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Der Vergütungsantrag eines Nachlasspflegers muss begründet werden – Ein Stundensatz von 75 Euro ist nur im Ausnahmefall gerechtfertigt!

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Celle – Beschluss vom 08.02.2018 – 6 W 19/18

  • Nachlasspfleger rechnet ohne nähere Begründung mit einem Stundensatz von 75 Euro ab
  • Nachlassgericht setzt die Vergütung wie beantragt fest
  • OLG hebt den Beschluss des Nachlassgerichts auf

Mit relativ deutlichen Worten hat das Oberlandegericht Celle einen Beschluss des Nachlassgerichts Hannover aufgehoben, mit dem das Nachlassgericht die Vergütung eines Nachlasspflegers festgesetzt hatte.

In der Angelegenheit war nach dem Tod einer Erblasserin offensichtlich unklar, wer Erbe der Erblasserin ist. Nachdem der Nachlass werthaltig war, ordnete das zuständige Nachlassgericht am 29.08.2017 eine Nachlasspflegschaft an und setzte den Beteiligten zu 2 als Nachlasspfleger ein.

Am 01.09.2017, also nur wenige Tage nach der Anordnung der Nachlasspflegschaft, meldete sich das Pflegeheim, in dem die Erblasserin verstorben war, beim Nachlassgericht und teilte Name und Anschrift einer Schwester der Erblasserin als möglicher gesetzlicher Erbin mit.

Nachlasspfleger erfährt zeitnah von der Existenz einer Erbin

Dem inzwischen eingesetzten Nachlasspfleger wurde dieses Schreiben des Pflegeheims mit Datum vom 05.09.2017 zur Kenntnis gebracht.

Am 18.09.2017 erhielt das Nachlassgericht ein Schreiben, aus dem hervorging, dass die Schwester der Erblasserin die Erbschaft inzwischen ausdrücklich angenommen habe.

In der Folge beantragte der Nachlasspfleger beim Nachlassgericht, für seine Tätigkeit vom 30.08.2017 bis zum 20.11.2017 seine Vergütung festzusetzen. Der Nachlasspfleger stellte ohne nähere Begründung eine Arbeitszeit von 3 Stunden und 40 Minuten zu einem Stundensatz von 75 Euro in Rechnung.

Diesem Kostenantrag gab das Nachlassgericht mit Beschluss vom 10.01.2018 – ebenfalls ohne nähere Begründung – statt.

Erbin legt Beschwerde ein

Die Schwester der Erblasserin und alleinige Erbin wehrte sich gegen diese Art der Kostenfestsetzung und legte gegen den Beschluss des Nachlassgerichts Beschwerde ein.

Nachdem das Nachlassgericht der Beschwerde nicht abhelfen wollte, ging die Angelegenheit zum Oberlandesgericht.

Das OLG ließ in seiner Entscheidung wenig Zweifel daran, dass es mit der Vorgehensweise des Nachlassgerichts nicht einverstanden war und hob den Kostenbeschluss des Ausgangsgerichts auf.

OLG: Das Nachlassgericht hat gegenüber dem Erben eine Fürsorgepflicht

In der Begründung seines Beschlusses wies das OLG grundlegend darauf hin, dass das Nachlassgericht gegenüber einem noch unbekannten Erben eine Fürsorgepflicht habe. Das Nachlassgericht habe die Interessen des unbekannten Erben zu wahren.

Dieser Pflicht sei das Nachlassgericht, so das OLG, vorliegend nicht nachgekommen.

Kriterien für die Vergütung eines Nachlasspflegers seien die für die zu „führenden Pflegschaftsgeschäfte nutzbaren Fachkenntnissen des Pflegers sowie nach dem Umfang und der Schwierigkeit der Pflegschaftsgeschäfte.“

Weder dem Antrag des Nachlasspflegers noch dem Beschluss des Nachlassgerichts konnte das OLG zu diesen Punkten verwertbare Hinweise entnehmen.

OLG: Stundensatz von 75 Euro nicht gerechtfertigt

Ebenfalls äußerte das OLG nachhaltige Bedenken, ob der vom Nachlasspfleger in Ansatz gebrachte Stundensatz in Höhe von 75 Euro gerechtfertigt sei. Ein Stundensatz in Höhe von 75 Euro sei bei einer Nachlasspflegschaft allenfalls im Ausnahmefall gerechtfertigt.

Im zu entscheidenden Fall sei die Nachlasspflegschaft aber jedenfalls nicht als schwierig, sondern eher als einfach einzuschätzen, „so dass eine Vergütung von 75 Euro pro Stunde von vornherein ausscheidet.“

Weiter konnte das OLG nicht erkennen, warum im vorliegenden Fall eine Nachlasspflegschaft bis zum 20.11.2017 hätte erforderlich sein sollen, hatte sich die Erbin doch bereits im September gemeldet und konnte sich seit diesem Zeitpunkt selber um den Nachlass kümmern.

Im Ergebnis hob das OLG den Kostenbeschluss des Nachlassgerichts auf und verwies die Angelegenheit zur abermaligen Bearbeitung an das Ausgangsgericht zurück.

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