Muss ein Testamentsvollstreckerzeugnis vom örtlich zuständigen Gericht erteilt werden?
OLG Köln – Beschluss vom 06.02.2015 – 2 Wx 27/15
- Unklarheit über den tatsächlichen Wohnsitz der Erblasserin
- Nachlassgericht zieht ein Testamentsvollstreckerzeugnis wegen örtlicher Unzuständigkeit ein
- OLG korrigiert die Entscheidung des Nachlassgerichts
Das Oberlandesgericht Köln hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob ein Testamentsvollstreckerzeugnis eingezogen werden muss, wenn das Zeugnis von einem örtlich unzuständigen Gericht ausgestellt wurde.
In der Angelegenheit war die Erblasserin am 28.11.2007 verstorben. Die Erblasserin hatte kurz vor ihrem Tod ein Testament errichtet. In diesem Testament hatte sie ihre beiden Söhne je zu ½ als Erben eingesetzt. Einen der beiden Söhne, den Beteiligten A, hatte die Erblasserin als Testamentsvollstrecker eingesetzt.
Der andere Sohn verstarb nach seiner Mutter und wurde seinerseits von seiner Ehefrau und von seiner Tochter, den Beteiligten B und C, beerbt.
Bis zum Mai 2007 wohnte die Erblasserin im Kreis Darmstadt. Von dort verzog sie, ohne sich bei den Behörden umzumelden, zunächst in einen anderen Landkreis und dann weiter in ein Pflegeheim.
Sohn meldet den Wohnsitz seiner Mutter um
Im November 2007 meldete der als Testamentsvollstrecker eingesetzte Sohn seine Mutter unter seiner Wohnanschrift an. Diese Anmeldung wurde aber später von Behördenseite korrigiert, sodass die Erblasserin bis zuletzt im Kreis Darmstadt gemeldet war.
Am 15.09.2010 erteilte das Amtsgericht Siegburg dem als Testamentsvollstrecker eingesetzten Sohn A ein Testamentsvollstreckerzeugnis.
Nachdem es zwischen den Beteiligten offenbar zu Konflikten gekommen war, wandten sich die Beteiligten B und C an das Amtsgericht Siegburg. Sie trugen dort vor, dass der Beteiligte A seine Mutter „illegal umgemeldet“ habe und in der Folge sowohl der Erbschein als auch das Testamentsvollstreckerzeugnis von einem unzuständigen Gericht ausgestellt worden seien.
Nachlassgericht zieht das Testamentsvollstreckerzeugnis ein
Das Amtsgericht Siegburg reagierte auf diese Mitteilung. Mit Beschluss vom 24.11.2014 zog das Gericht das dem Beteiligten A erteilte Testamentsvollstreckerzeugnis ein. Das Gericht argumentierte in dem Beschluss, dass die Erblasserin sowohl bei ihrem Umzug in das Pflegeheim als auch bei der Ummeldung durch den Beteiligten A nicht mehr geschäftsfähig gewesen sei.
Die Erblasserin habe mithin im Zustand der Geschäftsunfähigkeit einen neuen Wohnsitz im Sinne von § 343 FamFG nicht mehr begründen können. Das Amtsgericht Siegburg sei mithin für die Ausstellung des Testamentsvollstreckerzeugnisses örtlich unzuständig gewesen und das Zeugnis aus diesem Grund einzuziehen.
Gegen diesen Beschluss, mit dem ihm sein Testamentsvollstreckerzeugnis weggenommen werden sollte, legte der Beteiligte A Beschwerde zum Oberlandesgericht ein.
Das OLG gab der Beschwerde statt.
OLG bezweifelt, dass das Testamentsvollstreckerzeugnis unrichtig ist
In der Begründung der Beschwerdeentscheidung wies das OLG darauf hin, dass ein Testamentsvollstreckerzeugnis nach § 2361 BGB einzuziehen sei, wenn es unrichtig sei. Eine solche Unrichtigkeit eines Testamentsvollstreckerzeugnisses könne sich, so die bisher vorherrschende Meinung, auch aus dem Umstand ergeben, dass das Zeugnis von einem örtlich unzuständigen Gericht erteilt wurde.
Das OLG meldete dann aber schon Zweifel an diesem, noch unter der Ägide des alten FGG geprägten Grundsatzes an, wonach eine örtliche Unzuständigkeit die Einziehung des Testamentsvollstreckerzeugnisses zur Folge habe.
Das Gericht verwies in diesem Zusammenhang unter anderem auf die Vorschriften in §§ 2 Abs. 3 und 65 Abs. 4 FamFG, denen zu entnehmen sei, dass eine gerichtliche Handlung nicht zwingend an der örtlichen Unzuständigkeit des handelnden Gerichts scheitern müsse.
Das Nachlassgericht war örtlich zuständig
Im Ergebnis ließ das OLG diese Frage aber offen, da es aufgrund weiterer Erwägungen zu dem Ergebnis kam, dass das handelnde Amtsgericht Siegburg gar nicht örtlich unzuständig war. Das Gericht argumentierte, dass möglichen Zweifeln, die an der Geschäftsfähigkeit der Erblasserin bestanden und die auch einer wirksamen Wohnsitznahme im Bereich des Amtsgerichts Siegburg entgegen gestanden wären, vom Amtsgericht gar nicht hätte nachgegangen werden müssen.
Das OLG stellte vielmehr fest, dass „für das Verfahren der Zuständigkeitsbestimmung, das das Nachlassverfahren nur vorbereitet, … deshalb nach allgemeinen Grundsätzen zu unterstellen (sei), dass der Erblasser bei einem für die Zuständigkeit maßgeblichen Wohnsitzwechsel unbeschränkt geschäftsfähig war“.
Mit diesem Kunstgriff konnte das OLG die Zuständigkeit des Amtsgerichts Siegburg für die Ausstellung des Testamentsvollstreckerzeugnisses bejahen und damit der Beschwerde des Beteiligten A stattgeben.
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