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Lebensversicherung: Erbe verliert Wettlauf gegen Bezugsberechtigte!

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Saarbrücken – Urteil vom 02.03.2022 – 5 U 64/21

  • Versicherungsnehmer setzt seine Mutter im Versicherungsvertrag als Bezugsberechtigte ein
  • Erbe versucht nach dem Erbfall die Versicherungsleistung in den Nachlass zu ziehen
  • Der Widerruf der Bezugsberechtigung durch den Erben erfolgt zu spät

Das Oberlandesgericht Saarbrücken hatte die Frage zu entscheiden, ob eine Versicherungssumme in Höhe von rund 52.000 Euro dem Erben des Versicherungsnehmers oder der im Versicherungsvertrag benannten Bezugsberechtigten zusteht.

In der Angelegenheit hatte der spätere Erblasser am 12.01.2000 eine Risikolebensversicherung über einen Betrag in Höhe von 150.000 DM abgeschlossen.

Im Dezember 2008 benannte der Versicherungsnehmer gegenüber der Versicherung seine Mutter als Bezugsberechtigte für seine Lebensversicherung.

Der Sohn des Erblassers wird alleiniger Erbe

In Höhe eines Betrages von 23.436,47 Euro wurde die Versicherungsleistung später vom Versicherungsnehmer zur Besicherung eines Darlehens an eine Sparkasse abgetreten.

Der Versicherungsnehmer verstarb am 01.02.2019.

Alleinerbe wurde der Sohn des Erblassers.

Am 12.02.2019, also nur elf Tage nach dem Ableben des Erblassers, kam es zu einem Telefonat zwischen der Bezugsberechtigten und einer Mitarbeiterin des betroffenen Versicherungsunternehmens.

Telefonat zwischen der Versicherung und der Bezugsberechtigten

Im Rahmen dieses Telefonates bat die Versicherung die Bezugsberechtigte um Übermittlung einer Kopie der Sterbeurkunde, einer Kopie ihres Personalausweises um Angabe ihrer Bankverbindung.

Die Versicherung kündigte in diesem Telefonat an, dass Zahlungen aus der Versicherung an die Bezugsberechtigte geleistet werden, sobald die Höhe des der Sparkasse zustehenden Betrages geklärt sei.

Die Bezugsberechtigte stellte in diesem Telefonat klar, dass sie das Angebot der Versicherung annehme und die Versicherungsleistung für sich beanspruche.

Bezugsberechtigte macht Anspruch auf Versicherungsleistung geltend

Am 12.03.2019 machte der Anwalt der Bezugsberechtigten per Telefax gegenüber der Versicherung für seine Mandantin Ansprüche auf die Versicherungsleistung geltend.

Mit Schreiben vom 13.03.2019 bestätigte die Versicherung dem Anwalt daraufhin folgendes:

„Sollte die Forderungshöhe der Sparkasse unter der Versicherungsleistung liegen, wird die Differenz an Frau B. ausgezahlt.
Hierzu baten wir Ihre Mandantin im Telefonat vom 12. Februar 2019 um Einreichung einer Kopie der Sterbeurkunde, die Angabe ihrer Bankverbindung und eine Kopie des Personalausweises.“

Der Erbe hatte in der Zwischenzeit von der Existenz der Lebensversicherung Wind bekommen und versuchte, eine Auszahlung der Versicherungssumme an die Bezugsberechtigte zu verhindern.

Erbe erklärt Widerruf der Bezugsberechtigung

Zu diesem Zweck erklärte er sowohl mit an die Versicherung als auch an die Bezugsberechtigte gerichteten Schreiben vom 15.03.2019 den Widerruf der Bezugsberechtigung bzw. des darin enthaltenen Schenkungsangebotes des Erblassers.

Trotz dieser Maßnahmen des Erben zahlte die Versicherung in der Folge an die Bezugsberechtigte einen Betrag in Höhe von 52.563,53 Euro aus.

In der Folge verklagte der Erbe die Bezugsberechtigte auf Herausgabe der Versicherungsleistung.

Landgericht gibt der Klage des Erben statt

Das Landgericht gab der Klage über einen Betrag in Höhe von 45.454,73 Euro statt und begründete seine Entscheidung mit der Erwägung, dass der Erbe die Schenkung des Erblassers an die Bezugsberechtigte mit seinem Schreiben vom 15.03.2019 wirksam widerrufen hätte.

Gegen diese Entscheidung legte die Bezugsberechtigte aber Berufung zum Oberlandesgericht ein und bekam dort Recht.

Die Klage des Erben wurde abgewiesen.

OLG gibt der Berufung der Bezugsberechtigten statt

Das OLG wies in seiner Entscheidung darauf hin, dass der mit Schreiben vom 15.03.2019 erklärte Widerruf des Erben zu spät erklärt worden sei.

Bereits in dem ersten Telefonat der Bezugsberechtigten mit der Versicherung am 12.02.2019 habe die Bezugsberechtigte das mit der Bezugsberechtigung verbundene Schenkungsangebot des Erblassers konkludent angenommen.

Damit sei bereits am 12.02.2019 ein Schenkungsvertrag zwischen Erblasser und Bezugsberechtigter zustande gekommen.

Der Erbe konnte mithin das durch die Versicherung überbrachte Schenkungsangebot des Erblassers mit Schreiben vom 15.03.2019 nicht mehr wirksam widerrufen.

Im Ergebnis verblieb die Versicherungsleistung damit bei der im Versicherungsvertrag benannten Bezugsberechtigten.    

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