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Demenzkranker Erblasser hinterzieht Einkommensteuer – Erben haften nach Jahren für hinterzogene Steuern!

Von: Dr. Georg Weißenfels

BFH – Urteil vom 29.08.2017 - VIII R 32/15

  • Erblasserin hinterzog über Jahre hinweg Steuern
  • Miterbin A wusste von der Steuerhinterziehung, Miterbin B nicht
  • Auch die Miterbin B haftet für die Steuerschulden

Mit einem Urteil aus dem Jahr 2017 schloss der Bundesfinanzhof den Streit um eine Steuerhinterziehung ab, die sich in den 90er Jahren abgespielt hatte.

Stark vereinfacht ging es um folgenden Sachverhalt:

Die ursprüngliche Steuerschuldnerin hatte in den Jahren 1991 bis 1999 Einkünfte aus Kapitaleinkünften, die im Ausland erzielt wurden, gegenüber dem Fiskus nicht angegeben.

Ab dem Jahr 1995 war die ursprüngliche Steuerschuldnerin dement und nicht geschäftsfähig. Gleichwohl wurden von der ursprünglichen Steuerschuldnerin auch nach dem Jahr 1995 – unzutreffende – Steuererklärungen abgegeben.

Die Steuerschuldnerin verstarb im Jahr 2000.

Die Erblasserin wurde von der späteren Klägerin und einer Frau C beerbt. Frau C verstarb ihrerseits vor Abschluss des Steuerstrafverfahrens und wurde von einem X beerbt.

Eine Miterbin wirkt bei der Steuerhinterziehung mit

Die Frau C war der ursprünglichen Steuerschuldnerin bei der Abfassung der – unzutreffenden – Steuererklärungen behilflich und wusste von der Steuerhinterziehung. Ebenfalls kam die Frau C nach dem Erbfall ihrer Pflicht nicht nach, die unrichtigen Steuererklärungen der Erblasserin zu berichtigen, machte sich mithin selber der Steuerhinterziehung durch Unterlassen schuldig.

Im März 2005 teilte das Finanzamt der späteren Klägerin und Miterbin mit, dass gegen sie als Gesamtrechtsnachfolgerin der Erblasserin ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet worden sei. 

In der Folge übermittelte das Finanzamt der späteren Klägerin geänderte Einkommenssteuerbescheide, in denen die – verschwiegenen – Einkünfte der Erblasserin aus den 90er Jahren berücksichtigt waren und forderte die spätere Klägerin als Gesamtrechtsnachfolgerin der Erblasserin zur Zahlung auf.

Erbin legt gegen Steuerbescheid Einspruch ein und erhebt nachfolgend Klage zum Finanzgericht

Hiergegen legte die betroffene Miterbin Einspruch ein. Dem Grunde nach wurde dem Einspruch der Miterbin nicht abgeholfen.

Auch eine daraufhin von der Miterbin erhobene Klage zum Finanzgericht blieb überwiegend erfolglos.

Daraufhin legte die Miterbin gegen das Urteil des Finanzgerichts Revision zum Bundesfinanzhof ein.

Im Wesentlichen begründete die Klägerin ihre Revision mit dem Argument, dass eine mögliche Steuerhinterziehung der Miterbin Frau C nicht ihr als Miterbin zugerechnet werden könne. Sie selber habe die entsprechenden Tatbestandsmerkmale der Steuerhinterziehung nicht erfüllt. Sie habe – im Gegensatz zur Frau C – von der Steuerhinterziehung der Erblasserin nichts gewusst.

Revision beim BFH hat keinen Erfolg

Die Revision zum BFH hatte aber keinen Erfolg. Die Revision wurde zum Teil als unzulässig verworfen und zum Teil als unbegründet zurückgewiesen.

Der BFH entschied, dass die Revision insoweit unzulässig sei, als sich die Klägerin darauf berufen habe, dass eine Steuerhinterziehung des einen Gesamtrechtsnachfolgers nicht einem anderen Gesamtrechtsnachfolgers zugerechnet werden könne.

Nachdem das Finanzgericht jedoch für die Jahre 1991, 1993 und 1994 der ursprünglichen Steuerschuldnerin und Erblasserin und nicht der Miterbin Frau C die Steuerhinterziehung vorgeworfen habe, sei die Revision bereits unzulässig.

Für die betroffenen Jahre 1995 bis 1999 sei die Revision zwar zulässig, so der BFH, aber unbegründet.

Erbenhaftung umfasst auch Steuerschulden

Die Klägerin schulde nämlich als Gesamtrechtsnachfolgerin die von der Erblasserin hinterzogene Steuer.

Insoweit habe sich nämlich auch gegenüber der Klägerin, die im Gegensatz zur Miterbin C nichts von der Steuerhinterziehung wusste, aufgrund der Steuerhinterziehung der Miterbin C die Festsetzungsfrist gemäß § 169 Abs. 2 Satz 2 und 3 AO auf zehn Jahre verlängert.

Die Klägerin sei nach § 1922 Abs. 1 BGB als Erbin in die Steuerschuld der Erblasserin eingetreten. Mehrere Erben hätten gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 AO für die in der Person des Erblassers entstandene Steuerschuld als Gesamtschuldner nach §§ 1967, 2058 BGB einzustehen. Jeder Erbe schulde, so der BFH weiter, die ganze Leistung; dem Finanzamt steht es im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens ebenfalls frei zu entscheiden, an welchen der Gesamtschuldner es sich halten will.

Es komme insbesondere nicht darauf an, ob die in Anspruch genommene Miterbin Kenntnis von der Steuerhinterziehung der Erblasserin oder der Miterbin gehabt habe. Eine Kenntnis von der Steuerhinterziehung sei auch nicht Voraussetzung für eine Verlängerung der Festsetzungspflicht.

Im Ergebnis musste diejenige Miterbin, die von der Steuerhinterziehung nichts gewusst hat, für die hinterzogenen Streuern aufkommen.

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