Lebensversicherung im Erbfall – Hier kann es für den Bezugsberechtigten Probleme geben!
- Lebensversicherung fällt oft nicht in den Nachlass
- Möglicher Widerruf der Bezugsberechtigung durch den Erben
- Insolvenzverwalter kann Insolvenzanfechtung erklären
Lebensversicherungen erfreuen sich nach wie vor großer Beliebtheit. Gleich ob es sich im Einzelfall um eine kapitalbildende Lebensversicherung oder um eine Risikolebensversicherung handelt, wird eine Lebensversicherung gerne genutzt, um den eigenen Erbfall zu flankieren.
Mit der im Todesfall fällig werdenden Versicherungssumme können nahe Angehörige abgesichert oder auch Vorsorge für den Fall getroffen werden, dass Kinder gegen den Willen des Erblassers Pflichtteilsansprüche beim überlebenden Ehepartner anmelden.
Hat der Versicherungsnehmer gegenüber dem Versicherungsunternehmen einen so genannten Bezugsberechtigten benannt, dann fällt die Versicherungsleistung bei Eintritt des Erbfalls direkt an den Bezugsberechtigten. Der Nachlass (und damit die Erben) haben bei Vorliegen einer Bezugsberechtigung mit der Versicherungssumme nichts mehr zu tun.
Nur wenn der Erblasser gegenüber dem Versicherungsunternehmen keinen Bezugsberechtigten benannt hat, fällt die Versicherungsleistung in den Nachlass und wird entsprechend der Erbfolge unter den Erben verteilt.
Versicherungsfall tritt mit dem Ableben des Versicherungsnehmers ein
Mit dem Ableben des Erblassers tritt der so genannte Versicherungsfall ein. In aller Regel enthält ein Lebensversicherungsvertrag die Abrede zwischen Versicherungsunternehmen und Versichertem, dass mit Ableben des Versicherten eine bestimme Geldsumme zur Zahlung fällig ist.
Aber selbst wenn die Frage der Bezugsberechtigung vom Erblasser mit hinreichender Klarheit geregelt wurde, kann der Bezugsberechtigte im Erbfall massive Probleme bei der Realisierung seiner Forderung bekommen.
Erbe und Bezugsberechtigter sind personenverschieden
Das erste Problem, das auf einen widerruflich eingesetzten Bezugsberechtigten nach Eintritt des Erbfalls zukommen kann, kann dann auftreten, wenn der Bezugsberechtigte nicht gleichzeitig der Erbe ist.
In diesem Fall kann der Erbe nämlich unmittelbar nach dem Eintritt des Erbfalls versuchen, den Erwerb der Versicherungsleistung durch den Bezugsberechtigten zu verhindern und die Versicherungsleistung doch wieder in den Nachlass fließen zu lassen.
Technisch kann so ein Störmanöver des Erben mittels eines gegenüber dem Versicherungsunternehmen zu erklärenden Widerrufs der Bezugsberechtigung und der damit verbundenen Rücknahme des Schenkungsangebotes des Erblassers erfolgen.
Trifft ein entsprechendes Schreiben des Erben nach Eintritt des Erbfalls rechtzeitig beim Versicherungsunternehmen ein, dann kann der Bezugsberechtigte seinen Anspruch auf die Versicherungsleistung komplett verlieren.
Ein Widerruf durch den Erben scheidet aber dann aus, wenn im Versicherungsverhältnis festgelegt wurde, dass die Bezugsberechtigung unwiderruflich sein soll (BGH NJW 2013, 232).
Insolvenzverwalter erklärt Insolvenzanfechtung
Wenn es der Bezugsberechtigte aber durch zügiges Handeln nach dem Eintritt des Erbfalls geschafft hat, die Versicherungsleistung an sich zu bringen, dann bedeutet das noch lange nicht, dass er das Geld auch endgültig behalten darf.
Ungemach droht dem Bezugsberechtigten nämlich immer dann, wenn der Nachlass wertlos oder überschuldet ist. Wird in diesem Fall nämlich ein Nachlassinsolvenzverfahren durchgeführt, dann hat der Insolvenzverwalter für einen Zeitraum von vier Jahren die Möglichkeit, die zugrunde liegende Schenkung nach § 134 InsO (Insolvenzordnung) anzufechten und auf diesem Weg die Versicherungsleistung zur Insolvenzmasse zu ziehen.
Ob die für die Insolvenzanfechtung relevante Vier-Jahres-Frist bereits abgelaufen ist, hängt maßgeblich davon ab, ob der Bezugsberechtigte vom Erblasser widerruflich oder unwiderruflich benannt wurde.
Bei einer widerruflichen Bezugsberechtigung läuft die Vier-Jahres-Frist erst mit dem Erbfall. War die Bezugsberechtigung unwiderruflich, erwirbt der Bezugsberechtigte das Recht auf die Leistung des Versicherers bereits mit der Bezeichnung als Bezugsberechtigter, § 159 Abs. 3 VVG, und damit gegebenenfalls außerhalb der Vier-Jahres-Frist des § 134 InsO.
Nach einem neueren Urteil des Landgerichts Freiburg (Urteil vom 17.03.2017, Az. 14 O 262/15) kann der Insolvenzverwalter dabei die Versicherungssumme komplett zurückfordern obwohl der Insolvenzverwalter perspektivisch über ausreichende Mittel zur Befriedigung der Nachlassgläubiger verfügt.
Wenn Sie in Ihrer Angelegenheit anwaltliche Hilfe benötigen, dann können Sie hier spezialisierte Rechtsanwälte finden.
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