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Erbe kann sich nicht per einstweiliger Verfügung Zugang zur Wohnung des Erblassers verschaffen

Von: Dr. Georg Weißenfels

AG Hamburg-Blankenese – 531 C 352/19 – Urteil vom 18.03.2020

  • Ehemann der Erblasserin hat Wohnrecht an einer Nachlassimmobilie
  • Die Tochter der Erblasserin will als Erbin Zugang zu der Wohnung haben
  • Gericht weist den Antrag der Erbin ab

Das Amtsgericht Hamburg-Blankenese hatte einen Streit einer Stieftochter mit ihrem Stiefvater und ihrem Bruder zu klären.

In der Angelegenheit war eine Erblasserin am 29.11.2019 verstorben.

Die Erblasserin hinterließ zwei Kinder, einen Sohn und eine Tochter, und einen Ehemann, der allerdings lediglich der Stiefvater der beiden Kinder der Erblasserin war.

Zwei Kinder beerben ihre Mutter je zur Hälfte

Die beiden Kinder beerbten die Erblasserin je zur Hälfte.

Zugunsten der Erblasserin und auch ihres Ehemannes waren im Grundbuch an der von der Erblasserin und ihrem Ehemann als Familienheim genutzten Wohnung ein lebenslanges Wohnrecht gem. § 1093 BGB „löschbar bei Todesnachweis“  
eingetragen.

Nach dem Ableben seiner Ehefrau ließ der Ehemann der Erblasserin die Schlüssel für die von ihm genutzte Wohnung austauschen und gewährte lediglich dem Sohn der Erblasserin Zutritt zu der Wohnung.

Tochter der Erblasserin fühlt sich benachteiligt

Die Tochter der Erblasserin  beschlich daraufhin offenbar der Verdacht, dass ihr Stiefvater und ihre Bruder ihr wesentliche Teile des Nachlasses ihrer Mutter vorenthalten wollte.

Die Tochter der Erblasserin beantragte daher beim Amtsgericht den Erlass einer einstweiligen Verfügung, mit der dem Stiefvater aufgegeben werden sollte, ihr Zugang zu der ehedem von der Erblasserin genutzten Wohnung zu gewähren sowie konkret bezeichnete Nachlassgegenstände an sie herauszugeben.

Am 13.12.2019 erwirkte die Tochter der Erblasserin gegen ihren Stiefvater und ihren Bruder eine einstweilige Verfügung und teilte ihrem Stiefvater mit, dass sie nun ihrerseits das Schloss der von ihrem Stiefvater bewohnten Wohnung austauschen lassen würde, wenn ihr zu dieser Wohnung kein Zugang gewährt wird.

Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung

In Anbetracht dieser Drohung wurden jetzt der Stiefvater und der Bruder aktiv. Sie legten gegen die einstweilige Verfügung Widerspruch ein und beantragte bei Gericht, die Zwangsvollstreckung aus der einstweiligen Verfügung einzustellen.

Diesem Antrag kam das Gericht mit Beschluss vom 07.01.2020 nach.

Gegen diesen Beschluss legte dann wiederum die Tochter der Erblasserin Widerspruch ein und beantragte den gerichtlichen Beschluss, mit dem die Einstellung der Zwangsvollstreckung angeordnet worden war, aufzuheben.

Anträge sind unzulässig und jedenfalls unbegründet

Mit diesem Antrag hatte die Tochter der Erblasserin allerdings keinen Erfolg.

Das Gericht beurteilte die Anträge der Tochter der Erblasserin als teilweise unzulässig, jedenfalls aber unbegründet.

Das Gericht wies in der Begründung seiner Entscheidung darauf hin, dass der Tochter der Erblasserin jedenfalls kein Betretungsrecht an der von ihrem Stiefvater noch genutzten Wohnung zustehen würde.

Das Gericht verwies auf den Schutz, der bereits einem Mieter gegen den Eigentümer einer Wohnung zustehen würde. Bei einem bestehenden Mietverhältnis hätte der Eigentümer einer Immobilie jedenfalls kein Betretungsrecht.

Stieftochter erhält keinen Zugang zur Wohnung des Stiefvaters

Dieser Rechtsgedanke müsse, so das Gericht, umso mehr gelten, wenn dem Nutzer der Wohnung ein im Grundbuch eingetragenes dingliches Wohnrecht an der Wohnung zustehen würde.

Die Tochter der Erblasserin sei zwar kraft Erbfolge hälftige Eigentümerin der von ihrem Stiefvater genutzten Wohnung. Das dem Stiefvater zustehende Wohnrecht sei aber auch von einem Eigentümer der Immobilie zu respektieren.

Im Ergebnis musste der Stiefvater seiner Stieftochter keinen Zugang zu der von ihm genutzten Wohnung gewähren.

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