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Selbsttötung auf Bahngleisen – Die Erben des Selbstmörders schulden der Bahn keinen Schadensersatz

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Frankfurt a. M. – Beschluss vom 24.06.2020 – 16 U 265/19

  • Lokführer ist nach einer Selbsttötung auf den Gleisen zwei Jahre arbeitsunfähig krank
  • Bahn fordert von den Erben des Getöteten Schadensersatz
  • Gerichte verneinen die Schuldfähigkeit des Getöteten im maßgeblichen Zeitraum

Das Oberlandesgericht Frankfurt hatte über die Frage zu befinden, ob die Erben eines Selbstmörders zur Zahlung von Schadensersatz verpflichtet sind.

In der Angelegenheit hatte sich der Erblasser im Januar 2013 selbst getötet, in dem er sich nachts zwischen Geisenheim und Rüdesheim von einem Güterzug der Deutschen Bahn überfahren ließ.

Der Lokführer, der an dem Unglück beteiligt war, war nach diesem Vorfall knapp zwei Jahre arbeitsunfähig krankgeschrieben. 

Arbeitsunfähigkeit des Lokführers verursacht Schaden in Höhe von 90.000 Euro

In dieser Zeit der Arbeitsunfähigkeit des Lokführers wandte sein Arbeitgeber, die Deutsche Bahn, rund 90.000 Euro an Lohnfortzahlung und Heilbehandlungskosten für den krankgeschriebenen Arbeitnehmer auf.

Diesen Betrag machte der Arbeitgeber des Lokführers als Schadensersatz bei den Erben des Selbstmörders geltend.

Die Klage wurde in erster Instanz vom Landgericht Wiesbaden als unbegründet abgewiesen.

Die Deutsche Bahn legte gegen die Entscheidung des Landgerichts allerdings Berufung zum Oberlandesgericht ein.

OLG weist Berufung als unbegründet zurück

Dort bewertete man die Angelegenheit aber ebenso wie das Ausgangsgericht und wies die Berufung ab.

Das OLG führte in der Begründung seiner Entscheidung aus, dass die Erben des Selbstmörders der Klägerin nicht für den geltend gemachten wirtschaftlichen Schaden haften würden.

Der Verstorbene habe nämlich, so das OLG, im Zeitpunkt seiner Selbsttötung nicht schuldhaft gehandelt.

Betroffener war im Zeitpunkt des Vorfalls schuldunfähig

Vielmehr habe ein vom Gericht eingeholtes Sachverständigengutachten ergeben, dass der Verstorbene im Zeitpunkt seiner Selbsttötung „in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit“ gewesen sei, § 827 BGB.

Der Sachverständige hatte zur Überzeugung des Gerichts ausgeführt, dass „der Verstorbene nicht mehr in der Lage gewesen sei, seine Gedanken auf die Auswirkungen seines Tuns, insbesondere für den Lokführer zu richten und seine Entscheidung zu verändern.“ 

Der Verstorbene sei, so die Feststellungen des Sachverständigen, auf seine Selbsttötung fixiert gewesen und die Selbsttötung sei dem Betroffenen in seiner Krisensituation auch als einzig gangbarer Weg erschienen.

Auch spreche der Umstand, dass die Selbsttötung von dem Betroffenen akribisch geplant worden war, nicht gegen seine Schuldunfähigkeit.

Nachdem das OLG auch eine Haftung aus Billigkeitsgründen nach § 829 BGB verneinte, blieb es bei der klageabweisenden Entscheidung.

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