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Der Erbe kann seine Haftung für Schulden des Erblassers vorübergehend beschränken

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Ausschlagung einer Erbschaft ist nur binnen einer Frist von sechs Wochen möglich
  • Erbe kann sich die Gläubiger für einen Zeitraum von drei Monaten nach Annahme der Erbschaft vom Leib halten
  • Erbe kann die Gläubiger auffordern, ihre Forderungen anzumelden

Hat man die Nachricht erhalten, dass man eine Erbschaft gemacht hat, ist in manchen Fällen Eile geboten.

Nachdem das deutsche Erbrecht vorsieht, dass ein Erbe nicht nur das positive Vermögen des Erblassers erhält, sondern auch dessen Schulden erbt, muss sich der Erbe möglichst rasch einen Überblick über die Vermögensverhältnisse des Erblassers machen.

Will man mit einem – überschuldeten – Nachlass nichts zu tun haben, hat man nach § 1944 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) gerade einmal sechs Wochen Zeit, binnen der man gegenüber dem Nachlassgericht die Ausschlagung der Erbschaft erklären muss.

Die Ausschlagungsfrist von sechs Wochen ist knapp bemessen

Gerade bei komplexeren Nachlässen ist diese Sechs-Wochen-Frist knapp bemessen. Sie ist in manchen Fällen nicht ausreichend, um die Frage zu klären, ob sich die Annahme der Erbschaft für den Erben lohnt oder ob er am Ende mit seinem eigenen Privatvermögen die Schulden des Erblassers begleichen kann.

Der Erbe muss schließlich immer die Möglichkeit im Auge behalten, dass Gläubiger des Erblassers, die beim Erblasser selber zu dessen Lebzeiten ihre Forderungen nicht realisieren konnten, nur darauf warten, dass sie mit dem Erben einen neuen und hoffentlich potenteren Schuldner erhalten.

Der Erbe muss stets damit rechnen, dass ehemals gegen den Erblasser gerichtete Vollstreckungstitel (z.B. Urteile oder Vollstreckungsbescheide) kurzfristig nach § 727 ZPO (Zivilprozessordnung) umgeschrieben und gegen ihn verwendet werden.

Um hier den zeitlichen Druck vom Erben zu nehmen und ihn nicht vorschnell zu einer Ausschlagung der Erbschaft zu verleiten, sieht das Gesetz zwei Wege vor, wie der Erbe seine Haftung vorläufig beschränken kann.

Dreimonatseinrede nach § 2014 BGB

Die erste Möglichkeit, sich vor vollstreckungswilligen Gläubigern Luft zu verschaffen, eröffnet die so genannte Dreimonatseinrede in § 2014 BGB.

Nach § 2014 BGB ist der Erbe berechtigt, die Regulierung von Schulden des Erblassers bis zum Ablauf der ersten drei Monate nach der Annahme der Erbschaft zu verweigern. Die Dreimonatsfrist des § 2014 BGB beginnt mit der Annahme der Erbschaft und damit spätestens nach Ablauf der sechswöchigen Ausschlagungsfrist des § 1944 BGB zu laufen.

Erhebt der Erbe die Einrede nach § 2014 BGB in Zusammenhang mit einer gegen ihn gerichteten Klage, so wird diese Klage zwar nicht abgewiesen, aber es wird nach § 780 ZPO in den Urteilstenor der stattgebenden Klage die Formulierung „Dem Beklagten bleibt die beschränkte Erbenhaftung vorbehalten“ aufgenommen.

Mit Hilfe dieses Vorbehalts im Urteil kann es der Erbe bewirken, dass der Gläubiger für eine dreimonatige Schonfrist lediglich seinen Anspruch sichern, nicht jedoch Vermögen des Erben verwerten kann.

Die Erhebung der Einrede nach § 2014 BGB ist nicht mehr möglich, wenn er ein nach § 1993 BGB ein Inventar errichtet hat oder wenn er als Erbe bereits unbegrenzt haftet, etwa weil er ein fehlerhaftes Inventar errichtet hat, § 2005 BGB, weil er eine ihm gesetzte Frist zur Errichtung eines Inventars versäumt hat, § 1994 Abs. 1 S. 2 BGB oder weil sich der Erbe geweigert hat, die Richtigkeit des von ihm erstellten Inventars an Eides statt zu versichern, § 2006 Abs. 3 BGB.

Ist der Erbe im Laufe der dreimonatigen Schonfrist zu der Überzeugung gekommen, dass die Schulden des Erblassers das positive Vermögen des Erblassers übersteigen, kann er – auch nach Annahme der Erbschaft – eine endgültige Haftungsbeschränkung durch die Beantragung eines Nachlassinsolvenzverfahrens herbeiführen.

Aufgebotseinrede nach § 2015 BGB

Neben der Dreimonatseinrede nach § 2014 BGB kann der Erbe im Zweifel auch die so genannte Aufgebotseinrede nach § 2015 BGB für sich nutzbar machen.

In einem Aufgebotsverfahren nach §§ 1970 ff. BGB werden Gläubiger des Erblassers über das Amtsgericht aufgefordert, ihre gegen den Nachlass gerichteten Forderungen anzumelden.

Hat der Erbe einen solchen Antrag auf Einleitung des Aufgebotsverfahrens innerhalb einer Frist von einem Jahr nach Annahme der Erbschaft gestellt und wurde der Antrag zugelassen, so kann er, ebenso wie bei der Dreimonatseinrede nach § 2014 BGB, verwertende Vollstreckungsmaßnahmen in den Nachlass und in sein Privatvermögen verhindern, § 305 ZPO.

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