Immobilie in Gefahr? Wenn der Sozialhilfeträger auf Vermögen des zukünftigen Erblassers zugreift

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Sozialbehörden können unter Umständen die Verwertung von Immobilienvermögen fordern
  • Schonvermögen ist dem Zugriff der Behörden entzogen
  • Hilft die Übertragung seines Vermögens auf Dritte?

In Deutschland werden jedes Jahr Milliarden von einer Generation auf die nächste Generation übertragen.

Gleichzeitig steigt in Deutschland aber auch die Zahl der Menschen, die für ihren eigenen Lebensunterhalt nicht mehr aufkommen können. Gerade wenn Menschen pflegebedürftig werden, reicht bei einer zunehmenden Anzahl von Menschen das eigene Einkommen oft nicht mehr aus, um die Kosten einer häuslichen oder sogar stationären Pflege bezahlen zu können.

Können Betroffene die notwendigen Pflegekosten nicht aus eigenen Mitteln bestreiten, so werden die ungedeckten Kosten zunächst vollständig von der Sozialhilfe übernommen, § 61 SGB XII (Sozialgesetzbuch 12. Teil).

Es gilt der Grundsatz vom Nachrang der Sozialhilfe

Mit der Übernahme von Pflegekosten durch die Sozialhilfe ist es jedoch im Regelfall nicht getan. Das Sozialamt prüft nämlich bei der Gewährung von Leistungen regelmäßig nach, ob es sich die Beträge, die für einen Hilfsbedürftigen ausgegeben wurden, beim Hilfsbedürftigen selber oder aber auch bei Dritten wieder zurückholen kann.

Grundlage für solche Überlegungen der Sozialbehörden ist der in Deutschland geltende Grundsatz vom „Nachrang der Sozialhilfe“, § 2 SGB XII. Nur dann, wenn sich der Betroffene nicht selber mit eigenen Mitteln helfen kann oder auch Angehörige dem Betroffenen finanziell unter die Arme greifen können, ist der Staat bereit, mit der Sozialhilfe einzuspringen.

Sozialhilfe erhält nicht, wer sich durch Einsatz seines Einkommens und seines Vermögens selbst helfen kann, § 2 Abs. 1 SGB XII.

Das gesamte Vermögen ist vom Hilfsbedürftigen einzusetzen

Einzusetzen ist vom Hilfsbedürftigen dabei sein gesamtes vorhandenes Vermögen, § 90 SGB XII. Und nicht selten gehört zu diesem Vermögen Hilfsbedürftiger auch eine Immobilie, die meist zu Wohnzwecken vom Hilfsbedürftigen genutzt wird. Dem Grunde nach steht eine Immobilie als beim Sozialhilferegress von Sozialhilfeträgern immer im Fokus.

In § 90 Abs. 2 SGB XII ist jedoch so genanntes „Schonvermögen“ definiert, das vom Hilfsbedürftigen nicht eingesetzt werden muss, bevor Leistungen der Sozialhilfe in Anspruch genommen werden.

Zu diesem dem zukünftigen Erblasser verbleibendem und nicht einzusetzenden Vermögen gehört unter anderem auch ein angemessenes Hausgrundstück, das von dem Hilfsbedürftigen allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll, § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII.

Nach der gesetzlichen Regelung bestimmt sich die Angemessenheit des fraglichen Hausgrundstücks dabei „nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf, der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes.

Es liegt auf der Hand, dass über die Frage der Angemessenheit einer Immobilie zwischen Hilfsbedürftigen und Sozialhilfeträgern vor den Sozialgerichten immer wieder erbittert gestritten wird. Viele Fragen sind hier vom Einzelfall abhängig. Vermietete Immobilien oder aber Mehrfamilienhäuser gehören jedoch regelmäßig nicht zum Schonvermögen und müssen vom Hilfsbedürftigen im Zweifel eingesetzt werden, um seine eigenen Pflegekosten zu finanzieren.

Wie kann man den Zugriff des Staates verhindern?

Es ist in Anbetracht der Zugriffsmöglichkeiten von staatlichen Sozialhilfeträgern auf Vermögen des zukünftigen Erblassers natürlich nicht verboten darüber nachzudenken, ob man den Zugriff durch entsprechende Maßnahmen verhindern kann. Nahe liegend ist in diesem Zusammenhang immer die Idee, Vermögen des Hilfsbedürftigen beizeiten auf dritte Personen oder die zukünftigen Erben zu übertragen und so dem staatlichen Zugriff zu entziehen.

Auf Vermögen, das der Empfänger der Hilfsleistung nicht (mehr) hat, kann der Staat schließlich auch nicht zugreifen.

Mit einer simplen Schenkung ist es jedoch hier nicht getan, da § 528 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) bei einer Schenkung ein Rückforderungsrecht bei Verarmung des Schenkers vorsieht, dass der Sozialhilfeträger auf sich überleiten und gegen den Beschenkten und sogar dessen Erben geltend machen kann.

In Anbetracht dieser Möglichkeiten der Sozialbehörden ist eine reine Schenkung regelmäßig nicht zielführend, um dem Sozialhilferegress zu entgehen.

Schwieriger wird der Zugriff für die Sozialbehörden immer dann, wenn zwischen „Schenker“ und „Beschenktem“ für die übertragene Immobilie eine namhafte Gegenleistung vereinbart wird, die beispielsweise auch in persönlichen Pflegeleistungen bestehen kann.

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