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Erbengemeinschaft muss nach erfolgter Abschichtung nicht im Grundbuch voreingetragen sein

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG München – Beschluss vom 09.04.2018 – 34 Wx 13/18

  • Miterben scheiden durch Abschichtung aus Erbengemeinschaft aus
  • Verbleibender Miterbe beantragt Grundbuchberichtigung
  • Grundbuchamt verlangt Erbschein und Voreintragung aller Erben

Das Oberlandesgericht München hatte darüber zu befinden, unter welchen Voraussetzungen ein Mitglied einer Erbengemeinschaft als neuer Eigentümer einer Nachlassimmobilie im Grundbuch eingetragen werden kann.

In der Angelegenheit hatte eine Mutter am 01.11.2005 ein handschriftliches Testament verfasst. Nach dem Willen der Mutter sollte sie von Kind A zu 40%, von Kind B, Kind C und einer Enkelin zu je 20% beerbt werden.

Im Nachlass befand sich auch ein Grundstück.

Zugunsten des Kindes A hatte die Erblasserin weiter ein Vorausvermächtnis ausgesetzt, wonach das Kind A einen Anspruch auf das Nachlassgrundstück haben sollte.

Kind A beantragt Grundbuchkorrektur

Das Kind A beantragte in der Folge beim zuständigen Grundbuchamt die Umschreibung des Grundstücks auf sich selber. Dieser Antrag wurde vom Grundbuchamt abgelehnt.

Daraufhin suchten alle beteiligten Erben einen Notar auf und ließen dort ihre Unterschriften unter eine so genannte Abschichtungsvereinbarung beglaubigen.

Diese Abschichtungsvereinbarung sah vor, dass Kind B, C und die Enkelin gegen Zahlung eines Betrages in Höhe von 40.640 Euro aus der Erbengemeinschaft ausscheiden.

Weiter beantragten alle Beteiligten, dass nunmehr Kind A als alleiniger Eigentümer der Nachlassimmobilie in das Grundbuch aufgenommen werden möge.

Grundbuchamt fordert Erbschein

Das Grundbuchamt wollte die so beantragte Grundbuchänderung aber wiederum nicht vollziehen und wies darauf hin, dass zum Nachweis der Erbfolge ein Erbschein vorgelegt werden müsse. Weiter vertrat das Grundbuchamt die Auffassung, dass trotz erfolgter Abschichtung eine Voreintragung der Erbengemeinschaft erfolgen müsse.

Gegen diese Entscheidung des Grundbuchamtes legte das Kind A Beschwerde zum Oberlandesgericht ein.

Das Oberlandesgericht gab der Beschwerde nur zum Teil statt.

Das OLG wies darauf hin, dass vom Antragsteller dem Grundbuchamt zum Nachweis seines Erbrechts jedenfalls ein Erbschein vorgelegt werden müsse.

OLG hält Nachweis durch Erbschein für erforderlich

Selbst wenn die Abschichtungsvereinbarung der Erben nämlich wirksam zustande gekommen sei, müsse es gegenüber dem Grundbuchamt in grundbuchmäßiger Form nachgewiesen werden, dass die Abschichtungsvereinbarung von allen Erben abgeschlossen worden sei. Dieser Nachweis könne nur durch einen Erbschein oder ein notarielles Testament geführt werden.

Das OLG korrigierte hingegen die Entscheidung des Grundbuchamtes insoweit, als das Grundbuchamt von der Notwendigkeit einer Voreintragung der Erbengemeinschaft ausging.

Grundsätzlich müsse zwar diejenige Person, deren Recht von der Eintragung betroffen ist, im Grundbuch eingetragen sein, § 39 GBO. Von diesem Grundsatz gelte aber nach § 40 GBO dann eine Ausnahme, wenn die Person, deren Recht durch eine Eintragung betroffen wird, Erbe des eingetragenen Berechtigten ist und die Übertragung oder Aufhebung eines Rechts eingetragen werden soll. 

Voreintragung der Miterben ist nicht erforderlich

Diese in § 40 GBO niedergelegte Regelung wandte das OLG auf den entscheidenden Fall analog an.

Dann, wenn ein Erbe ein Nachlassgrundstück weiter übertrage, bedürfe es seiner Voreintragung nicht. Nichts anderes müsse gelten, wenn eine Erbengemeinschaft ein Grundstück an einen Dritten oder eben an einen einzelnen Miterben übertragen würde.

Zwar würde in diesem Fall die Grundbuchkontinuität durch eine unmittelbare Eintragung des Letzterwerbers nicht gewahrt. Der Gesetzgeber hielt dies in den Fällen des § 40 GBO jedoch, so das OLG, ohnehin für ausnahmsweise entbehrlich. Auch hätten die übrigen Erben kein schützenswertes Interesse an einer Voreintragung.

Im Ergebnis musste sich der Antragsteller mithin einen Erbschein besorgen. Eine Voreintragung der anderen Erben im Grundbuch war aber nicht erforderlich.

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