Mehrere Erben – Welcher Erbschein kann beantragt werden?
- Der gemeinschaftliche Erbschein als Normalfall
- Ein Miterbe kann auch einen Teilerbschein beantragen
- In jedem Fall müssen Erben bei der Nachlassteilung gemeinsam handeln
Ist ein Erbfall eingetreten, dann müssen sich die Erben häufig um einen Erbschein kümmern, damit sie ihr Erbrecht auch Dritten gegenüber nachweisen können.
Ohne einen Erbschein geht für einen Erben im Verhältnis zu der Bank, bei der der Erblasser seine Konten geführt hat, oder auch im Verhältnis zum Grundbuchamt oftmals nichts. Ohne den Erbnachweis in einem Erbschein wird eine Bank in aller Regel keine Weisungen des Erben in Bezug auf Nachlasskonten entgegennehmen und auch das Grundbuchamt wird eine Umschreibung von Immobilien auf die Erben ohne Vorlage eines Erbscheins nicht vornehmen.
Hat der Erblasser mehr als nur einen Erben hinterlassen, dann stellt sich für die Erben zuweilen die Frage, ob jeder Erbe für sich einen Erbschein beantragen muss oder ob es noch andere Möglichkeiten gibt.
Nachdem die Erteilung eines Erbscheins mit nicht unerheblichen Kosten verbunden ist, tun die Erben gut daran, eine Antragstellung beim Nachlassgericht sorgfältig vorzubereiten.
Gemeinschaftlicher Erbschein als Normalfall
Zunächst kann jeder Erbe die Erteilung eines so genannten gemeinschaftlichen Erbscheins nach § 352 a FamFG (Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit) an sich selbst beantragen. Ein solcher Antrag kann grundsätzlich formfrei von jedem Miterben beim zuständigen Nachlassgericht gestellt werden.
Ein Miterbe muss insbesondere nicht die Erlaubnis bei anderen Mitgliedern der Erbengemeinschaft einholen, um einen Antrag auf einen gemeinschaftlichen Erbschein stellen zu können.
Ein gemeinschaftlicher Erbschein enthält Angaben zu dem Erbrecht sämtlicher Erben.
In dem gemeinschaftlichen Erbschein sind die Erben und grundsätzlich auch die jeweiligen Erbquoten anzugeben.
Seit dem 17.08.2015 ist aber die Angabe der Erbquoten in einem gemeinschaftlichen Erbschein nicht mehr notwendig, wenn alle Antragsteller in ihrem Antrag auf die Aufnahme der Erbquoten in dem Erbschein verzichtet haben, § 352a Abs. 2 FamFG.
Gerade bei komplexeren Nachlässen, bei denen die Ermittlung der einzelnen Erbquoten nur schwer oder unter Zuhilfenahme von Bewertungsgutachten möglich ist, vereinfacht diese gesetzliche Neuerung das Erbscheinverfahren deutlich.
Ein gemeinschaftlicher Erbschein formuliert also beispielsweise wie folgt:
Es wird bezeugt, dass der Erblasser X aufgrund gesetzlicher Erbfolge von seiner Ehefrau Z und seinem Kind Y zu je ½ beerbt worden ist.
Der Antrag auf Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins kann selbstverständlich auch von allen Erben gemeinsam gestellt werden. Tritt aber nur ein Miterbe als Antragsteller auf, dann muss der Antragsteller in seinem Antrag auch angeben, dass die übrigen Erben die Erbschaft angenommen haben.
Die im Rahmen des Erbscheinsantrages abzugebende eidesstattliche Versicherung ist bei einem gemeinschaftlichen Erbschein jedenfalls von antragstellenden Miterben, gegebenenfalls aber auch von den weiteren Miterben, abzugeben, § 352 a Abs. 4 FamFG (Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit) .
Für die Kosten des Erbscheins wird vom Nachlassgericht nur derjenige Erbe herangezogen, der auch den Antrag gestellt hat.
Teilerbschein für nur einen Erben
Ein Miterbe kann sich aber auch darauf beschränken, anstatt eines gemeinschaftlichen Erbscheins nur einen so genannten Teilerbschein zu beantragen, § 2353 Hs. 2 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch). Ein solcher Teilerbschein beschränkt sich in seiner Aussage auf den Erbteil des Antragstellers.
Besondere Handlungsfähigkeit verschafft ein solcher Teilerbschein dem Miterben nicht, da er für Verfügungen über einzelne Nachlasswerte in jedem Fall auf die Zustimmung der weiteren Mitglieder der Erbengemeinschaft angewiesen ist.
Die Beantragung eines Teilerbscheins bietet sich aber dann an, wenn zwar weitere Miterben vorhanden sind, diese aber unbekannt oder nicht erreichbar sind. Auch wenn die Frage, ob die Erbschaft von den Miterben angenommen wurde oder wird, nicht klar ist, kann ein Miterbe alleine sinnvollerweise einen Teilerbschein beantragen.
Eine Motivation für die Beantragung eines Teilerbscheins kann auch die Absicht des Miterben sein, seinen Erbteil veräußern zu wollen.
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