Nachlassgericht muss sich im Erbscheinverfahren mit Vortrag der Beteiligten auseinander setzen
OLG München – Beschluss vom 13.07.2017 – 31 Wx 229/16
- Nachlassgericht begründet seine Entscheidung unzureichend
- Beschwerdegericht gibt die Sache an das Nachlassgericht zurück
- Testament muss vom Nachlassgericht nachvollziehbar ausgelegt werden
Das Oberlandesgericht kritisierte in einem Nachlassverfahren die Behandlung durch das Nachlassgericht Freyung als deutlich mangelhaft.
In der Angelegenheit hatte eine Erblasserin ein privatschriftliches Testament mit unklarem Inhalt hinterlassen.
In diesem Testament hatte die Erblasserin unter anderem „Besitzanteile an einem Wohnhaus“, „Besitzanteile an Waldstücken“ sowie einen Geldbetrag iHv 10.000 Euro bestimmten Personen zugewandt.
Das Nachlassgericht legte seiner Entscheidung die Erwägung zugrunde, dass die Zuwendungsempfänger an Hand der Werte der jeweilig zugewendeten Vermögensgruppen Erben geworden seien.
Nachlassgericht legt das Testament nur unzureichend aus
Überlegungen, ob mit der Zuwendung der Vermögensgegenstände möglicherweise nur eine Zuwendung eines Vermächtnisses durch die Erblasserin verbunden war, waren der Entscheidung des Nachlassgerichts offenbar nicht zu entnehmen.
Hierfür hätte es aber alleine deswegen Veranlassung gegeben, da eine Beteiligte an dem Nachlassverfahren ausdrücklich den Einwand erhoben hatte, dass eine „Erbengemeinschaft nur bezüglich des restlichen Geldvermögens“ bestehen würde.
Nachdem das Nachlassgericht der gegen seine Entscheidung erhobenen Beschwerde nicht abhelfen wollte, legte es die Angelegenheit dem OLG München als Beschwerdegericht vor.
OLG bemängelt unzureichende Sachbehandlung durch Nachlassgericht
Dort sah man die Sachbehandlung durch das Nachlassgericht allerdings als unzureichend an, hob die Entscheidung des Nachlassgerichts auf und verwies die Angelegenheit an das Nachlassgericht zur abermaligen Entscheidung zurück.
Das OLG ließ das Nachlassgericht dabei wissen, dass die Begründungsintensität einer Entscheidung des Nachlassgerichts im Rahmen des Abhilfeverfahrens zwar von den Umständen des Einzelfalls abhänge.
Trage der Beschwerdeführer neue Argumente vor, so müsse der Nichtabhilfebeschluss in Verbindung mit dem Ausgangsbeschluss des Nachlassgerichts aber jedenfalls erkennen lassen, „dass der Erstrichter das wesentliche Beschwerdevorbringen beachtet und seiner Verpflichtung zur Prüfung und Selbstkontrolle im Abhilfeverfahren nachgekommen ist“.
Diesem Erfordernis sei, so das OLG, das Nachlassgericht im vorliegenden Fall aber nicht nachgekommen.
Gerade auf den Hinweis der Beschwerdeführerin hätte sich das Nachlassgericht mit einer Auslegung des Testaments beschäftigen müssen. Ebenfalls kritisierte das OLG, dass der Entscheidung des Nachlassgerichts mit keinem Wort zu entnehmen war, „wie das Nachlassgericht im Rahmen seiner Testamentsauslegung zu den von ihm erkannten Erbeinsetzungen gelangt“ sei.
Im Ergebnis musste sich das Nachlassgericht nochmals mit der Angelegenheit beschäftigen.
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