Mutter erhält für ihren vorverstorbenen Mann über Jahre zu Unrecht Rentenzahlungen – Müssen die Kinder als Erben die Rente zurückzahlen?
Landessozialgericht Baden-Württemberg – Urteil vom 21.09.2017 – L 10 R 1734/17
- Ehefrau bezieht für drei Jahre nach dem Tod ihres Mannes dessen Rente
- Rentenversicherungsträger fordert von der Ehefrau 32.174,55 Euro zurück
- Nach dem Tod der Ehefrau wehren sich deren Erben gegen die Forderung
Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hatte in zweiter Instanz darüber zu befinden, ob die Klage einer Ehefrau gegen Rückzahlungsansprüche der Rentenversicherung begründet ist.
Der Vater der späteren Kläger hatte seit dem Jahr 1997 Altersrente bezogen. Er kehrte im Jahr 2001 mit seiner Ehefrau in sein Heimatland Griechenland zurück.
Die Rente für den Vater der späteren Kinder wurde von der deutschen Rentenversicherung jeweils zu beginn eines jeden Monats auf das gemeinsame Konto der Eheleute bei einer griechischen Bank überwiesen.
Der Vater der späteren Kläger verstarb am 18.03.2011. Von diesem Umstand erfuhr die Rentenversicherung in Deutschland aber erst im Januar 2014 und zahlte bis zu diesem Zeitpunkt die Altersrente auf das gemeinsame Konto der Eheleute weiter.
Witwe des Versicherten verbraucht die Rente
Die bis zu diesem Zeitpunkt unrechtmäßig gezahlte Rente in Höhe eines Betrages von 32.174,55 Euro hatte die Witwe des Versicherungsnehmers für ihre Lebensführung verbraucht.
Am 02.02.2015 sandte der Versicherungsträger der Witwe des Versicherungsnehmers einen Bescheid, mit dem der unrechtmäßig bezahlte Betrag in Höhe von 32.174,55 Euro zurückgefordert wurde.
Gegen diesen Bescheid legte die Witwe des Versicherungsnehmers Widerspruch ein. Dieser Widerspruch wurde dem Anwalt der Witwe am 05.10.2015 vormittags zugestellt. Am Abend des 05.10.2015 verstarb die Witwe des Versicherten.
Die Witwe wurde nach griechischem Recht von ihren beiden Söhnen beerbt.
Söhne der Witwe klagen gegen den an die Mutter gerichteten Rückzahlungsbescheid
Die Söhne der Erblasserin erhoben gegen den Rückzahlungsbescheid am 02.11.2015 Klage zum Sozialgericht. Sie machten geltend, dass ihre verstorbene Mutter den Tod des Vaters umgehend an die Rentenversicherung mitgeteilt und die Zahlung von Witwenrente beantragt habe.
Das Sozialgericht wies die Klage in erster Instanz mit der Begründung ab, dass die Erblasserin unstreitig über die ihr nicht zustehende Altersrente ihres Mannes verfügt habe. Es komme bei der insoweit einschlägigen Norm des § 118 Abs. 4 S. 1 SGB VI nicht darauf an, ob die Erblasserin bei der Verfügung über das Geld gutgläubig gewesen sei oder nicht.
Gegen dieses Urteil legten die beiden Söhne der Erblasserin Berufung zum Landessozialgericht ein. Sie verwiesen in ihrer Urteilsbegründung unter anderem auf ein Urteil des Bundessozialgerichts, wonach der gegen einen unrechtmäßig über eine Rente Verfügenden gerichtete Erstattungsanspruch keine im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den Erben übergehende Nachlassverbindlichkeit sei (BSG, Urteil vom 03.04.2014, B 5 R 25/13 R).
Das Landessozialgericht wies die Berufung der beiden Erben ab.
LSG: Die Klage ist entweder unzulässig oder unbegründet
Entweder, so das Landessozialgericht, sei das von den Klägern zitierte Urteil des Bundessozialgerichts aus dem Jahr 2014 einschlägig und zutreffend. Dann sei die Klage der beiden Erben aber bereits unzulässig, da sich die Klage gegen den ursprünglich an die Mutter der beiden Erben gerichteten Rückzahlungsbescheid richten würde und der Rückzahlungsbescheid in diesem Fall nicht in den Nachlass falle, die Kläger mithin gar nicht beschwert seien. Nur der gegen die Mutter der Kläger gerichtete Rückzahlungsbescheid sei auch Gegenstand des zu entscheidenden Rechtsstreits.
Sollte das von den Klägern zitierte Urteil des BSG aus dem Jahr 2014 aber nicht einschlägig sein, so sei die Klage jedenfalls unbegründet, da der Rückzahlungsanspruch in diesem Fall als Verbindlichkeit in den Nachlass fallen würde.
Mit dieser Entscheidung des LSG war noch nicht geklärt, ob die beiden Söhne der Erblasserin die von ihrer Mutter unrechtmäßig vereinnahmte Rente zurückgezahlt werden muss oder nicht.
Der Rentenversicherungsträger hatte nämlich den beiden Erben einen eigenen Rückzahlungsbescheid in Höhe von je 16.087,24 Euro zukommen lassen. Gegen diese Bescheide hatten die Erben – natürlich – ebenfalls Widerspruch eingelegt. Über diese Widersprüche war aber noch nicht entschieden.
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