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Inventar erstellen – Voraussetzung für eine Haftungsbeschränkung des Erben

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Hat man eine überschuldete Erbschaft angenommen, kann man seine Haftung beschränken
  • Die Errichtung eines Nachlassinventars kann dem Erben helfen
  • Trennung zwischen geerbtem Vermögen und eigenem Vermögen des Erben

Der Erbe haftet auch für die Schulden des Erblassers.

Nachdem regelmäßig niemand ein Interesse daran hat, für fremde Schulden aufkommen zu müssen, ist es für den Erben ratsam, nach Möglichkeiten der Haftungsbeschränkung zu suchen.

Oberste Bürgerpflicht bei einem Nachlass, der mehr Schulden als positives Vermögen für den Erben mit sich bringt, ist natürlich die Ausschlagung der Erbschaft, § 1943 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch). Hat man die Ausschlagungsfrist von sechs Wochen aber verstreichen lassen, § 1944 BGB, und ist man als Erbe nicht sicher, welche Überraschungen der Nachlass in wirtschaftlicher Hinsicht noch enthält, dann ist es an der Zeit sich nach Möglichkeiten umzusehen, wie man das persönliche Haftungsrisiko beschränken kann.

Neben anderen Möglichkeiten der nachträglichen Haftungsbeschränkung (Nachlassverwaltung oder Nachlassinsolvenzverfahren) ist auch die Errichtung eines Inventars ein weiteres Mosaiksteinchen auf dem Weg zur begrenzten Haftung.

Nachlassinventar beim Nachlassgericht einreichen

§ 1993 BGB sieht in diesem Zusammenhang vor, dass der Erbe berechtigt ist, ein Verzeichnis des Nachlasses (Inventar) zu errichten und dieses beim Nachlassgericht einzureichen.

Dabei führt die Errichtung des Inventars selber nicht zu einer Haftungsbeschränkung des Erben. Mit Inventarerrichtung erhält sich der Erbe vielmehr die Möglichkeit, eine Haftungsbeschränkung auf den Nachlass nach anderen Normen des BGB für sich in Anspruch nehmen zu können.

Diese Rechtsfolge ergibt sich unmittelbar aus der Regelung in § 1994 BGB. Danach kann das Nachlassgericht dem Erben auf Antrag eines Nachlassgläubigers eine Frist zur Errichtung eines Inventars setzen. Reicht der Erbe das Inventar dann nicht binnen der vom Nachlassgericht gesetzten Frist ein, haftet der Erbe (auch mit seinem Privatvermögen) für sämtliche Nachlassverbindlichkeiten unbeschränkt.

Der Erbe braucht nunmehr nicht zuwarten, bis ihm vom Nachlassgericht auf Antrag eines Gläubigers eine entsprechende Frist zur Inventarerrichtung gesetzt wurde. Er kann vielmehr aus eigenem Antrieb jederzeit ein Inventar beim zuständigen Nachlassgericht einreichen.

Welches Vermögen gehört zum geerbten Nachlass?

Ein Inventar ist ein Verzeichnis aller Nachlassgegenstände (Sachen und Forderungen), die zum Zeitpunkt des Erbfalls vorhanden sind. Weiter sind in das Inventar sämtliche Nachlassverbindlichkeiten zum Zeitpunkt der Inventarerrichtung aufzunehmen.

§ 2002 BGB schreibt vor, dass der Erbe bei der Aufnahme des Inventars „eine zuständige Behörde oder einen zuständigen Beamten oder Notar“ hinzuziehen muss. Je nach Landesrecht und Bundesland sind hier unterschiedliche Amtsträger zuständig. Immer der richtige Ansprechpartner für die Aufnahme eines Inventars ist der Notar, in manchen Bundesländern auch der Gerichtsvollzieher.

Alternativ zur Eigenaufnahme kann der Erbe auch beim Nachlassgericht den Antrag stellen, dass das Gericht selber das Inventar aufnehmen möge, § 2003 BGB.

Die Errichtung eines vorsätzlich falschen Inventars führt zur unbegrenzten Haftung des Erben, § 2005 BGB.

Hat der Erbe das Inventar rechtzeitig und ordnungsgemäß errichtet, so wird nach § 2009 BGB zu seinen Gunsten vermutet, dass zur Zeit des Erbfalls keine weiteren Gegenstände zum Nachlass gehörten, als die im Inventar Verzeichneten.

Diese gesetzliche Vermutungswirkung kann dem Erben beispielsweise dann sehr nützen, wenn ein Gläubiger Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Erben betreibt und der Erbe nachweisen will, dass der Vollstreckungsgegenstand zu seinem (vollstreckungsfreien) Privatvermögen gehört und gerade nicht zu dem (der Vollstreckung unterworfenen) Nachlass.

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