Minderjähriges Kind erbt – Dürfen die Eltern über das geerbte Vermögen verfügen?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Kind erbt - Die Eltern verwalten das Vermögen des Kindes
  • Oberste Pflicht für die Eltern ist es, für das Vermögen des Kindes zu sorgen
  • Eltern müssen Geld für das Kind anlegen

Gar nicht selten erben minderjährige Kinder beträchtliche Vermögen. Rechtlich ist dies auch unproblematisch möglich, da ein Mensch nach deutschem Recht mit der Geburt erbfähig wird, § 1923 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch).

Grundsätzlich ist es also möglich und rechtlich zulässig, wenn der Großvater seinem unlängst auf die Welt gekommenen Enkelsohn durch Testament ein Millionenvermögen hinterlässt.

Hat ein minderjähriges Kind eine Erbschaft gemacht, dann wird es auch unmittelbar mit dem Erbfall alleiniger Eigentümer der geerbten Vermögensgegenstände. Vollkommen unabhängig, was der Erblasser seinem minderjährigen Erben vermacht hat, sei es Geld, eine Immobilie oder ein Sportwagen, steht das Erbe doch rechtlich alleine dem – minderjährigen – Erben zu.

Der minderjährige Erbe kann nicht unmittelbar über das Erbe verfügen

Eine kleine aber bedeutende Einschränkung gibt es aber dann doch für den minderjährigen Erben: Er kann, bis zu seinem 18. Geburtstag, regelmäßig nicht über das geerbte Vermögen verfügen.

Einfacher ausgedrückt: Das Erbe gehört dem Minderjährigen zwar, er kann es aber nicht nach Belieben unmittelbar in Spielkonsolen, iTunes-Gutscheinkarten, Klamotten oder Kinobesuche investieren.

Grund für diese für den minderjährigen Erben eher missliche Einschränkung ist der Umstand, dass ein Minderjähriger nach den §§ 106 ff. BGB in seiner Geschäftsfähigkeit beschränkt ist und damit korrespondierend § 1626 BGB den Eltern des Minderjährigen das Recht und die Pflicht zuweist, sich stellvertretend für den Minderjährigen um dessen Vermögen zu kümmern.

Das elterliche Sorgerecht nach § 1626 BGB umfasst auch die so genannte Vermögenssorge. Bis zur Volljährigkeit des minderjährigen Erben gehört es mithin zu den Aufgaben der Eltern, Entscheidungen über Anlage und Verwendung des Vermögens des Kindes zu treffen.

Können Eltern frei über das vom Kind geerbte Vermögen verfügen?

Den Erblasser, den minderjährigen Erben aber auch die Eltern interessiert es naturgemäß brennend, ob und in welchem Umfang die Eltern frei über das von ihrem Kind geerbte Vermögen verfügen können.

Hier muss man differenzieren: Rein tatsächlich sind die Eltern grundsätzlich in der Lage, über das Vermögen ihres Kindes zu verfügen. Das Gesetz sieht für die Eltern hierbei allerdings in rechtlicher Hinsicht zahlreiche Beschränkungen vor, die sie zu respektieren haben.

Grundsätzlich haben die Eltern zu beachten, dass auch im Rahmen der ihnen in § 1626 BGB zugewiesenen Vermögenssorge das Wohl des Kindes immer im Vordergrund zu stehen hat. Eigennützige Gedanken der Eltern in Bezug auf das Vermögen des Kindes verbieten sich schon aus diesem Grundsatz heraus. Eltern dürfen das Vermögen ihres Kindes demnach grundsätzlich nicht für eigene Zwecke und Interessen ausgeben.

In einem sehr engen Rahmen haben Eltern nach § 1649 BGB die Möglichkeit, Einkünfte, die aus dem angelegten Vermögen des minderjährigen Erben erzielt werden (z.B. Zinsen), für ihren eigenen Unterhalt oder für den Unterhalt von minderjährigen unverheirateten Geschwister des Kindes zu verwenden. Dies gilt aber nur, solange diese Mittel nicht für den Unterhalt des betroffenen Kindes selber verwandt werden müssen.

