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Tochter pflegt Mutter und erhält Geldzuwendungen – Nach dem Tod der Mutter muss sie das Geld nicht an den Bruder als Erben herausgeben

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Karlsruhe – Urteil vom 16.05.2017 – 9 U 167/15

  • Tochter erhält von ihrer pflegebedürftigen Mutter insgesamt 7.100 Euro
  • Nach dem Tod der Mutter verklagt der Bruder seine Schwester
  • Gericht entscheidet, dass die Tochter das Geld behalten darf

Das Oberlandesgericht Karlsruhe hatte über die Frage zu befinden, ob eine Tochter Gelder, die sie zu Lebzeiten von ihrer Mutter erhalten hat, nach dem Tod der Mutter an den Bruder als Alleinerben herausgeben muss.

Die Tochter hatte die Mutter, die bereits im Jahr 1983 einen Schlaganfall erlitten hatte und halbseitig gelähmt war, ab dem Jahr 2004 bei sich aufgenommen und gepflegt. Ende 2010 wechselte die Mutter in ein Pflegeheim, wo sie Ende 2012 verstarb.

Alleiniger Erbe der Erblasserin wurde ihr Sohn.

Nach dem Erbfall verlangte der Sohn als alleiniger Erbe von seiner Schwester einen Betrag in Höhe von 7.100 Euro heraus. Diese Gelder hatte die Tochter der Erblasserin unstreitig in mehreren Teilzahlungen in der Zeit von Anfang 2010 bis Ende 2012 von ihrer Mutter erhalten.

Bruder bestreitet die Rechtmäßigkeit der Geldzahlungen an seine Schwester

Der Bruder machte geltend, dass seine Schwester die Beträge unrechtmäßig für sich behalten hätte. Ihm stehe als alleiniger Erbe der gemeinsamen Mutter ein Herausgabeanspruch gegen seine Schwester zu.

Das Landgericht Konstanz wies die Klage des Bruders gegen seine Schwester in erster Instanz in vollem Umfang ab.

Gegen dieses Urteil legte der Bruder Berufung zum Oberlandesgericht Karlsruhe ein.

Aber auch in der Berufungsinstanz favorisierten die Richter die Argumente der Schwester und wiesen die Berufung als unbegründet zurück.

Tochter verweist auf Vertrag mit der Mutter

In der Begründung seiner Entscheidung wies das OLG zunächst darauf hin, dass dem Kläger wegen Bargeldbeträgen in Höhe von insgesamt 5.920 Euro, die die beklagte Schwester aufgrund von von ihrer Mutter unterzeichneter Schecks erhalten hatte, kein Herausgabeanspruch zusteht.

Für diese Beträge wies das Gericht darauf hin, dass die Beklagte diese mit Rechtsgrund von ihrer Mutter erhalten habe und auch behalten dürfe. Die beklagte Schwester hatte dem Gericht nämlich einen handschriftlichen Vertrag vorgelegt, den sie mit ihrer Mutter im Jahr 2005 geschlossen hatte.

Nach diesem Vertrag sollte die Tochter von ihrer Mutter eine Aufwandsentschädigung in Höhe von monatlich 1.000 Euro erhalten. In einer weiteren Vereinbarung aus dem Jahr 2005 hatte die Mutter darüber hinaus ihrer Tochter zugesagt, dass sie das der Mutter zustehende Pflegegeld behalten dürfe.

Gericht glaubt der Tochter, dass sie das Geld der Mutter gegeben hat

Wegen eines weiteren Betrages in Höhe von 800 Euro verneinte das OLG auch einen Anspruch des klagenden Bruders aus Auftragsrecht. Die 800 Euro waren von der Tochter vom Konto der Mutter abgehoben worden und sollten der Mutter als „Taschengeld“ ausgehändigt werden.

Hier bejahte das OLG zwar ein rechtsverbindliches Auftragsverhältnis zwischen Mutter und Tochter, das dem Grunde nach zu einem Anspruch zugunsten des Bruders hätte führen können.

Der Anspruch des Bruders sei aber erloschen, so das OLG, da die Tochter die fraglichen Gelder nach Überzeugung des Gerichts in vollem Umfang ausgehändigt habe. Von diesem Umstand überzeugte sich das Gericht alleine auf Grundlage einer Anhörung der Beklagten, wobei das Gericht die Aussagen der Beklagten ausdrücklich als glaubwürdig einstuften.

Auch einen weiteren Teilbetrag in Höhe von 380 Euro wollten die Richter dem Bruder nicht zuerkennen. Auch diese Gelder hatte die Tochter entweder durch Schecks oder durch Abhebungen am Geldautomaten erlangt.

Aber auch bezüglich dieser Beträge ging das Gericht aufgrund der glaubwürdigen Aussage der Tochter davon aus, dass diese Beträge von der Tochter bestimmungsgemäß für ihre Mutter verwandt worden waren und die Tochter das Geld nicht für sich behalten hätte.

Anzeichen für ein unredliches Verhalten der Tochter konnten die Richter auch hier nicht erkennen.

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