf einer Seite „großflächige Kollisionsspuren“.

Käufer fordert Rückabwicklung des Vertrages und Schadensersatz

Der Käufer forderte vom Verkäufer daraufhin die Rückabwicklung des Vertrages und darüber hinaus machte der Käufer Schadensersatzansprüche beim Verkäufer geltend. Als Schaden wollte der Käufer insbesondere die ihm entstandenen Gutachter- und Anwaltskosten in vierstelliger Höhe vom Verkäufer ersetzt haben.

Nachdem sich die Parteien außergerichtlich nicht einigen konnten, zog der Käufer vor Gericht.

Das Landgericht gab ihm in erster Instanz aber nur zum Teil Recht. Es verurteilte den beklagten Erben dazu, dem klagenden Käufer den Kaufpreis in Höhe von 8.000 Euro Zug um Zug gegen Rücknahme des PKW zurückzuzahlen.

Den vom Kläger darüber hinaus geltend gemachten Schadensersatzanspruch wies das Landgericht komplett ab.

Gegen diese teilweise Klageabweisung ging der Käufer in Berufung zum Oberlandesgericht. Dort teilte man jedoch die Rechtsauffassung des Ausgangsgerichts und wies die Berufung kostenpflichtig zurück.

Für Schadensersatzanspruch ist ein Verschulden nachzuweisen

Der springende Punkt in der Argumentation der Richter war, dass den Verkäufer kein Verschuldensvorwurf hinsichtlich des unfallbedingten Vorschadens an dem PKW zu machen war. Ebenfalls befand er sich mit der Rückzahlung des Kaufpreises in dem Zeitpunkt, in dem dem Käufer die zusätzlichen Aufwendungen für Anwalt und Sachverständigen entstanden waren, nicht in Verzug. Ein verzugsbedingter Schadensersatzanspruch fiel demnach auch aus.

Grundlegend setze, so das OLG, jeder Schadensersatzanspruch ein Verschulden voraus. Der Anspruchsgegner, hier die Verkäufer, müsste im vorliegenden Fall also hinsichtlich der Mangelhaftigkeit des PKW ein Schuldvorwurf zu machen sein, er hätte entweder fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt haben müssen.

Diesen Schuldvorwurf an die Adresse des Verkäufers verneinten die Richter aber. Es sei nicht nachgewiesen worden, dass der Erblasser seinem Sohn etwas von den Vorschäden an dem PKW erzählt habe. Der Verkäufer habe schlicht keine Hinweise auf die Unfallschäden gehabt, konnte sie daher auch nicht schuldhaft verschweigen.

Insbesondere verneinten die Richter in diesem Zusammenhang auch die Rechtsfrage, ob sich der Sohn als Erbe und Rechtsnachfolger seines Vaters möglicherweise dessen Wissen nach § 1922 BGB zurechnen lassen muss. Ein – beim Vater möglicherweise gegebenes Verschulden – sei jedenfalls keine Rechtsposition, in die der Sohn als Erbe eintrete.

Danach blieb der Käufer des PKW auf den ihm entstandenen Auslagen für Anwalt und Gutachter in vollem Umfang sitzen.

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