Gesetzliche Anforderungen an die Vermögenssorge der Eltern

Ausgehend von dem Grundsatz, wonach das Wohl des Kindes im Zentrum des Interesses steht, gibt das Gesetz den Eltern für das vom Kind geerbte Vermögen folgende Verhaltensmaßregeln mit auf den Weg:

Soweit das Kind Geld geerbt hat, dürfen die Eltern dieses Geld nach § 1642 BGB nicht selbst aufbewahren, sondern müssen es für das Kind anlegen. Dabei haben die Eltern die „Grundsätze einer wirtschaftlichen Vermögensverwaltung“ zu beachten. Das bedeutet, dass die Sicherheit der gewählten Anlageform jedenfalls vor übersteigerten Renditeerwartungen geht. Verfügen die Eltern in Fragen der Geldanlage nicht über das erforderliche Fachwissen, müssen sie sich professionelle Hilfe holen.

Nur solche Geldbeträge aus der Erbschaft, die die Eltern absehbar für ihr Kind benötigen, müssen sie nicht anlegen.

Weiter dürfen Eltern Vermögen ihres Kindes grundsätzlich nicht verschenken, § 1641 BGB. So fällt beispielsweise eine auch noch so gut gemeinte Spende der Eltern an die bevorzugte Religionsgemeinschaft oder den Not leidenden Lieblingsfußballverein des Vaters aus Mitteln des Kindes aus.

Ausgenommen von diesem Verbot sind lediglich solche Schenkungen der Eltern, durch die „einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen“ wird.

Wie wird das Vermögen des Kindes vor übergriffigen Eltern geschützt?

Nachdem auch dem Gesetzgeber sehr wohl bewusst war, dass Papier geduldig ist und sich Eltern im Rahmen der Vermögenssorge für ihr Kind möglicherweise nicht immer am Kindeswohl orientieren, wurden im Gesetz zugunsten des Kindes zahlreiche Schutzmechanismen eingefügt.

So sieht der auf den ersten Blick eher unscheinbare § 1643 BGB zum Beispiel durch Verweis auf weitere Paragrafen für wichtige Rechtsgeschäfte vor, dass diese nur dann von den Eltern für ihr Kind vorgenommen werden dürfen, wenn das Familiengericht hierzu vorab grünes Licht gegeben hat.

Zu solchen genehmigungsbedürftigen Rechtsgeschäften zählen zum Beispiel Verfügungen über im Eigentum des Minderjährigen stehende Grundstücke. Hat der Minderjährige demnach eine Immobilie geerbt, können die Eltern diese nicht ohne Genehmigung des Familiengerichts veräußern.

Familiengericht hat eine Kontrollfunktion

Weiter ist das Familiengericht im Rahmen der Vermögenssorge für allzu ausgabefreudige Eltern auch eine nicht zu unterschätzende Kontrollinstanz. Erfährt das Familiengericht – von wem auch immer – nämlich davon, dass Eltern mit dem Vermögen ihres Kindes vorzugsweise eigene Interessen verfolgen, so muss und wird das Gericht von Amts wegen einschreiten und die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, § 1666 BGB.

Je nach Schwere des Verstoßes der Eltern kann das Familiengericht eine Beaufsichtigung der Eltern anordnen, in gravierenden Fällen aber auch den Entzug der Vermögenssorge anordnen und dem Minderjährigen einen Ergänzungspfleger an die Seite geben, der sich anstatt der Eltern um die Finanzen des Kindes kümmert.

Weiter haben die Eltern nach § 1640 BGB grundsätzlich auch die Pflicht, über das von ihrem Kind geerbte und von ihnen verwaltete Vermögen ein Bestandsverzeichnis zu erstellen. Für das Kind ist dieses Inventar ein geeignetes Mittel um am Tag der Volljährigkeit von seinen Eltern Rechenschaft zu verlangen.

Schließlich hat es auch der Erblasser selber in der Hand, seinen minderjährigen Erben zu schützen. Er kann den Eltern in seinem Testament nach § 1639 BGB Vorgaben machen, wie sie das Vermögen ihres Kindes zu verwalten haben.

Traut der Erblasser den Eltern gar nicht über den Weg, kann er den Eltern nach § 1638 BGB durch eine entsprechende Anordnung in seinem letzten Willen auch die Vermögenssorge über die Erbschaft ihres Kindes komplett entziehen.

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