Erbin widerruft Kontovollmacht für Miterben – Bank lässt trotzdem Verfügungen des Miterben zu
LG Aachen – Urteil vom 18.01.2018 – 1 O 138/16
- Miterbin widerruft Kontovollmacht für ihren Bruder
- Bank lässt trotzdem Verfügungen des Bruders über das Konto zu
- Gericht verurteilt die Bank zur Erstattung der Beträge
Das Landgericht Aachen hatte über einen Rückzahlungsanspruch einer Erbin zu befinden, die mit Verfügungen über ein Nachlasskonto nicht einverstanden war.
In der Angelegenheit hatte ein Erblasser am 21.11.2001 ein notarielles Testament verfasst. In diesem Testament setzte der Erblasser seine Tochter, die spätere Klägerin, und seinen Sohn zu hälftigen Erben seines Vermögens ein.
Gleichzeitig hatte der Erblasser seinem Sohn eine Versorgungsvollmacht erteilt, die auch über den Tod des Erblassers hinaus Gültigkeit haben sollte. Diese Vollmacht berechtigte den Sohn des Erblassers auch, über ein Bankkonto des Erblassers bei der X-Bank zu verfügen.
Der Erblasser verstarb am 04.08.2014.
Kontovollmacht wird ausdrücklich widerrufen
Mit Schreiben vom 09.12.2014 erklärte die Tochter gegenüber der X-Bank, dass sie die ihrem Bruder erteilte Vollmacht widerrufe. Die Bank bestätigte den Eingang des Widerrufs. Ein Mitarbeiter der Bank teilte mit, dass die „ausschließlich gemeinsame Verfügungsberechtigung“ über das Nachlasskonto bei der Bank bekannt sei.
In der Folge ließ die Tochter des Erblassers ihrem Bruder die Nachricht zukommen, dass sie an der Begleichung aller nachlassbezogenen Rechnungen von dem Nachlasskonto mitwirken werde.
Im 4. Quartal des Jahres 2015 wurden trotz des Widerrufs der Vollmacht dann aber Überweisungen von dem Nachlasskonto ausgeführt, von denen die Tochter nicht informiert wurde und zu denen sie auch nicht ihre Zustimmung erteilt hatte.
Bank wird zur Erstattung der Beträge aufgefordert
Im Februar 2016 forderte die Tochter des Erblassers die Bank auf, sämtliche Beträge, die ohne Wissen der Tochter nach dem Widerruf der Vollmacht von dem Nachlasskonto überwiesen wurden, dem Konto wieder gutzuschreiben.
Die Bank weigerte sich die Gelder zurück zu führen. Sie verwies darauf, dass das Verhalten der Tochter des Erblassers treuwidrig sei, da die Tochter gegenüber ihrem Bruder zugesagt habe, sämtliche nachlassbezogenen Verfügungen über das Nachlasskonto mit zu tragen.
Die Angelegenheit ging zu Gericht, wo die Tochter die Bank auf Erstattung der ohne ihre Zustimmung abgeflossenen Beträge in Anspruch nahm.
Das Landgericht gab der Klage in vollem Umfang statt.
In der Begründung des Urteils wies das Gericht darauf hin, dass sich für die Klägerin ein Anspruch gegen die Bank aus § 675 u S. 2 BGB ergeben würde. Der von der Bank durchgeführte Zahlungsvorgang sei von der Klägerin nicht autorisiert gewesen.
Bank führt ohne Autorisierung Zahlungen aus
Eine Authorisierung der Zahlungen alleine durch den Bruder der Klägerin und Miterben sei nicht ausreichend. Miterben könnten über ein Nachlasskonto grundsätzlich nur gemeinsam verfügen, § 2040 BGB. Die Vollmacht des Bruders sei wirksam widerrufen worden, von diesem Vorgang habe die Bank auch Kenntnis gehabt.
Die Forderung der Tochter des Erblassers auf Erstattung der Beträge sei, so das Gericht weiter, auch nicht rechtsmissbräuchlich. Zwar bestehe der Grundsatz, dass niemand einklagen könne, was er sogleich nach Erhalt wieder zurückgeben müsste.
Im vorliegenden Fall könne aber einen solchen Einwand allenfalls der Bruder der Klägerin und Miterbe geltend machen. Auf die Pflicht der Klägerin zur Teilnahme an einer ordnungsgemäßen Nachlassverwaltung könne sich die Bank nicht berufen.
Im Ergebnis musste die Bank die unrechtmäßig abgeflossenen Beträge dem Nachlasskonto wieder gutschreiben.
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